Der Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen (WBL) hat am Samstag zahlreichen Umweltpaten gedankt, die ehrenamtlich öffentliche Straßen und Plätze in Ludwigshafen sauber halten. Sie kamen aus allen Stadtteilen zu einem Frühstück im Turmrestaurant im Ebertpark, um ihren Zusammenhalt durch gemeinsames Verantwortungsbewusstsein zu feiern.
„Also, zufrieden bin ich, wenn ich Säcke voll hab“, sagt Jürgen Gertz, der von Beginn an Umweltpate ist. Mit seinem Fahrrad fährt der Rentner aus Oggersheim quer durch die Stadt – mit einem Blick für achtlos weggeworfenen Müll. Erst kürzlich habe er wieder neun Säcke davon gesammelt, berichtet er und schüttelt den Kopf. Er zeigt sich verständnislos über das Verhalten mancher Mitmenschen: „Keine Ahnung, was die Leute denken.“
Mehr als 300 Initiativen beteiligt
Umso entscheidender, dass sich seit 2022 nun mehr als 1900 Ludwigshafener für die Sauberkeit in ihrer Stadt engagieren. WBL-Werkleiter Peter Nebel ist davon „schlicht begeistert“. Andere Kommunen fragten bereits, wie Ludwigshafen das hingekriegt habe, beichtet er. Darauf antwortet Nebel: „Die Menschen haben das hingekriegt. Dieses Wir ist einfach klasse.“ Mit kostenlosen Greifzangen und lila Sammeltüten sowie der Entsorgung des gesammelten Abfalls unterstützt der Wirtschaftsbetrieb die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit.
Gabriela Pechstein von der Abfallberatung ist ein Bindeglied zwischen der städtischen Verwaltung und den Bürgern. Regelmäßig ist sie mit den Umweltpaten in Kontakt. Je nach eigenen Möglichkeiten können Paten einmal in der Woche, einmal im Monat oder auch nur wenige Male im Jahr eine selbstgewählte Fläche von Abfällen säubern. Das trägt Früchte. So beteiligen sich schon mehr als 300 Initiativen an der Sauberkeitsaktion. Von Kindertagesstätten und Schulklassen, über Familien und alleinstehende Rentner: Die Umweltpatenschaft kenne keine Altersgrenze oder kulturelle Unterschiede, freut sich Pechstein. Denn: „Müll ist ein gesellschaftliches Problem“, sagt sie und rät den Umweltpaten, sich dabei zurückzuhalten, Menschen zu ermahnen, die Müll verbreiten. Achtlos auf der Straße entsorgter Abfall kann aus Bequemlichkeit, Unwissenheit oder kulturellen Mentalitätsunterschieden dort landen, wo Umweltpaten ihn später aufheben. Pechstein ist dennoch zuversichtlich. „Es tut sich wirklich sehr viel in Ludwigshafen.“
Unterwegs mit Kinderwagen und lila Müllsack
„Ich finde nicht, es würde sich was tun“, sagt Jürgen Gertz. In der Bayreuther und der Mannheimer Straße türme sich Müll. Auf seinem Handy zeigt er Fotos von einer Tischtennisplatte, die von leeren Plastikverpackungen, Dosen und Pfandflaschen übersät ist – dabei steht ein Mülleimer direkt daneben. Egal, wohin man geht, einen Müllsack kann man immer füllen, lautet das Credo des 70-Jährigen. Diesen Ansatz hat auch Henrike Block in ihrer jungen Familie integriert. Mit ihren zwei Töchtern – drei und fünf Jahre alt – zieht sie zum Spielplatz – nie ohne Kinderwagen und lila Müllsack. Die Müllsuche entpuppt sich dabei oft als Schatzsuche, wenn Lotta und Leonie unter den weggeworfenen Gegenständen Münzen und Spangen finden, beichtet Block und lächelt. Ihre Töchter seien zu einer „Müllpolizei“ geworden und ermutigten auch ihre Freunde im Kindergarten, Müll aufzuheben.
Bei der Dankfeier saß Block mit ihren Töchtern vor der Konzertmuschel, die von der Band „Finest Blend“ mit Jazz-, Soul- und Blues-Musik unter freiem Himmel und umgeben vom Grün des Ebertparks bespielt wurde. In Gesprächen, in denen sich die Umweltpaten über ihre Routinen und Erfahrungen austauschen, sind Sätze wie „Wo sammelt ihr denn?“ und „Wir haben immer einen Sack dabei“ zu hören. Es wird deutlich: Umweltpatenschaft ist nicht nur ein Hobby, es ist eine Mentalität.