Wer die besondere Philosophie der Firma Wurm verstehen will, dem hilft diese Geste weiter: Als der Remscheider Mittelständler im Sommer 2024 in Weimar zum wiederholten Male als einer der „Top-Innovatoren“ der deutschen Wirtschaft ausgezeichnet wurde, schickte der Technologieführer in der Automatisierung Lebensmittelkühlung der neben Joachim Gahlmann, CAD-Teamleiter im Schaltanlagenbau, eine junge Datenanalystin. Alina Stephan, GBG-Abiturientin, hatte nach ihrem Informatik-Studium in Wuppertal gerade ihre Masterarbeit mit 1,0 absolviert und nach ihrer Zeit als Werksstudentin im März 2024 eine Festanstellung bei Wurm erhalten.
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Geschäftsführer Gianluca di Lieto verzichtete auf die Reise und darauf, Mentor Ranga Yogeshwar die Hand zu schütteln. „Die Auszeichnung ist ja der Erfolg der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Warum sollte ich mich dann da oben hinstellen und die abholen“, reichte di Lieto den Lorbeer an die junge Kreativschmiede im Haus weiter.
Das Motto, das in dem weitläufigen Gebäudekomplex auf Straßenseiten beiden Morsbachtalstraße der gelebt wird, heißt: Was denkbar ist, muss auch machbar sein. Das Team, das bei Wurm im Software- und Datenmanagement permanent die Zukunft auslotet, ist von 2 auf 34 zumeist junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen. „Von der Geschäftsleitung bis nach ganz unten wird der Innovationsgedanke gelebt. Mit dem ständigen Lernen punkten wir“, sagt Marco Rozgic. Er ist 43, studierter Mathematiker, seit 2018 dabei und Teamleiter Data Science.„In den 90er Jahren hat Wurm damit begonnen an dem zu arbeiten, was heute als Industrie 4.0 bezeichnet wird“, spricht Rozgic über ein Firmenzeitalter, das sein Vorgesetzter Karsten Voßberg seit 30 Jahren mitgestaltet.
Kl war bei Wurm schon in den 90er Jahren eine zarte Pflanze
In einem Betrieb ohne große personelle Fluktuation, aber vielen jüngeren, dynamischen Kräften, ist der 59-Jährige ein Urgestein. „Angst vor Änderung kennt hier niemand“, betont Abteilungsleiter Voßberg die Wurm-DNA. In den letzten Dekaden der 150-jährigen Firmenhistorie ist es rasant vorangegangen. Künstliche Intelligenz war hier schon in den 90ern eine zarte Pflanze.
„Während viele Unternehmen erst jetzt die Chancen der KI entdecken, haben wir bereits 1998 große Datenmengen aus Anlagen gesammelt strukturiert und auf der Weltleitmesse für Retail, der EuroShop 2020 in Düsseldorf unsere KI-Abteilung und deren Lösungen vorgestellt. Uns war klar: KI wird die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, nachhaltig verändern“, lässt Felix Bräutigam, aus dem Bereich Marketing & Sales, keinen Zweifel, woher der technologische Vorsprung seines Arbeitgebers kommt. Wurm macht seinen größten Umsatz mit elektronischen Regelgeräten, mit dem Schaltanlagenbau für den filialisierten Einzelhandel.
Die Automatisierung von Kühl- und Gebäudetechnik von über 26.000 Lebensmittelmärkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird von den 330 Mitarbeitern immer weiter optimiert. Jede Nacht laufen im Morsbachtal 1,3 Milliarden Datensätze aus Supermärkten zusammen. „Wir haben das Domain-Know-how in der Kältetechnikbranche“, sagt Karsten Voẞberg.„Unsere Server und Datenanlagen machen mehr Transaktionen als der Frankfurter Flughafen“, stellt Marco Rozgic fest.
Die schiere Datenfülle versetzt Wurm in eine komfortable Situation. „Wir können hier aus dem gemachten Nest operieren“, meint Rozgic mit Stolz: „Mit so einem Hintergrund KI-Modelle bauen zu dürfen, ist ein unfassbarer Luxus.“
Was das Software- und Datenmanagement anschiebt, führt zu präzisen, individuellen Reports für die Kältetechnik, steigert die Effizienz bei Kunden, Kälteanlagenbauern, Supermarktbetreibern und Service-Unternehmen, die ausrücken, wenn die Kühlung im Markt streikt und beim Auftauen in Windeseile riesige Warenschäden drohen. Und das kommt häufig vor. Gerade im Sommer registriert Wurm rund um die Uhr Tausende Störungen. „Wichtig von unwichtig herauszufiltern, hat dann Priorität.“
Marco Rozgic spricht von einer toxischen Mischung: Einerseits wird die Kältetechnik immer komplexer, andererseits klettern die Außentemperaturen und es gibt immer weniger Fachkräfte, die zum Reparieren ausrücken können und dies zu jeder Tages- und Nachtzeit wollen. Das neueste Produkt von Wurm revolutioniert das Alarm- und Eventmanagement. Auf der Chillventa 2024 in Nürnberg wurde SVEA, die Service und Event Assistance, vorgestellt. Die Plattform steht vor allem dafür, Fehlermeldungen sofort zu analysieren, priorisieren – mithin Störeinsätze von Servicemitarbeitern gezielt zu steuern.
Es muss viel Überzeugungsarbeit geleistet werden
Es sind wegweisende Lösungen, die Zeit und Geld sparen. Denn ruckzuck können in einer halben Stunde zwei Millionen Warenwert auf dem Spiel stehen, wenn die Technik aussetzt. „Wir müssen dafür viel Überzeugungsarbeit leisten“, weiß Marco Rozgic. „Digitale Leistungen bezahlt zu bekommen, ist nicht einfach“, beobachtet Karsten Voßberg. Mittlerweile werben aber auch schon Discounterketten bei den Kälteserviceunternehmen, SVEA monatlich einzukaufen. „Wer als Kunde frühzeitig am Ball ist, profitiert auf jeden Fall.“ Wurm setzt die KI auch vorausschauend ein, um zu verhindern, dass Kältemittelverluste überhaupt auftreten. Algorithmen wurden entwickelt, die Leckagen vorhersehen.
Weltweit boomen die KI-Lösungen seit 2024. Frag Frida ist ein weiteres Tool. Im Frühjahr vorgestellt, hilft die bewährte App für Servicetechniker und Kälteanlagenbauer jetzt auch mündlich. Die Entwickler im Morsbachtal bezeichnen es nach drei Jahren intensiver Arbeit als „kleine Revolution“. Wurm-Geräte mit ihrer fortlaufenden Weiterentwicklung und Komplexität werden durch die Stimme in der Frida-App deutlich bedienungsfreundlicher.
Auf Fragen zu konkreten Anwendungen, die sonst auch die Wurm-Hotline gestellt bekommt, gibt es jetzt mündlich postwendend eine Antwort. „Durch den Fachkräftemangel besteht das Dilemma, dass weniger erfahrene respektive weniger geschulte Kräfte beim Servicedienst mitunter nicht wissen, wie sie ein akutes Problem schnell beheben können“, heißt es im Wurm-Magazin „Fresh Up“.
Der Mut zur Zukunft ist Wurms Triebfeder. Und für viele der neugierigen Mathematiker, Physiker, Softwareentwickler und Informatiker ein Grund, den Verlockungen von Headhuntern zu widerstehen, die ständig bei den Top-Innovatoren anklopfen. Ihren Standortnachteil, schlecht angebunden in der Remscheider Diaspora zu liegen, macht die Firma Wurm unter anderem mit einem angenehmen Arbeitsklima, spannenden Technologien und Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten wett. Die Wohnorte von einigen Mitarbeitern gehen sogar über NRW hinaus.
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Der Spirit des Hauses begründet sich für Marco Rozgic darin, „Antworten für die heißesten Themen unserer Zeit zu liefern“. Es sei eine sinnstiftende Arbeit, die Wurm im Team anpacke. Energiekosten sparen, CO₂-Emissionen reduzieren, Personaleinsätze effizienter gestalten. „Über 26.000 Märkte mit 1,3 Milliarden Datenpunkten sind eine irre Herausforderung“, findet der Teamleiter Data Science.
Am Ende der Kette sind die Visionäre lange nicht. „Wir sprühen vor Ideen und sind nicht mal bei 30 von 100 Prozent. Wenn wir die umsetzen, generieren wir noch wesentlich Mehrwert für die Kältetechnikbranche“, verspricht Karsten Voßberg. Andreas Weber
Positive Signale machen MutLaut Volksbank erweist sich die bergische Wirtschaft trotz mancher Probleme als stabil.
Wenn Henning Wichart über die Wirtschaft der Region spricht, spürt man Anerkennung. Trotz der Krisen der letzten fünf Jahre bleibt die Substanz der meisten Betriebe im Bergischen stark, betont Wichart, Vorstandsmitglied der Volksbank im Bergischen Land. Das heißt nicht, dass Corona, Lieferengpässe, Energiepreissteigerungen, Inflation und schwacher Konsum keine Spuren hinterlassen haben. „Wir sehen, dass Eigenkapital und Rücklagen sinken – allerdings nicht in einem besorgniserregenden Ausmaß“, sagt Wichart. Als Indiz zieht er die Insolvenzstatistik heran: Die Zahlen steigen zwar, von einer Explosion könne aber keine Rede sein.
Sektkorken knallen in der bergischen Wirtschaft also momentan eher selten, allgemeine Katerstimmung herrscht aber auch nicht. Diese ambivalente Lage hängt mit dem Branchenmix zusammen. Die metallverarbeitende und die Automobilindustrie spüren die internationalen Unsicherheiten beispielsweise besonders. Viele Dienstleister und Handwerker hingegen erweisen sich als robust. Gar im Aufschwung erlebt Henning Wichart „zukunftsgerichtete Branchen“ – jene Firmen, die auf Digitalisierung, IT, Softwarelösungen, Automatisierung und KI spezialisiert sind.
Auch von einem Sorgenkind der jüngeren Vergangenheit vernimmt der Volksbanker positive Signale: „Wir hatten 2025 bis zum Sommer deutlich mehr Baufinanzierungsanfragen als im gesamten Vorjahr.“ Die zurückgegangene Inflation und die stabilen Zinsen beleben das Geschäft.
Und die Zukunft? Viel hängt aus Wicharts Sicht davon ab, wie CDU und SPD ihre Milliardenpakete umsetzen. Gelinge es tatsächlich, die Infrastruktur nachhaltig zu modernisieren, könnte das ein Wachstumsbooster sein. Gleichzeitig müsse der lange versprochene Bürokratieabbau endlich erfolgen.
Derzeit sei in puncto Investitionen eine gewisse Zurückhaltung spürbar. Henning Wichart spricht von einer„Warteposition“: „Es gibt global zu viele ungelöste Fragen.“ Zudem stehen bisweilen eher Liquiditätsmanagement, Betriebsmittelfinanzierung und Eigenkapitalsicherung im Fokus. Die Volksbank im Bergischen Land sagt ihren Kunden zu, diese Prozesse frühzeitig und eng zu begleiten. -böh-
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