Markus Söder nutzt gerne starke Bilder in seiner Sprache – offenbar vor allem, wenn ihm eine Sache wichtig ist. Wie etwa Autos mit Verbrennerantrieb. Auf eine Frage im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), ob Deutschland wieder mehr industrielle Basis brauche, antwortete Söder: „Selbstverständlich. Ohne Auto, Maschinenbau und Chemie ist Deutschland eine Dame ohne Unterleib.“
Die Formulierung ist bekannt durch eine alte Jahrmarkt-Attraktion, bei der der Unterkörper einer Frau durch Spiegeltricks verschwand. Söder will mit seiner Metapher wohl deutlich machen, dass er die klassische Industrie als Basis der deutschen Wirtschaft sieht – ohne sie fehle dem Land die Grundlage für Wohlstand und Exportstärke.
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Im Gespräch mit der „FAZ“ nennt der bayerische Ministerpräsident außerdem konkrete industriepolitische Forderungen. Er spricht sich für die Rücknahme des EU-Verbrennerverbots, die Abschaffung von CO₂-Strafzahlungen für Flotten und die Einführung eines Industriestrompreises aus, um die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA zu sichern. Deutschland brauche eine „nationale Autostrategie“, die Elektromobilität, autonomes Fahren und die Zuliefererindustrie gleichermaßen in den Mittelpunkt stelle.
Söder verweist auf Bayerns Investitionen
Die Verantwortung für die aktuelle Lage sieht Söder vor allem bei den Grünen, die durch die Streichung der Kaufprämie für Elektroautos den Markt geschwächt hätten. Brüssel schade durch übermäßige Regulierung, und auch die Gesellschaft sei gefragt: Teilzeit und Homeoffice seien zu verbreitet. „Eine Fußballmannschaft, die nach 70 Minuten aufhört zu spielen, wird selten in der Verlängerung erfolgreich sein“, so Söder.
Gleichzeitig verweist der CSU-Chef auf Bayerns Investitionen in Zukunftstechnologien wie künstliche Intelligenz, Raumfahrt und Life Sciences, also die Wissenschaftszweige, die sich mit der Untersuchung des Lebens befassen. Allein 2025 sollen dafür neun Milliarden Euro bereitgestellt werden. Damit verbindet er die Forderung nach einer starken industriellen Basis mit dem Hinweis auf neue Felder, in denen Bayern nach seinen Worten bereits eine Vorreiterrolle einnimmt.
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Söders Kritik am Verbrenner-Aus stößt zudem innerhalb der Union auf Zustimmung. Mehrere CDU-Politiker stellen das EU-Verbrennerverbot zunehmend infrage. Baden-Württembergs CDU-Vorsitzender Manuel Hagel bezeichnet gegenüber dem Tagesspiegel das Verbot als „faktisches Forschungs- und Entwicklungsverbot für unsere Industrie.“
Sachsen-Anhalts CDU-Chef Sven Schulze spricht im Tagesspiegel von „völlig unrealistischen“ EU-Zeitvorstellungen, da der Verbrenner noch Jahrzehnte lang der wichtigste Antrieb in weiten Teilen der Welt bleiben werde. Auch Niedersachsens CDU-Chef Sebastian Lechner fordert ein Umdenken. (bef)