Paris/Berlin/Brüssel – Frankreichs Premier François Bayrou ist über die Vertrauensfrage gestürzt. Die Regierung in Paris: kaputt. Wieder einmal. „Ein Land, das nicht in der Lage ist, seine öffentlichen Finanzen auszugleichen, ist ein Land, das sich selbst aufgibt“, sagte Bayrou. Womöglich mit dramatischen Folgen für die ganze Euro-Zone!
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Bayrou hatte die Vertrauensfrage selbst auf den Weg gebracht, um sich Rückhalt für seine Sparpläne in Höhe von 44 Milliarden Euro zu sichern. Die Opposition kündigte jedoch umgehend Widerstand an. Und machte ihre Drohung wahr: Bei der Vertrauensabstimmung am Montagabend in der Nationalversammlung erhielt Bayrou nur 194 Stimmen. 364 Abgeordnete folgten ihm nicht. Eine herbe Niederlage auch für Präsident Emmanuel Macron.
▶︎ Was bedeutet das für Frankreich und Europa? Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest (57) warnt in BILD vor „weiter steigenden Zinsen auf französische Staatsanleihen und Belastungen für den Haushalt in Frankreich“. Dahinter steckt die Furcht von Anlegern, dass es zum Zahlungsausfall auf französische Anleihen kommen könnte. Schon jetzt ist das französische Staatsdefizit enorm: Die Schulden des Landes liegen bei 116 Prozent der Wirtschaftsleistung!
Der Ökonom Prof. Friedrich Heinemann vom ZEW Mannheim stellt klar: „Die Lage in Frankreich schadet dem Ansehen des Euro und könnte auch die Europäische Zentralbank unter Druck bringen. Frankreichs Schulden droht jetzt der Kontrollverlust.“
Kommt der Teuer-Schock zurück?
Die Sorge der Experten: Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte „die Kastanien aus dem Feuer holen“ und Frankreichs Anleihen kaufen. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer (59) zu BILD: „Fände ein Mitgliedsstaat nicht mehr genügend Käufer für seine Anleihen, würde die EZB wieder einspringen, im großen Stil Anleihen kaufen und die Zinsen senken. Aber das führt langfristig zu Inflation.“ Heißt: Die Preise könnten wieder steigen!
Frankreichs Premier François Bayrou (74) und Präsident Emmanuel Macron (47)
Foto: Ludovic Marin/AFP POOL/AP/dpa
Auch das Signal an die EU-Finanzminister wäre fatal, warnen die Experten. DENN: Statt zu sparen, würde das Schuldenmachen am Ende noch belohnt – und das, obwohl es eine klare Defizitgrenze für Mitgliedsstaaten gibt (drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts).
Krämer zu BILD: „Wenn aber Frankreich auf Dauer weiter so hohe Haushaltsdefizite fährt, steigen die Staatsschulden ungebremst weiter und könnten in zehn Jahren verglichen mit der Wirtschaftsleistung fast so hoch sein wie in Italien. Damit steigt das Risiko, dass irgendwann die Staatsschuldenkrise zurückkehrt.“
Heißt: Frankreich könnte zum nächsten Griechenland werden – nur viel schlimmer! Denn es hat mehr Einwohner (68 zu 11 Millionen), mehr Wirtschaftskraft (2,9 Billionen Euro zu 238 Milliarden) und wesentlich mehr Schulden (3,3 Billionen Euro zu 300 Milliarden Euro).
Neue Belastung für deutsche Wirtschaft
▶︎ Fest steht: Auch Frankreichs Probleme sind hausgemacht: durch eine jahrelange, zu laxe Finanzpolitik und die Unfähigkeit, Reformen durchzusetzen. Experte Heinemann appelliert daher an Brüssel: „Die EU-Kommission muss jetzt mehr Strenge an den Tag legen, sonst glaubt niemand mehr an die Durchsetzung des europäischen Schuldenrahmens.“
Für die großen gemeinsamen Herausforderungen der EU sei es schlecht, wenn das zweitgrößte Land politisch in eine Lähmung gerät. DENN: Das könnte auch die Handlungsfähigkeit der EU – mit Folgen, die bis nach Deutschland zu spüren sein werden. Fuest zu BILD: „Die finanzielle Krise Frankreichs bedeutet eine zusätzliche Belastung der eigenen Wirtschaftsentwicklung.“ Der Zeitpunkt könnte kaum schlechter sein.