Kiel – Im Spionage-Krimi um die „Scanlark“ gibt es immer mehr Hinweise, dass die wichtigste Aufgabe des 40 Jahre alten Kahns nicht der Transport von Stückgut, sondern die Ausspähung von kritischer Infrastruktur und Nato-Streitkräften war.
Am Sonntag stürmten Polizei-Spezialkräfte in der Kieler Kanalschleuse den 75-Meter-Frachter. Bewacht von Einsatz-Schlauchbooten musste er in der Förde wenden, im Nordhafen anlegen. Dort wurde die Besucherplattform gesperrt, die Webcam am Nord-Ostsee-Kanal mit Folie abgedeckt, damit rund 40 Ermittler unbeobachtet an die Arbeit gehen konnten. Großeinsatz gegen Putin-Spione?
Maskierte Beamte auf dem Deck der „Scanlark“
Foto: Daniel Friederichs
Alle Besatzungsmitglieder sind Russen
Die Einsatzkräfte durchsuchten jeden Winkel der „Scanlark“, Taucher überprüften den Rumpf auf verdächtige Objekte, die fünfköpfige Besatzung – alle Russen – wurde befragt.
Mit Einsatz-Schlauchbooten umkreiste die Polizei das mutmaßliche Spionage-Schiff
Foto: Daniel Friederichs
Treffer: Im Innern des Schiffs stießen die Ermittler zwar nur auf wenig Fracht, dafür aber auf Spionage-Ausrüstung. Nach BILD-Informationen handelt es sich um eine russische Drohne. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (57): „Das durchsuchte Schiff steht im Verdacht, als Basis für Drohnenflüge über kritische Infrastruktur in Norddeutschland fungiert zu haben.“ Offenbar im Auftrag von Wladimir Putins Nachrichtendiensten, die Deutschland seit Jahren intensiv mit Drohnen ausspähen.
Nachdem die Polizei an Bord gekommen war, wurde die „Scanlark“ von einem Schlepper in den Nordhafen gebracht
Foto: Daniel Friederichs
Spionage-Frachter machte Umweg zur russischen Küste
Auffällig an der „Scanlark“ – ein von einer Agentur im EU-Staat Estland gemanagtes Schiff – waren neben der russischen Besatzung auch ihre Fahrten: Anfang August legte sie im litauischen Klaipėda ab, steuerte Horten im Oslofjord (Norwegen) an. Von dort ging es zurück nach Klaipėda, dann nach Rendsburg. Laut Kieler Nachrichten fuhr sie dabei nah an der russischen Exklave Kaliningrad vorbei. Eine meilenweite Abweichung von der normalen Route über die Ostsee.
Bis tief in die Nacht durchsuchte die Polizei das Schiff. Der Kai war von starken Kräften abgeriegelt
Foto: Daniel Friederichs
Im Hafen Rendsburg machte das Schiff laut myshiptracking.com vom 18. bis 19. August fest, keine neun Kilometer vom Luftwaffen-Fliegerhorst Hohn entfernt – leicht für eine Drohne zu erreichen. Die Luftwaffe nutzt ihn zwar nur noch als Ausweichflugplatz, aber die Airbus-Tochter GFD schult dort Eurofighter-, Tornado- und A400M-Piloten.
Russen-Matrosen „frei, jederzeit zu gehen“
Danach fuhr die „Scanlark“ offenbar 14 Tage auf offener See herum, bevor sie in Rotterdam einlief und am 5. September Richtung Kiel aufbrach. Was in den 14 Tagen geschah, ist nicht bekannt.
Zwei Besatzungsmitglieder genießen am Dienstag auf dem Deck der „Scanlark“ die Sonne und plaudern
Foto: Marco Zitzow
Am Dienstag lag das Schiff immer noch in Kiel. Die Polizei hatte sich zurückgezogen. Beim Plausch auf dem sonnenbeschienenen Deck sahen die Besatzungsmitglieder nach freundlichen, ergrauten Seebären aus. Überraschend: Nach BILD-Informationen werden sie nicht festgesetzt.