Kiel. Weltweit haben über zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. In Kiel hingegen reicht es, den Wasserhahn aufzudrehen. Zudem gilt das Wasser hier als besonders gut. Gunnar Bandholz ist der „Wächter des Wassers”. Der Betriebsmeister für Wasseranlagen arbeitet seit 21 Jahren bei den Kieler Stadtwerken und hat in dieser Zeit noch keinen Blackout erlebt. Bei einem Rundgang durch das Wasserwerk Schulensee erklärt er den Weg des Kieler Trinkwassers.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Das Versorgungsnetz der Stadtwerke
Die Kieler Stadtwerke versorgen ein Gebiet von knapp 400 Quadratkilometern. Das Wasser wird in vier Wasserwerken aufbereitet. Das älteste von 1889 steht in Schulensee, gefolgt von Schwentinental (1910), dem strahlengeschützten in der Wik (1965) und dem in Pries (1974).
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Über ein 950 Kilometer langes Rohrnetz werden 180.000 Haushalte in Kiel und Umgebung versorgt. 65 Prozent des Wasserbedarfs stammen aus dem Hauptwerk in Schulensee. Dieses soll in den kommenden zehn Jahren bei laufendem Betrieb sukzessive modernisiert werden.
Zudem gibt es vier Wasserspeicher, in denen das Trinkwasser zwischengelagert wird, um die Tagesspitzen abzupuffern. Diese werden nachts befüllt und zugeschaltet, wenn der Verbrauch ansteigt. „In Krisenzeiten ist eine dezentrale Versorgung wichtig“, sagt Bandholz.
Im Stadtwerke-Versorgungsgebiet werden durchschnittlich 52 Millionen Liter Wasser pro Tag verbraucht und somit aufbereitet. Die maximal mögliche Menge beträgt 70 Millionen Liter Wasser. 65 Prozent des Wasserbedarfs stammen aus dem Hauptwerk in Schulensee.
Das Grundwasser in Kiel
Das Kieler Grundwasser liegt zwischen mächtigen Schichten aus Kies und Ton. „Es ist wie ein Sandwich, das man unterschiedlich belegt hat“, meint Bandholz. Ein Regentropfen wandert pro Jahr einen Meter nach unten. Bei der Lehmschicht braucht er deutlich länger und schafft nur zehn Zentimeter pro Jahr.
Auf diesem Weg nach unten wurde das Wasser im Laufe von Jahrtausenden gereinigt und es nimmt Mineralien aus dem Boden auf. Bandholz hat auch hierfür einen bildlichen Vergleich parat: „Das ist wie auf der A7. Vor Hamburg ist sie vierspurig, dann kommt der Elbtunnel.“
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Die Brunnen des Wasserwerkes
Die Werke werden aus 38 Brunnen im Stadtgebiet gespeist. Der älteste davon in Schulensee stammt aus dem Jahr 1942. Der letzte wurde 2024 in Hammer gebaut. Der tiefste Brunnen mit 250 Metern befindet sich in Pries, der kürzeste mit 30 Metern in Schwentinental. Dieser große Unterschied ist auf die Salzstöcke zurückzuführen, die Schleswig-Holstein durchziehen. Hätte man im Schwentinental tiefer gebohrt, wäre das Wasser zu salzig geworden.
Je nach Überdeckung und Trennung durch bindige, gering wasserdurchlässige Schichten wie Tone oder Geschiebemergel sind oft mehrere Grundwasserstockwerke ausgebildet. In Schwentinental wird das Grundwasser wegen der Versalzung oberflächennah entnommen. Deshalb ist dort auch ein Wasserschutzgebiet ausgewiesen. Denn die Gefahr, dass etwas ins Grundwasser sickern kann, ist dort höher.
Die Qualität des Wassers wird in Kiel durch 150 Grundwassermessstellen überwacht. „Das ist sozusagen unsere Wareneingangskontrolle“, erklärt Bandholz. Da Trinkwasser zur kritischen Infrastruktur zählt, werden alle Brunnen per Alarmanlage gesichert.
Trinkwasseraufbereitung erklärt
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Das Grundwasser hat zwar bereits eine hohe Qualität, gilt aufgrund bestimmter Verordnungen aber noch nicht als Trinkwasser. Denn es enthält noch zu viel Eisen, Mangan und Kohlensäure. Das aus den Brunnen hochgepumpte Wasser gelangt über spezielle Kunststoffrohre in die Aufbereitungsanlage des Wasserwerkes.
In der Verdüsungsanlage wird das Rohwasser tröpfchenweise hochgespritzt und mit Sauerstoff angereichert. Dabei entweichen Schwefelwasserstoff und Kohlensäure, die mit der überschüssigen Luft durch eine Entlüftungsanlage abgeführt werden. Durch die Zufuhr von Sauerstoff kommt es im Rohwasser zu einem Oxidationsprozess. Dabei flocken das Eisen und das Mangan aus.
Die Grundwasserstände sind in den vergangenen Jahren ziemlich gleichgeblieben.
Gunnar Bandholz
Betriebsmeister für Wasseranlagen
Anschließend fällt das belüftete Wasser auf einen zwei Meter starken Kiesfilter. In dem Filter erfolgt eine Aufbereitung durch Mikroorganismen, diese reduzieren das Eisen und Mangan. Das Wasser gelangt anschließend durch Düsen im Filterboden in den Reinwasserbehälter. Fertig ist das Trinkwasser!
In der Filterkammer werden pro Stunde 200.000 Liter Wasser aufbereitet. Die Filter in den acht Kammern sind maximal 72 Stunden im Einsatz. Danach werden die Filter gespült und ruhen 24 Stunden. Der Eisen-Mangan-Schlamm wird in Sammelbecken geleitet und schließlich auf die Deponie verbracht.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Die Qualität des Trinkwassers
Ob Quell-, Heil- oder Mineralwasser aus PET-Flaschen – dank verschiedener Studien steht fest: Das Kieler Leitungswasser kann qualitativ mit allen handelsüblichen Mineralwässern am Markt mithalten und zählt zu den besten in Deutschland. In diesem Jahr wurden die Stadtwerke vom Energieverbraucherportal als „TOP-Lokalversorger” im Bereich Wasser ausgezeichnet.
Die Qualität wird durch regelmäßige Kontrollen gemäß der Trinkwasserverordnung sichergestellt. Lediglich die Härte ist je nach Wasserwerk mit 13 bis 17 Grad relativ hoch. Für den Trinkgenuss ist dies jedoch kein Nachteil. Die einwandfreie Qualität des Leitungswassers garantieren Wasserversorgungsunternehmen allerdings nur bis zur Hausinstallation, also bis zur Wasseruhr. Ab dieser Stelle ist der Hauseigentümer in der Pflicht.
Der Wasserverbrauch im Durchschnitt
Grundsätzlich gilt: Im Sommer wird mehr Wasser benötigt als im Winter. Am Wochenende sinkt der Verbrauch. Die Morgenspitze liegt zwischen 7 und 10 Uhr, abends steigt der Verbrauch zwischen 18 und 21 Uhr. „Darauf muss man sich als Netzbetreiber einstellen“, sagt Bandholz.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Sollte der konstante Druck von sechs Bar deutlich abfallen, gehen bei den Kollegen in der Leitstelle die roten Lampen an. Das ließ sich während der Fußball-WM gut beobachten. Bei den Deutschlandspielen brach in der Pause der Netzdruck zusammen, weil sehr viele die Toilettenspülung betätigten.
Während viele Regionen bereits Probleme bei der Wasserversorgung bekommen, steht es um Kiel gut. „Die Grundwasserstände sind in den vergangenen Jahren ziemlich gleichgeblieben“, so Bandholz. Auch ist der Verbrauch im Vergleich zu 2015 geringer. Grundsätzlich liegt er aber in den letzten Jahren relativ konstant bei 18.300.000 Kubikmeter pro Jahr.
Wer ein Wasserwerk einmal von innen erleben möchte, kann eine Anfrage für eine Führung an presse@stadtwerke-kiel.de schicken.
KN