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Russlands Wirtschaft ist abhängig von Öl- und Gasexporten. Diese Handelsströme wollen die USA jetzt unterbrechen. Und erwarten Europas Beistand.
Washington, D.C. – Für den Kreml könnte es eng werden: Die USA sind offenbar dabei, ihre Haltung im Ukraine-Krieg zu ändern. Viele Wochen hatte sich US-Präsident Donald Trump auf eine diplomatische Lösung gedrängt, sich neuen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen und die Ukraine zu Konzessionen gedrängt. Jetzt scheinen die USA bereit für einen neuen Schulterschluss mit der Europäischen Union zu sein.
„Kollaps“ in Russlands Wirtschaft – USA wollen Schulterschluss mit der EU
Am Sonntag (7. September) gab US-Finanzminister Scott Bessent an, dass die USA sich mit Europa verbünden wollen, um neue Sanktionen gegen diejenigen Länder aufzusetzen, die noch russisches Öl kaufen. So wolle er versuchen, Russlands Wirtschaft zum „Kollaps“ zu bringen. „Wir sind bereit, den Druck auf Russland zu erhöhen, aber dafür müssen unsere europäischen Partner mitziehen“, sagte er gegenüber dem US-Nachrichtensender NBC News.
Bildmontage aus Donald Trump und Wladimir Putin (Symbolfoto). Russlands Wirtschaft ist auf Öl- und Gasverkäufe angewiesen. Diese Verkäufe wollen die USA jetzt angreifen. Und fordern dafür Europas Hilfe. © IMAGO / Xinhua & IMAGO / ZUMA Press
Der Westen befinde sich in einem Rennen darum, ob das ukrainische Militär länger durchhält oder ob Russlands Wirtschaft den längeren Atem hat. „Wenn die USA und die EU hier einsteigen, mehr Sanktionen auflegen und Sekundärzölle auf Länder, die russisches Öl kaufen, wird die russische Wirtschaft den absoluten Kollaps erleben – und das wird Präsident Wladimir Putin (von Russland, Anm. d. Red.) an den Verhandlungstisch bringen.“
Erst vor einigen Wochen hat die Trump-Administration am Beispiel Indien gezeigt, wie das aussehen kann. Sie legte kurzerhand noch einmal 25 Prozent Zölle auf die angekündigten Strafzölle drauf, sodass Indien wegen seiner ständigen Öl- und Waffenkäufe aus Russland letztendlich 50-prozentige Zölle abbekam. Damit gehört Indien zu den am stärksten von den USA bezollten Ländern.
Russlands Wirtschaft braucht Öl- und Gasexporte – und setzt teils auf EU-Mitglieder
Was das Thema für die EU erschwert, ist, dass einige Länder aus dem Staatenbündnis selbst noch russische Energie kaufen. Beim Flüssigerdgas (LNG) zum Beispiel ist die EU vor China und Indien der größte Abnehmer. Laut dem Center for Research on Energy and Clean Air (CREA) haben die größten fünf EU-Importeure von russischem Treibstoff rund 1,1 Milliarden Euro in die Kriegskasse des Kremls gespült.
CREA nennt hier vor allem Ungarn, Belgien, Frankreich und die Slowakei. Ungarn ist dabei der größte Importeur von russischen Treibstoffen – im Juni soll das Land fossile Brennstoffe im Wert von 356 Millionen Euro gekauft haben. Danach folgt Belgien mit 300 Millionen Euro, Frankreich kaufte Treibstoffe für 232 Millionen Euro ein (fast nur LNG). Dabei gilt es zu beachten: Die Treibstoffe, die diese Länder einkaufen, sind nicht zwangsläufig für den heimischen Verbrauch gedacht. Frankreichs LNG-Terminal in Dünkirchen beispielsweise leitet einen Teil des LNG nach Deutschland durch.
Die Slowakei und Ungarn spielen dabei eine besondere Rolle. Sie sind noch immer in erheblichem Maße von russischen Importen abhängig. Wie weit das geht, zeigten neue ukrainische Angriffe auf eine Pumpstation in Russland, die die wichtige Druschba-Pipeline mit Öl versorgt. Dieser Ölfluss kam kurzzeitig zum Erliegen, was in Ungarn im August eine Protestreaktion auslöste. Das Land setzte den ukrainischen Offiziellen, der für den Angriff verantwortlich war, auf eine schwarze Liste. Ungarn und die Slowakei sind nach wie vor wichtig, um die Sanktionen der EU aufrechtzuerhalten.
Sanktionen gegen Putins Öl – Trump bei Diplomatie „pessimistisch“
Die Sanktionspolitik des Westens hatte sich von Anfang an auf den russischen Energiesektor gerichtet. Hier macht der Kreml die größten Gewinne: Öl- und Gasverkäufe machen einen derartigen Anteil des Haushalts aus, dass Investitionen und auch die Wachstumsprognosen mit den Gewinnen aus dem Energiesektor stehen oder fallen. Die Idee dahinter war früh klar: Sollte es gelingen, Russlands Einkünfte aus dem Verkauf von Öl und Gas zu beschneiden, fehlen enorme Summen, die der Kreml für die Weiterführung des Ukraine-Kriegs benötigt.
Nun ist fraglich, ob die neue Kehrtwende in Washington tatsächlich zu neuen Zöllen und Strafmaßnahmen führt. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump hat das Weiße Haus wiederholt die Meinung bezüglich Ukraine-Krieg geändert. Einige Nachrichten Trumps auf Social Media befanden sich an der Grenze zur Kreml-Meinung. Mal will Trump neue Sanktionen gegen Russland auflegen, dann wieder schlägt er andere Töne an und will die Ukraine zu Konzessionen zwingen, um zu jedem Preis einen Frieden zu erreichen.
NBC News zufolge ist Trump nun aber „pessimistisch“, was die aktuellen Bemühungen zur Beendigung des Kriegs angeht. Eines steht dabei fest: Sekundärsanktionen konnten schon Häfen und Banken in China und Indien dazu bringen, die Kooperation mit Russland einzustellen. Auch, wenn der Kreml direkte Sanktionen oft umgeht – seine Handelspartner stehen nur solange hinter ihm, wie ihr Handeln profitabel bleibt.