Das Wetter passt zur Stimmung an diesem verregneten Spätsommertag in Dahlhausen. „Das ist ganz schön traurig, das muss man schon sagen“, sagt Birgit Diermann, Vorsitzende der Initiative für Nachbarschaft und Nachhaltigkeit in dem Bochumer Stadtteil. Sie meint die schlechten Nachrichten, die die Menschen hier aufgeschreckt haben.
Der Rewe Lenk schließt Ende des Monats, auch der Lebensmittelmarkt Anadolu steht vor dem Aus. „Der Leerstand nimmt zu“, erklärt Diermann. Der Lottoladen? Zu. Die kleine Poststelle? Weg. „Für mich stirbt das hier aus“, sagt Sandra Döhmann, die in dem Viertel im Südwesten der Stadt lebt.
Der Rewe-Lenk in Bochum-Dahlhausen schließt schon bald.
© FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener
Dahlhausen zählt zu den besonderen Stadtteilen in Bochum
Um über diese Probleme zu sprechen, hat Birgit Diermann in das kleine Ladenlokal, Freiraum genannt, ihrer Nachbarschaftsinitiative eingeladen. Hier versuchen die Mitglieder, das Miteinander in Dahlhausen voranzutreiben. Ein Stadtteil, der eigentlich zu den charmanten in Bochum gehört. Die Ruhr fließt hier entlang. „Es ist eine schöne Ecke“, meint Anwohner Edmund Mika. „Es ist nicht überlaufen.“ Für ihn ist es deswegen auch „etwas übertrieben, davon zu sprechen, dass Dahlhausen ausstirbt“.
Aber, es gibt auch ein Aber.
„Es wird ruhiger hier. Mir fehlt ein schönes Café“, sagt er. Und wenn sich Edmund Mika etwas wünschen dürfte, „dann würde ich mich freuen, wenn die Räume an unseren Bahnhof genutzt werden würden. Da war früher mal ein Restaurant drin.“
Birgit Diermann sagt: „Am Ende stimmen die Menschen mit ihren Füßen ab.“
© FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener
Welche Lösung könnte es in Bochum-Dahlhausen geben?
Mehr Leben auf der Straße hilft, da sind sich alle einig. Sandra Döhmann pflegt ihre Mutter zu Hause. „Und an ihr merke ich, dass es wichtig ist, dass es fußläufige Angebote in unserem Stadtteil gibt. Denn sie sagt jetzt zu mir: ,Wozu soll ich denn rausgehen?‘“ Deswegen: „Einkaufen gehört zur Lebensqualität dazu.“
Das sieht auch Heide Stucke so, die schon lange in Dahlhausen lebt. „Der Rewe ist fußläufig zu erreichen. Es ist schön, dort jemanden zu treffen, mit ihm zu quatschen.“ Sie findet es schlimm, „dass wir durch die Schließung zu den Discountern getrieben werden“. Bleibt nur die Frage, welche Lösungen es geben könnte?
Birgit Diermann regt einen „Food Coop“ an, einen Gemeinschaftssupermarkt, den es schon an anderen Stellen gibt. „Dabei schließen sich Leute zusammen, organisieren alles selbst und sorgen dafür, dass Lebensmittel angeboten werden.“ Wobei dafür natürlich ein großer Gemeinschaftssinn der Menschen vor Ort vonnöten sei, räumt Diermann ein.
Diese Texte haben viele Menschen interessiertViele Familien in Bochum-Dahlhausen sind zu beschäftigt
Gibt es dieses Gemeinschaftsgefühl denn in Dahlhausen?
Nun ja, lautet die Antwort der Anwohner und Anwohnerinnen. „In unserem Verein sind wir jetzt 85 Mitglieder. Wir sind eine Anlaufstelle. Aber wir hätten gedacht, dass wir mehr Zulauf von den jungen Familien bekommen. Doch die sind zu beschäftigt“, erzählt Birgit Diermann.
Bochum-Newsletter: Jetzt kostenlos anmelden!
Nachrichten, Service, Reportagen: Jeden Tag wissen, was in unserer Stadt los ist.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.
„Es bräuchte mehr Vernetzung innerhalb der Vereine in Dahlhausen. Man müsste alle miteinbeziehen, das würde helfen“, sagt Sandra Döhmann. Ihr Wunsch lautet deshalb, dass es bald einen Feierabendmarkt in Dahlhausen gibt.
Und Birgit Diermann erklärt mit Blick auf die Schließungen im Stadtteil: „Am Ende stimmen die Menschen mit ihren Füßen ab. Sie müssen die Läden schon besuchen.“