Paris – Es sollte ein Jubiläums-Buch zum 100. Bestehen des Schönheitswettbewerbs werden. Doch die Veröffentlichung schockierte: Über Jahre sollen Teilnehmerinnen der „Miss Frankreich“-Wahlen sexuell belästigt, sogar vergewaltigt worden sein!

Wie mehrere Medien berichten, sprach Autor Hubert Guérin, letzter Mitarbeiter der berühmten „Miss France“-Präsidentin Geneviève de Fontenay, mit den 60 noch lebenden Gewinnerinnen für sein Buch „Miss France: Du Rêve à la Réalité“ (deutsch: „Miss Frankreich: Vom Traum zur Realität“).

Dunkle Seite der Glitzer-Welt

Dabei erfuhr Guérin von der hässlichen Seite der schönen Glitzer-Welt: sexuelle Gewalt, Mobbing und Depressionen. Die französische Tageszeitung „Le Progrès“ zitiert den Autor: „Ich entdecke eine verborgene Seite, die ich mir nie hätte vorstellen können. Es ist eine Maschine, die Kandidatinnen zermahlt, sie werden vom Wettbewerb zerschmettert und schutzlos in die Gesellschaft zurückgeschickt.“ Einer der Frauen soll ihm gesagt haben: „Ich kam lebendig bei ‚Miss France‘ an und verließ mein Jahr als Tote.“

Autor Hubert Guérin mit seinem Buch, das am 8. September erschien

Autor Hubert Guérin mit seinem Buch, das am 8. September erschienen ist

Foto: hubert.guerin.5/Facebook

Frau schildert, als „Miss France“ vergewaltigt worden zu sein

Die Frauen, die alle anonym bleiben wollten, schilderten unfassbare Vorfälle. Eine sagte: „Ich, Miss Frankreich, wurde während meines Jahres vergewaltigt.“ Eine andere schildert: „Am Tag nach meiner Krönung wurde ich gezwungen, eine Fellatio (Oralverkehr, Anm. d. Red.) auszuführen.“ Einige berichten von Foto-Sessions, bei denen die Frauen begrapscht wurden; eine Miss schildert einen Vorfall mit einem nicht näher bezeichneten Mann: „Er ging durch alle Zimmer, stellte sich für Fotos zwischen die Kandidatinnen und legte jeder eine Hand auf den Po.“

Miss-Präsidentin Geneviève de Fontenay hat, so der Autor, von den Vorfällen nichts gewusst

Geneviève de Fontenay war von 1990 bis 2002 Präsidentin des „Miss France“-Komitees und hat laut Autor von den Vorfällen nichts gewusst

Foto: IMAGO/Bestimage

Reformen sollen Frauen schützen

Laut Autor passierten die meisten der Übergriffe zwischen 1990 und 2002. Geneviève de Fontenay, von 1981 bis 2007 Präsidentin des „Miss France“-Komitees, das betont Hubert Guérin, habe von den erschütternden Taten nichts gewusst. Sie hätte „immer alles getan, um die Kandidatinnen zu schützen.“

Mehr zum Thema

Auch Model Sylvie Tellier, die den Wettbewerb 2002 gewann, betonte, nie etwas von den Taten gehört zu haben. Trotzdem führte sie bei ihrem Eintritt in die Miss-Organisation wichtige Veränderungen im Schönheits-Wettbewerb ein. Der Autor: „Sie führte Aufpasser ein, verbot Backstage-Besuche und ersetzte die meisten männlichen Betreuer durch Frauen.“ Diese Reformen hätten die Risiken „sehr deutlich“ verringert.

Das Buch ist am 8. September erschienen und ist derzeit noch nicht auf Deutsch erhältlich.