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An einem Tag im September – Die Dokumentation – Ein Staatsbesuch als Höhepunkt seines Lebenswerkes: Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle nehmen 1962 gemeinsam eine Parade ab. Das offizielle Treffen der beiden Staatsmänner ist eine Folge der privaten und politischen Annäherung 1958. © ZDF/Bettmann Archive
Wie wurden aus den Erbfeinden Frankreich und Deutschland zwei befreundete Nationen? Im Anschluss an den Spielfilm über ein legendäres Privattreffen zwischen Bundeskanzler Adenauer und Ministerpräsident de Gaulle 1958 erzählt „An einem Tag im September – Die Dokumentation“ die wahren Hintergründe.
Colombey-les-Deux-Églises, ein für deutsche Zungen eher komplizierter Name. Doch 1958 war er auch hierzulande in aller Munde. So erinnert es auch der damals in Westberlin aufwachsende Dreikäsehoch Burghart Klaußner. Heute ist er ein berühmter Schauspieler. Im Spielfilm „An einem Tag im September“, der vor dieser Doku läuft, verkörpert Klaußner den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer in heikler Mission. 13 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs herrschen immer noch Misstrauen und Abneigung zwischen Deutschen und Franzosen. Zwecks Annäherung besucht Adenauer seinen Amtskollegen de Gaulle am 14. September 1958 in einem kleinen Dorf – Colombey-les-Deux-Églises – auf de Gaulles abgelegenem Landsitz im Nordosten Frankreichs. Während im Spielfilm die Psychologie der Annäherung nach langer Feindschaft zwischen zwei Nationen erzählt wird, konzentriert sich die „Terra X History“-Doku „An einem Tag im September – Die Dokumentation“ auf die Hintergründe des Treffens.
An einem Tag im September – Szene aus dem Spielfilm: Charles de Gaulle (Jean-Yves Berteloot, rechts) und Konrad Adenauer (Burghart Klaußner) waren 1958 die Staatenlenker Frankreichs und Westdeutschlands – und eigentlich „Erbfeinde“. Der Film „An einem Tag im September“ erzählt davon, wie besonnene Diplomatie und Menschlichkeit unsere Welt verändern können. © Frank Dicks/ZDF
Historikerinnen und Historiker, aber auch die beiden Enkelinnen der Begründer der deutsch-französischen Freundschaft, Bettina Adenauer und Anne de Laroullière, berichten von politischen Plänen und familiären Erinnerungen. Dazu betten die Filmemacher Roland May und Stefan Brauburger das Treffen in seinen historischen Kontext ein.
De Gaulle, der Kriegsheld von einst, war damals wegen einer Staatskrise im Zuge sich loslösender Kolonien, aus der Rente in die Politik zurückgekehrt. Viele Franzosen misstrauten dem Ex-Militär jedoch, der eine neue Verfassung ausrufen wollte. Sie verdächtigten den alten General, dass er eine Art Diktatur anstrebe. De Gaulle, der während des Ersten Weltkrieges lange in deutscher Kriegsgefangenschaft in Ingolstadt war, sprach ausgezeichnet Deutsch. Und er war gläubiger Katholik – wie Adenauer. Das Treffen der beiden betagten Staatsmänner – Adenauer war damals bereits 82 – gilt als Urstunde der deutsch-französischen Versöhnung und des europäischen Einigungsprozesses.
Vier Jahre später: der Höhepunkt von Adenauers Lebenswerk
In der Doku werden auch die Folgen des Treffens von Colombey-les-Deux-Églises aufgearbeitet. Man sieht Bilder von weiteren Besuchen de Gaulles in Deutschland und des offiziellen Staatsbesuches Adenauers 1962 in Paris, den der Bundeskanzler als „Höhepunkt seines Lebenswerkes“ bezeichnete.
Dass man „im anderen zuerst den Menschen sehen“ soll, haben beide Politiker aus dem Landsitz-Treffen in kleiner Runde und unter Anwesenheit von de Gaulles Ehefrau Yvonne mitgenommen. Dabei war es keineswegs so, dass es damals keine Vorbehalte zwischen den Männern gegeben hätte. So schwor Adenauer auf eine enge Partnerschaft mit den USA. De Gaulle sah den transatlantischen Partner eher kritisch. Adenauer, der Deutsche aus der wieder stark aufstrebenden Wirtschaftswunder-Nation, wollte die atomare Bewaffnung der Bundeswehr, zum Schutz gegen die Sojwetunion. De Gaulle war dagegen.
Dennoch zeigt die Analyse des Treffens sowohl im Spielfilm wie in der Doku, was kluge Diplomatie und die Vernunft, friedlich zusammenleben zu wollen, in der Politik bewirken können. Für ein von den USA unter Trump links liegen gelassenes Europa der Gegenwart ist es ein Mutmacher, was den beiden älteren Herren in Colombey-les-Deux-Églises am 14. September 1958 gelang.
Am Ende der Doku zeigen Bilder der Nachfolger von de Gaulle und Adenauer, wie die Saat ihrer Versöhnung weiter aufging. Man sieht Handschläge, Umarmungen und berührende Gesten zwischen Willy Brandt und Georges Pompidou, Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing und natürlich Helmut Kohl neben François Mitterrand Hand in Hand auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Verdun. Schöne Bilder, gute Diplomatie – echte Freundschaft. Gäbe es doch auch heute mehr davon in der Weltpolitik! (Dieser Artikel entstand in Kooperation mit teleschau.)