Selbst zu unaufgeregten Zeiten gilt der Vorsitz des Innenministeriums als schwierigster Job in der britischen Politik – man nennt ihn einen „poisoned chalice“, einen Giftbecher. In diesen Zeiten, die alles andere als unaufgeregt sind, dürfte es für die neue Innenministerin Shabana Mahmood besonders knifflig werden: Das Thema Einwanderung hat die britische Politik den ganzen Sommer lang dominiert und der Rechtspartei Reform UK Auftrieb gegeben. Entsprechend groß ist der Druck auf Mahmood, die Sache in den Griff zu bekommen.
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Dass sie das Zeug dazu hat, davon sind viele Beobachter in Westminster überzeugt. Denn Mahmood gilt als eine der talentiertesten Politiker im Kabinett von Keir Starmer.
Sie wurde 1980 in Birmingham als Tochter pakistanischer Einwanderer geboren. Ihr Vater, der dem lokalen Labour-Verband vorstand, habe sie schon früh zu politischen Strategien konsultiert, sagt Mahmood. Aber bevor sie selbst politisch aktiv wurde, studierte sie Jura an der Universität Oxford, anschließend machte sie die Anwaltsprüfung.
Margaret Thatcher als Vorbild
2010 wurde Mahmood in ihrer Heimat Birmingham in einem sicheren Labour-Wahlkreis zur Parlamentsabgeordneten gewählt. Sie war eine der ersten weiblichen muslimischen MPs im Land. Ihr Glaube sei enorm wichtig für sie, sagte sie vor einigen Monaten in einem Interview: „Er ist das absolute Zentrum meines Lebens.“
Die Bootsüberfahrten sind völlig inakzeptabel, und die schändlichen Menschenschmuggler, die dahinterstehen, richten an unseren Küsten verheerenden Schaden an.
Shabana Mahmood
Innenministerin des Vereinigten Königreichs
Nach dem Wahlsieg vom Juli 2024 wurde sie von Keir Starmer zur Justizministerin berufen. Schnell stellte sie eine gewisse Zähigkeit unter Beweis. Um die überfüllten Gefängnisse zu entlasten, verfügte sie über die frühzeitige Entlassung von tausenden Insassen. Die Angriffe der konservativen Medien waren bissig, man warf ihr vor, Verbrecher mit Samthandschuhen anzufassen – aber Mahmood ließ sich nicht beirren, am Ende gewann sie das Kräftemessen mit ihren Gegnern.
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Sowieso ist Mahmood alles andere als eine flauschige Linkspolitikerin: Sie zählt zum rechten, sozialkonservativen Flügel der Labour-Partei. Gesundheitsminister Wes Streeting bezeichnete sie am Wochenende als „stahlhart“. Mahmood hat mal die Tory-Ikone Margaret Thatcher als eines ihrer Vorbilder genannt.
Harte Haltung zur Einwanderung
Was ihre harte Haltung in Bezug auf das Thema Einwanderung bedeutet, besonders die Bootsflüchtlinge, hat sie in ihren ersten Tagen als Innenministerin schon mal durchblicken lassen. „Die Bootsüberfahrten sind völlig inakzeptabel, und die schändlichen Menschenschmuggler, die dahinterstehen, richten an unseren Küsten verheerenden Schaden an“, sagte sie in einem Statement. Der Schutz der Grenzen sei ihre höchste Priorität, und sie werde nichts unversucht lassen, „um in unserem Immigrationssystem Ordnung wiederherzustellen.“
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Am Montag machte sie einen ersten konkreten Vorschlag: Wenn ein Land sich weigert, mit Großbritannien ein Rücknahmeabkommen für Migranten zu schließen, erwäge sie, keine Visa mehr an die Bürger dieser Länder zu vergeben.
Ob dies funktionieren wird, ist eine andere Frage. Immerhin wird das Asylsystem seit vielen Jahren laufend verschärft, ohne dass dies auch nur den geringsten Einfluss auf die Migrationsbewegungen hatte; bislang sind in diesem Jahr 30.000 Menschen über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen, ein Rekord. Dennoch wird Mahmood die Schraube weiter anziehen – und ihr politisches Schicksal dürfte davon abhängen, ob es klappt.