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Wladimir Putin kämpft mit Problemen im Energiesektor. Unter anderem schwächelt der Ölsektor. Ein anderer Rohstoff soll die Lücke schließen.

Moskau – In Russland fehlt der Treibstoff. Stetige Angriffe der Ukraine haben für massive Engpässe gesorgt, westliche Sanktionen drücken auf den Handel. Kürzlich haben sich außerdem die USA gemeldet und eine Art Kehrtwende bekanntgegeben. Auch, wenn das Weiße Haus Russland nicht direkt sanktionieren will, so steht die Bestrafung von Russlands Handelspartnern zur Debatte. In all diesem Chaos hat der Kreml-Chef Wladimir Putin nach einer Lösung für die Treibstoffkrise gesucht.

Kohlereserven für 1000 Jahre – Putin will Russlands Wirtschaft retten

Die will er jetzt gefunden haben. „Es gibt eine ziemlich große Menge an Kohle verschiedener Klassen, die für fast tausend Jahre reichen wird, alle Kohlereserven werden für 900 Jahre reichen“, zitierte Business-Insider Putin. So soll er sich auf dem Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok geäußert haben. Putin räumte ein, dass der Energiesektor seines Landes unter Druck stehe.

Wladimir Putin in Wladiwostok.Wladimir Putin in Wladiwostok (Symbolfoto). Wladimir Putin kämpft mit Problemen im Energiesektor. Unter anderem schwächelt der Ölsektor. Ein anderer Rohstoff soll die Lücke schließen. © IMAGO / APAimages

Diese Krise besteht aus zwei Komponenten: Einerseits verlieren die großen Ölkonzerne derzeit Milliarden, weil Öl auf dem Weltmarkt zu billig ist, andererseits greift die Ukraine stetig die Infrastruktur Russlands an. Das hat in Teilen des Landes zu Engpässen und gar Ausfällen bei der Treibstoffversorgung geführt.

Nun scheint Putin fest davon auszugehen, dass die Kohleproduktion Russland retten könnte. Gleichzeitig gibt er tieferliegende Probleme in Russlands Energiesektor zu. „Es gibt viele Probleme, die besondere Aufmerksamkeit erfordern: Wir haben zum Beispiel einen Gasmangel, wir haben keine Verbindungen zwischen den verschiedenen Komponenten der Energieinfrastruktur, und unsere Netzwirtschaft muss entwickelt werden“, erklärt Putin.

Kohle-Industrie vor der Krise – Putins China-Schwenk birgt Probleme

Für Putins Kohleplan gibt es jedoch ein grundlegendes Problem: Seitdem die Ukraine gezielt Gas- und Ölinfrastruktur innerhalb Russlands angreift, herrscht im Osten des Landes Treibstoffknappheit. Wenn ein russischer Autofahrer kein AI-95 tanken kann (der am weitesten verbreitete Treibstoff, der an russischen Tankstellen Standard ist), wird es ihm wenig nutzen, wenn der Kreml ihm eine Ladung Kohle vorsetzt.

Ein zweites Problem ist die aktuelle Schwäche in Russlands Kohlesektor. Genau wie der Ölsektor steckt er in der Krise – seitdem Europa die russische Kohle nicht mehr im selben Maß kauft wie vor dem Ukraine-Krieg, sind die Preise drastisch eingebrochen. 2021 hatte Russland noch etwa 22,6 Prozent seiner Kohle in die EU geliefert, ehe das europäische Aufnahmeverbot in Kraft trat. Und, ebenfalls genau wie bei Öl und Gas, hatte der Kreml in Asien nach neuen Käufern gesucht. Die ansässigen Käufer haben die Gelegenheit genutzt, um niedrigere Preise herauszuhandeln.

Bei diesem Schwenk Richtung China gab es jedoch weitere Probleme. Die Infrastruktur existierte schlichtweg nicht in demselben Maße, wie es zwischen Russland und Europa der Fall war. Über Jahrzehnte haben Europa und Russland einst ihre Logistikrouten aufgebaut, zogen eine moderne Schienen- und Hafeninfrastruktur hoch, während im Osten lediglich die Transsibirische Eisenbahn und die Baikal-Amur-Magistrale existierten. Branchenexperten hatten früh prognostiziert, dass Russland beim großen Schwenk Richtung Asien auf physische Probleme stoßen musste.

China fährt Russland-Einkäufe zurück – „Produktion von Kohle ist unrentabel“

Darüber hinaus wurde bekannt, dass China seine Importe russischer Kohle zurückfährt. Im ersten Halbjahr 2025 sanken die Kohleexporte von Russland nach China um 25 Prozent. Für das zweite Quartal steht gar ein Minus um 34 Prozent auf dem Papier, verglichen mit dem Vorjahresquartal. Vorher hatte China die Hälfte aller russischen Kohleexporte abgewickelt. Das erklärt zwar, warum Putins Kohlekammern voller sind als geplant, doch entgehen dem Kreml damit Milliarden.

Im Juni 2025 sanken die Exportpreise für russische Kohle auf 69 Euro pro Tonne. Laut der russischen Zeitung Vedomosti war das der niedrigste Stand seit 2020. Das Energieministerium sieht für 2025 Verluste in Höhe von umgerechnet rund 3,8 Milliarden Euro voraus. „Die Produktion von Kohle im Kusbass ist insgesamt unrentabel“, zitierte die Moscow Times Roman Golovin, Strategiedirektor der Siberian Coal Energy Company (SUEK), Russlands größtem Kohleproduzenten.

„Wirkliche Herausforderung“ für Russlands Kohleindustrie

Der Kusbass ist dabei eine Besonderheit im Land. Dabei handelt es sich um eine Kurzbeschreibung für das Kusnezker Becken, ein gewaltiges Steinkohlerevier im Oblast Kemerowo. Die ganze Region ist in höchstem Maße finanziell und sozial abhängig von der Kohleindustrie. Von 30 russischen Städten, die von der Kohleindustrie abhängig sind, liegen die meisten eben in Kusbass-Nähe. Ein Kollaps der Kohleindustrie wäre für diese Gemeinden ein schwerer Schlag.

Auch wenn der Kreml die finanziellen Engpässe stopft – was jährlich Unterstützungsgelder in Höhe von 300 Milliarden Rubel verlangen würde – so läge die „wirkliche Herausforderung“ darin, eine neue wirtschaftliche Rolle für Kemerowo zu finden. Laut dem Ökonomen Wladimir Inozemtsew ist Kemerowo für 50 Prozent von Russlands Kohleproduktion verantwortlich.

Zuletzt war bekannt geworden, dass Russland auch Kohle aus der Ukraine stiehlt und sie verschifft.