Stand: 09.09.2025 06:24 Uhr

Mit dem System „VeloFlow“ will Berlin den Radverkehr flüssiger gestalten. Ampeln sollen Radfahrenden zeigen, wie lange sie noch Zeit zum Überqueren der Fahrbahn haben. Radverbände in Berlin und Brandenburg sagen: Das reicht nicht. Von Yasser Speck

Ab dem Dienstagmorgen geht in Berlin das „VeloFlow“-System an den Start. Rund 200 Meter vor ausgewählten Ampeln findet sich nun ein Bildschirm, der anzeigt, ob Radfahrende es noch bei grün über die Straße schaffen oder nicht. Vorausgesetzt, sie fahren zwanzig Kilometer pro Stunde (km/h) schnell.
 
Der Senat hat große Hoffnungen in das Projekt. Radverbände kritisieren, dass das nicht ausreiche, um Fahrradfahren flüssiger und sicherer zu machen.

Initiative fordert permanente Radspur auf gesamter Kantstraße

mehr

Senat sieht Vorteile bei „VeloFlow“

Die Senatsverkehrsverwaltung erhofft sich von „VeloFlow“, „das Radfahren attraktiver zu gestalten und den Verkehrsfluss beim Radfahren zu optimieren“, teilte ein Sprecher auf Anfrage schriftlich mit. Eine „VeloFlow“-Anzeige kostet knapp 3.000 Euro, so die Senatsverkehrsverwaltung. Aufgestellt werden sollen zehn Anzeigen in der Invalidenstraße, neun auf der Stargarder Straße, Schönhauser – sowie Prenzlauer Allee. Weitere zwei kommen in die Hanjery- und Prinzregentenstraße sowie in die Langenscheidt- und Kreuzbergstraße.
 
Durch „VeloFlow“ könnten die Radfahrenden ihre Geschwindigkeit anpassen und müssten somit nicht mehr anhalten. Ihnen bliebe das „anstrengende Beschleunigen nach einem Stopp“ erspart, so der Sprecher weiter. Die Intention sei es, eine überhastete Überfahrt bei Rot zu vermeiden.
 
Auf Nachfrage, ob man durch „VeloFlow“ Radfahren in der Hauptstadt sicherer mache, heißt es: „Radfahren wird vor allem sicher durch sichere Radwege.“ Man wolle „VeloFlow“ allerdings evaluieren und schauen, „ob die Anzahl der Rotfahrten durch das frühzeitige Anzeigen der Ampelinformationen reduziert werden kann“, so ein Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung.

Fahrrad-Club befürwortet Digitalisierung – sieht aber auch Handlungsbedarf

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) blickt interessiert auf „VeloFlow“. Sie bezeichnen es als Pilotprojekt, das man beobachten werde. Marlene Alber ist politische Referentin beim ADFC und begrüßt die Digitalisierung des Verkehrs, die in „VeloFlow“ steckt. So könne der Verkehr flexibler gelenkt werden. „Das ist zeitgemäß und hat Potenzial für eine Stadt“, sagt sie.

Damit der Radverkehr beschleunigt wird, brauche es allerdings im Analogen noch weitere Schritte, so Alber vom ADFC. „Um den Radverkehr flüssiger zu machen, dafür brauchen wir viel mehr als ‚VeloFlow‘. Wir brauchen ans Rad angepasste Ampelschaltungen und breitere Radwege.“ Dann könne man als Fahrradfahrerin auch mal ein anderes Fahrrad überholen, sagt sie weiter. Das würde auch zur Sicherheit der Radfahrenden beitragen.
 
Außerdem fordert sie Tempo 30 in Städten. „Das verringert die Tempounterschiede zwischen Fahrrad und Auto und es gibt weniger Konflikte“, so Alber. Dann würden die Ampelschaltungen für Rad und Auto gleichermaßen passen und der Verkehr würde flüssiger rollen, erläutert sie weiter. Aber nicht nur in Berlin macht man sich Gedanken um den Radverkehr.

E-Lastenfahrrad aus Teltow vor dem Rathaus (Stadt Teltow)

Teltower können kostenlos mit E-Lastenrad fahren

mehr

„VeloFlow“ auch in Brandenburg?

In Brandenburg gibt es keine „VeloFlow“-Systeme. Torsten Wolter leitet die Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen des Landes Brandenburg (AGFK BB) und könnte sich „VeloFlow“ in manchen Orten Brandenburgs vorstellen. „In Frage kämen die Landeshauptstadt Potsdam und Cottbus“, so Wolter.
 
Doch um den Radverkehr in Brandenburg sicherer und attraktiver zu machen, brauche es noch weitere Ansätze. So fordert Torsten Wolter beispielsweise mehr Fahrradstraßen und rot markierte Konfliktbereiche in Kommunen, die Autofahrer in Kreuzungsbereichen optisch auf Radstreifen hinweisen. Außerdem wolle man das sogenannte modulare Fahrradparken – etwa an Bahnhöfen – an vierzehn Standorten in Brandenburg realisieren. Oranienburg, Eberswalde, Bernau und Potsdam verfügen bereits über großformatige Fahrradparkhäuser und Radstationen an Bahnstationen.
 
In der Bernauer Straße in Oranienburg gibt es zudem eine Hilfe für Radfahrende, die ganz ohne Technik funktioniert. Steht dort die Ampel auf Rot, müssen Radfahrende den Fuß nicht mehr auf den Boden stellen. Denn: Neben der Ampel sind Haltebügel mit einer Fußstütze aufgebaut. Radfahrende können also auf dem Sattel sitzen bleiben und sich mit dem Fuß abstützen. Solche Haltebügel sind bereits an mehreren Kreuzungen in Berlin installiert.
 
Ob auch „VeloFlow“ irgendwann in Brandenburg zum Einsatz kommt, hängt sicherlich mit davon ab, wie das Projekt in Berlin bewertet wird.

Sendung: rbb24 Abendschau, 09.09.2025, 19:30 Uhr

Rundfunk Berlin-Brandenburg