Nach 1950 hatte Günter Fruhtrunk mit München nichts mehr am Hut. Er wollte weg, nach Frankreich, wo die Malerei bereits über den Dingen schwebte: ungegenständlich und vom Ballast jener Bedeutung befreit, wie sie Objekte auf Bildern nun einmal mit sich bringen. Mit Anfang dreißig zog Fruhtrunk nach Paris, malte jenseits interpretatorischer Ansprüche – und seine Kompositionen ähneln denen von Wassily Kandinsky oder Hans Hartung.
Schräge Malerei
Berühmt geworden ist der Künstler allerdings mit anderen Bildern. Seine Großformate bestehen für gewöhnlich aus Linien, die sich schräg von links oben nach rechts unten – oder umgekehrt – über die Leinwände erstrecken. Manchmal fallen sie auch einfach von oben nach unten, immer aber sind sie kontrastreich und so farbintensiv, dass sie noch lange im Gedächtnis bleiben.
Zur Ausstellung
Günter Fruhtrunk. Zentrale Bilder 1952-1983: Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag, 11. September, von 18-22 Uhr in der Potsdamer Str. 81 A. Die Werke bleiben bis zum 31. Oktober hängen, die Galerie hat donnerstags bis samstags von 12-18 Uhr geöffnet.
Dennoch sei Fruhtrunk in Berlin „nicht allzu präsent“ gewesen, meint Galerist Walter Storms. Er ändert das gerade: Zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Caro Jost, hat er eine Dependance in den Mercator-Höfen eröffnet, wo auch andere Galerien wie Esther Schipper, Max Hetzler, Kristian Jarmuschek, Reiter und Judin ansässig sind.
Die Entscheidung fiel spontan, weil eines der Modegeschäfte das denkmalgeschützte Haus verlassen hat und gute 200 Quadratmeter Ausstellungsfläche frei geworden sind. Den Plan, sich nach Berlin auszudehnen, hatten sie schon länger. Das Paar kommt ebenfalls aus München, doch es geht nicht, sondern pendeln künftig zwischen den Metropolen.
Fruhtrunk ist ja auch zurückgegangen. 1967 wurde er als Professor an die Akademie der Künste in die bayerische Metropole berufen, er lehrte dort bis zu seinem Freitod 1982. Dazwischen gestaltete er sein berühmtestes Werk: Von Fruhtrunk stammt das Design der Plastiktüte von Aldi Nord, das ihn bis heute in nahezu jeden Haushalt bringt. Allein schon deshalb müsste die Ausstellung zur Premiere der neuen Räume von Storms überrannt werden – damit die Träger und Trägerinnen jener Tüten sehen, was dieser Künstler sonst noch konnte.
Eine Ausstellung der Superlative
Es ist eine Ausstellung der Superlative. Walter Storms, seit 1977 mit der Galerie in München präsent, verwaltet Fruhtrunks Nachlass. Er zeigt große, charakteristische Bilder, die ab den 1950er Jahren bis in die Achtziger entstanden sind (Preise: 80.000-200.000 Euro). Die letzte Retrospektive des Künstlers in Berlin fand 1993 in der Neuen Nationalgalerie statt. Mehr als drei Jahrzehnte später erweist sich seine konzise, strenge und dennoch vielgestaltige malerische Sprache als auf der Höhe der Zeit.
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Storms, inzwischen 78 Jahre alt, steht Fruhtrunk in nichts nach. Sein Aufschlag mit einem der ranghöchsten Vertreter konkreter Kunst in Deutschland gibt die Richtung für künftige Ausstellungen in Berlin vor. Seit jeher steht die Galerie für ästhetisch anziehende, dabei aber immer anspruchsvolle Konzeptkunst etwa von Gerold Miller, Gerhard Merz oder Viola Bittl. Er wolle, sagt Storms, sein Programm darüber hinaus noch einmal verjüngen. Berlin sei das ideale Pflaster dafür.