Neues Frühmerkmal für Demenz

Viele erkennen die Emotion im Gesicht nicht mehr

09.09.2025 – 11:21 UhrLesedauer: 2 Min.

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Anzeichen für Demenz: Betroffene können oft nicht interpretieren, welche Emotionen ein Gesichtsausdruck widerspiegelt. (Quelle: Gabrijelagal/getty-images-bilder)

Wie gut erkennt jemand eine Emotion im Gesicht? Forscher legen nahe: Je schlechter, desto häufiger ist das ein Zeichen für Demenz.

Ältere Erwachsene erkennen negative Gesichtsausdrücke häufig schlechter. Sie deuten neutrale oder gemischte Emotionen oft als positiv. Das wurde lange mit einem schlechteren Sehen verbunden oder mit einer Grundstimmung, die älteren Menschen gern zugeschrieben wird: Altersmilde. Eine neue Studie zeigt: Dahinter könnte etwas ganz anderes stecken: nachlassende geistige Leistungsfähigkeit.

Ein internationales Forschungsteam untersuchte das Verhalten von 665 Erwachsenen unterschiedlichen Alters. Alle Teilnehmer nahmen an einem Test zur Emotionserkennung teil. Dabei sollten sie beurteilen, welche Gefühle Menschen auf Fotos durch ihren Gesichtsausdruck zeigen. Zusätzlich machten die Forschenden Gehirnscans und testeten das Gedächtnis und Denkvermögen der Teilnehmenden.

Ältere Erwachsene hatten Schwierigkeiten, negative Emotionen wie Wut oder Traurigkeit zu erkennen. Gleichzeitig erkannten sie positive Emotionen schneller, auch wenn die Gesichtsausdrücke eigentlich neutral oder nur leicht verändert waren.

Die Wissenschaftler nennen das einen Positivitäts-Bias, also eine Tendenz, Emotionen positiver zu bewerten, als sie tatsächlich sind.

Früher gingen viele Forscher davon aus, dass dieser Effekt eine positive Anpassung im Alter sei, also eine bewusste oder unbewusste Strategie, sich vor negativen Gefühlen zu schützen. Doch die aktuelle Studie zeigt etwas anderes: Je stärker dieser Positivitäts-Bias ausgeprägt war, desto schlechter war die geistige Leistung der Teilnehmenden. Depressive Verstimmungen hatten dagegen keinen Einfluss auf das Ergebnis.

Personen mit starkem Positivitäts-Bias hatten weniger graue Substanz in bestimmten Hirnregionen, vor allem in der Amygdala und im Hippocampus. Diese Bereiche sind wichtig für das Gedächtnis und die Verarbeitung von Gefühlen.

Gleichzeitig war die Verbindung zum Stirnhirn (genauer: zum orbitofrontalen Kortex) bei ihnen stärker aktiv. Dieser Bereich hilft dem Gehirn dabei, Emotionen zu bewerten. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Gehirn versucht, Defizite auszugleichen.

Die Forscher vermuten: Dieser veränderte Umgang mit Emotionen im Alter ist kein Zeichen emotionaler Stärke, sondern könnte ein frühes Warnsignal für beginnende geistige Einschränkungen sein, möglicherweise sogar ein Hinweis auf eine neurodegenerative Erkrankung wie Alzheimer.

In Zukunft sollen weitere Studien klären, ob sich dieser Positivitäts-Bias als Frühmarker für Demenz nutzen lässt, etwa zur besseren Früherkennung oder für gezielte Therapien.