Einen Tag, nachdem ein Autofahrer aus Berlin bei einem Unfall einen Radfahrer in Brandenburg totgefahren hat, will die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den Mann einen Haftantrag unter anderem wegen vollendeten Totschlags beantragen, teilt eine Behördensprecherin dem Tagesspiegel mit.
Auch wolle die Staatsanwaltschaft den 27-Jährigen wegen zweifachen versuchten Totschlags in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr anklagen.
Der Verdächtige sei bei der Staatsanwaltschaft Potsdam bislang unbekannt. Ob er in Berlin lebt, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen, heißt es von der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage.
Er biss seinem Beifahrer die Fingerkuppe ab
Polizeiangaben zufolge handelte es sich um zwei Unfälle, die sich kurz nacheinander gegen 11 Uhr am Sonntag ereigneten – zuerst in Lichterfelde, dann in Teltow im Landkreis Potsdam-Mittelmark, nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, soll der 27-Jährige am Steuer des Wagens mit einem 43-jährigen Beifahrer in Streit geraten sein. Die Polizei geht von einem Unfallgeschehen aus, nicht von einer Amokfahrt.
Im Streit soll der 27-Jährige dem 43-Jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihn dann gewürgt haben. Als der Ältere versuchte, sich aus dem Würgegriff zu befreien, „gelangte ein Finger einer seiner Hände in den Mund des Jüngeren“, so die Polizei. Im Gemenge soll der Jüngere dem 43-Jährigen eine Fingerkuppe abgebissen haben.
Bei der Aktion kam der Wagen von der Fahrbahn ab und prallte an einer Einmündung auf der Lichterfelder Allee, Ecke Holtheimer Weg gegen ein Fußgängerschutzgitter, an dem sich ein Mann und eine Frau befanden.
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Beide Opfer kamen nach Polizeiangaben mit schweren Verletzungen in Krankenhäuser und mussten operiert werden. Auch der Beifahrer, der an der Unfallstelle ausgestiegen war, kam in ein Krankenhaus und wurde dort operiert.
Der Autofahrer flüchtete dann in Richtung Berliner Stadtgrenze, wo er an der Lichterfelder Allee, Ecke Paul-Gerhardt-Straße erneut von der Fahrbahn abkam und auf dem bei Ausflüglern beliebten Mauerweg einen Radfahrer umfuhr. Rettungskräfte leiteten vor Ort Reanimationsmaßnahmen ein, der Radfahrer verstarb jedoch noch an der Unfallstelle.
Ebenfalls von dem Unfall auf Brandenburger Seite betroffen war ein 54-jähriger Mann. Dieser wich dem auf ihn zufahrenden Auto in letzter Sekunde aus und zog sich dabei oberflächliche Verletzungen zu.
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Nach dem Unfall kam der Pkw in einer Baustelle zum Stehen. Der Fahrer flüchtete zu Fuß, konnte jedoch nach Zeugenhinweisen in der Nähe festgenommen werden. Er befindet sich in einem Polizeigewahrsam in Brandenburg und hat sich nach aktuellem Stand noch nicht zu den Unfällen geäußert.
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Am Nachmittag inspizierte ein Gutachter den Unfallort. Nun werde untersucht, ob der Fahrer Alkohol oder Drogen zu sich genommen hatte. Außerdem wird das Unfallauto von einem Gutachter unter die Lupe genommen. Dabei werden auch elektronische Daten wie Geschwindigkeit, Beschleunigungs- und Bremsvorgänge durch den Fahrer, die bei modernen Autos kontinuierlich gespeichert werden, ausgelesen und analysiert. (mit dpa)