Ein Rennradfahrer stürzt auf der B10 bei Karlsruhe. Hat ein Wohnmobil ihn absichtlich bedrängt? Der Fahrer bestreitet das. Zeugen widersprechen deutlich.

Ein Auto überholt einen Rennradfahrer.

Beim Überholen eines Fahrradfahrers wie auf diesem Symbolbild ist für Autolenker Vorsicht geboten. Geringer seitlicher Abstand kann zu Unfällen führen. Das Karlsruher Schöffengericht befasst sich aktuell mit einem solchen Fall.

Foto: Felix Kästle /dpa

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Dass ein Radler zu Fall kam und blutige Blessuren erlitt – der 67 Jahre alte Autofahrer will es nicht mitbekommen haben. Das beteuert der Mann im Schöffengerichtssaal des Landgerichts Karlsruhe.

Der Sturz des 25 Jahre alten Rennradfahrers ereignet sich am Ostermontag dieses Jahres. Der angehende Lehrer ist an jenem 21. April zusammen mit seinem Vater – jeder mit Rennradklamotten, Helm und eigenem Bike – auf der B10 zwischen Pfinztal-Berghausen und Grötzingen in Westrichtung unterwegs. Gerade haben die Rennradfahrer die dortige Esso-Tankstelle passiert, Grötzingen vor Augen.

Wohnmobilist war auf dem Weg in den Urlaub

Zur selben Zeit fährt auch der 67-Jährige die Strecke. Er sitzt am Steuer seines drei Jahrzehnte alten und 3,5 Tonnen schweren Wohnmobils mit Alkoven und Fahrradträger am Heck. Gemeinsam mit seiner Frau soll es über die A5 in Urlaub gehen.

Was dann passiert ist, will das Schöffengericht erhellen. Fest steht: Der 25 Jahre alte Rennradfahrer stürzt und zieht sich erhebliche Schürfwunden und Prellungen zu. Zum Zeitpunkt des Sturzes befindet sich das Wohnmobil auf derselben Höhe in derselben Fahrtrichtung. Die Straßenverkehrsordnung schreibt seit einer Novelle vor fünf Jahren Auto- und Motorradfahrern beim Überholen von Radlern außerorts einen seitlichen Mindestabstand von zwei Metern vor.

Staatsanwältin sieht Vorsatz: Radler absichtlich abgedrängt?

Staatsanwältin Claudia Bergem geht in ihrer Anklage davon aus, dass der Wohnmobilfahrer den in gleicher Richtung fahrenden Radler absichtlich abgedrängt hat und der 25-Jährige so zu Fall kam. Die Anklage geht weiterhin davon aus, dass der Autofahrer den Unfall bemerkt hat. Ohne die Feststellung seiner Person zu ermöglichen, sei der 67-Jährige einfach weitergefahren.

Der sieht das anders. Es tue ihm „wahnsinnig leid, dass es zu einem Unfall gekommen ist“, sagt der Rentner. Absicht sei es auf jeden Fall nicht gewesen, behauptet er vor dem Schöffengericht.

Ein Autofahrer, der in Gegenrichtung unterwegs ist, hat einen anderen Eindruck. „Das Wohnmobil hat den Radler bedrängt“, fasst er ihn zusammen. Der Wohnwagen habe sich lediglich 20, maximal 30 Zentimeter neben dem Zweiradfahrer befunden, berichtet der Mann.

Zeuge berichtet von extrem geringem Seitenabstand

Obschon ein in der Mitte der Straße verlaufender und freier Abbiegestreifen mehr Seitenabstand beim Passieren des Fahrradfahrers ermöglicht hätte, sei das Wohnmobil extrem weit rechts gefahren. Beim anschließenden Blick in den Rückspiegel bemerkt der Zeuge, dass der Radler zwischenzeitlich gestürzt ist. Er wendet sein Auto und kümmert sich um den Verletzten.

Außenaufnahme des Amtsgerichts Karlsruhe.

Das Amtsgericht Karlsruhe arbeitet einen Unfall vom April dieses Jahres auf.

Foto: Uli Deck/dpa

Ein weiterer Autofahrer stoppt ebenfalls an der Unfallstelle. Dieser Zeuge, von Haus aus ist er Polizist, nimmt mit seinem Wagen die Verfolgung des davonfahrenden Wohnmobils auf. Per Telefon informiert er die Polizei über den Fahrweg des Flüchtigen. Bei Ettlingen, nahe dem Runden Plom, stoppt die Autobahnpolizei den Wohnmobilisten. Dieser sei nicht besonders überrascht gewesen, berichtet einer der eingesetzten Beamten dem Gericht.

Schon zuvor hat es offenbar ein Gerangel gegeben

Wenn es denn so war, wie es die Augenzeugen schildern: Warum nur ist der Rentner dem Radler zwischen Berghausen und Grötzingen so sehr auf die Pelle gerückt? Offenbar – auch das wird bei der Hauptverhandlung unter Vorsitz von Richter Constantin Hofmann deutlich – hat der Fall des Radlers eine Vorgeschichte.

Die hat sich nur Minuten zuvor zugetragen: Nahe der Kreuzung der B10 mit der L293 beim Gasthaus zum Laub soll der Wohnmobilfahrer die Radler angehupt haben. Als man auf derselben Höhe war, kam es offenbar zu einer Berührung zwischen einem der Radler und dem Wagen des Rentners.

Einer der Radler wurde bereits zuvor vom Autofahrer gestreift

Einer der zum Unfall gekommenen Polizeibeamten berichtet, was die beiden Radler an Ort und Stelle zu Protokoll gegeben haben. Demnach soll einer von ihnen auf das hupende Wohnmobil geklopft haben, als dieser nahe der Kreuzung bei erlaubtem Tempo 30 bereits eng an ihnen vorbeifuhr. Die Folge: Der rechte Außenspiegel des Mobils klappte dabei ein. Der Fahrer soll den Radler darauf mit einem üblen Schimpfwort bedacht haben.

„Es kann schon sein, dass ich aufgebracht war“, räumt der Senior ein. Er habe befürchtet, der Spiegel sei lädiert, und er müsse seinen Urlaub abbrechen, noch bevor dieser überhaupt begonnen habe. Dass es in der Folge aber die gefährliche Retourkutsche gegeben und der Fahrer die Radler vorsätzlich auf die Hörner genommen habe, stellt er wortreich in Abrede.

Staatsanwältin Bergem hingegen ist vom Vorsatz überzeugt. Der Rentner habe den Radler abgedrängt, „und er wollte, dass er stürzt“, sagt die Anklagevertreterin. Die Hauptverhandlung wird am Montag, 22. September, um 9.30 Uhr im Amtsgericht fortgesetzt.

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