„Sind wir schon drin?“ Diese Anlehnung an ein Highlight der deutschen Werbegeschichte werden wir künftig wieder häufiger hören, diesmal allerdings in Bezug auf eine Schwäche der US-Konjunktur. Schwache Wirtschaftszahlen und ein mit der Trump-Regierung einsetzendes schwieriges Umfeld für die Unternehmen lassen Rezessionsängste aufkommen.

Stärkere Auswirkungen für die USA erwartet 

Nachdem die Wirkungen von Handels- und Einwanderungsbeschränkungen zunächst auf sich warten ließen, erwarten viele Marktteilnehmer nun für die kommenden Monate stärkere Auswirkungen für den Arbeitsmarkt, die Preise und die wirtschaftliche Aktivität im Allgemeinen in den USA. Schwache Daten vom Arbeitsmarkt, eine zunehmende Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen sowie eine Konzentration von verbliebenen Wachstumskräften auf wenige Sektoren wie den KI-Bereich oder das Gesundheitswesen stützen Befürchtungen eines Endes des Nach-Corona-Booms.

In den USA gilt unter den Ökonomen eine andere Rezessionsdefinition als in Europa, nämlich das Urteil des Wirtschaftsforschungsinstituts National Bureau of Economic Research. Dieses basiert seine Rezessionsdefinition hauptsächlich auf sechs makroökonomische Kenngrößen.

Der Nachteil dieser Klassifikation liegt darin, dass diese Zahlen, wie bei vielen realwirtschaftlichen Daten, erst relativ spät verfügbar und dann noch revisionsanfällig sind. Daher kommt das offizielle Rezessionsurteil oft erst, wenn die Rezession schon fast wieder vorbei ist. Insofern wird im Herbst bei jeder Datenveröffentlichung das Rezessionsrätselraten weitergehen.

Teils gegenläufige Bewegungen in unterschiedlichen Segmenten 

An den internationalen Finanzmärkten zeigten sich zuletzt deutliche und teils gegenläufige Bewegungen in unterschiedlichen Segmenten. Beispielsweise profitierte auf der Aktienmarktseite der US-Technologiesektor besonders von dem juristischen Erfolg für Alphabet, der Muttergesellschaft von Google. Die geforderte Zerschlagung des Konzerns wurde abgewiesen und hatte nicht nur positive Auswirkungen auf die Alphabet-Aktie, sondern auch auf Apple.

In Deutschland hat der Dax etwas abgegeben – dafür aber auch neues bekommen. In der Besetzung gibt es am deutschen Aktienmarkt die regelmäßigen Anpassungen: Diesmal muss Porsche nach deutlichen Gewinneinbrüchen den Dax verlassen und wird künftig im M-Dax gelistet. Auch Sartorius, ein Pharma- und Laborzulieferer, steigt in die zweite Börsenliga ab. Aufsteiger und damit neu im Dax sind dafür die Immobilienplattform Scout 24 sowie der Anlagenbauer Gea.

Risikowahrnehmung an den Anleihemärkten hat sich erhöht 

Insgesamt darf man bei allen negativen Signalen nicht aus den Augen lassen, dass sich die Weltwirtschaft nach wie vor widerstandsfähig gegen Handelsbeschränkungen zeigt: so stehen die Zeichen im Welthandel zwar nicht mehr auf starkem Wachstum, aber auch nicht auf Zusammenbruch. Unternehmen sind zumindest bislang recht erfolgreich darin, Beschränkungen zu umgehen und Hürden zu überspringen.

Hingegen hat sich an den Anleihemärkten die Risikowahrnehmung erhöht. Insbesondere bei langlaufenden Anleihen sind die Renditen spürbar gestiegen, und zwar sowohl in den USA als auch in Europa. Die Gründe dafür liegen weniger in den Inflations- oder Zinsperspektiven als vielmehr in Sorgen über die wachsende Staatsverschuldung und (geo-)politische Unsicherheit.

Auch Rohöl und Gold rückten zuletzt in den Fokus. Der Ölpreis gab nach, da Spekulationen über eine mögliche Ausweitung der Förderquoten durch die Opec+ aufkamen. Demgegenüber profitierte der Goldpreis von der Schwäche des US-Dollars, die das Edelmetall für Käufer in anderen Währungen günstiger machte. Hinzu kamen Unsicherheiten in den USA, etwa Diskussionen über Strafzölle, die hohe Staatsverschuldung und vor allem Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank, die das Interesse an Gold weiter steigen ließen und den Preis auf neue Höchststände trieben.

Hartmut Giesen ist bei der Sutor Bank zuständig für Business Development Fintech, digitale Partner und Krypto/Blockchain.

Tilmann Galler ist Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan AM

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