Die Feuerwehr löscht einen Brand in einem Müllhaufen.

Stand: 11.09.2025 07:42 Uhr

Immer häufiger landen Akkus und Batterien im Hausmüll und sorgen für Brände in Müllfahrzeugen oder auf Recyclinghöfen. Die Branche ist alarmiert – und appelliert für einen bewussteren Umgang bei der Müllentsorgung.

von Thomas Viet Dang

Erst vergangene Woche ist es wieder passiert: In Geesthacht im Kreis Herzogtum Lauenburg fing laut Polizei der Abfall in einem Müllfahrzeug an zu brennen. Die Mitarbeiter alarmierten die Feuerwehr und fuhren den qualmende Wagen direkt zum Gerätehaus. Dort kippten sie die Ladung aus – die Einsatzkräfte konnten den Brand direkt vor Ort löschen.

Laut Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) gibt es Hinweise auf einen fälschlicherweise im Müll entsorgten Akku als Brandherd – schon wieder. Denn solche Szenarien sind alles andere als selten, berichten Experten und Unternehmen aus der Branche, und die Vorfälle häufen sich landesweit. Sie fordern ein Umdenken in der Bevölkerung und bei der Politik.

Akkus oder Batterien im Müll: „Ein echtes Risiko“

Abgebrannter Müll in einem Müllfahrzeug in Schönberg.

Immer wieder brennt in Schleswig-Holstein der Abfall in Müllfahrzeugen und auf Recyclinghöfen. Der Grund sind häufig illegal entsorgte Akkus und Batterien.

Abfallentsorgungsbetriebe aus allen Kreisen und kreisfreien Städten im Land haben NDR Schleswig-Holstein berichtet, dass die Probleme durch falsch entsorgte Batterien und Akkus im Müll seit einigen Jahren zunehmen. In manchen Regionen sei es zuletzt deutlich häufiger als in den Vorjahren zu Bränden in Müllfahrzeugen, aber auch in Sortieranlagen, Wertstoffhöfen und Müllverbrennungsanlagen gekommen – ausgelöst durch Akkus oder Batterien, die sich im Müll entzündeten. Landesweit erhobene Zahlen gibt es nicht, allerdings bestätigte auch Volker Arp vom Landesfeuerwehrverband diese Entwicklung. Er unterstreicht die Brandgefahr von Akkus und Batterien im Müll.

Vier von fünf Bränden wegen Lithium-Ionen-Akkus

Laut dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) brennt es deutschlandweit täglich rund 30 Mal in Müllfahrzeugen, Recyclinghöfen und Abfallbehandlungsanlagen. Schätzungen zufolge werden rund 80 Prozent dieser Brände durch Lithium-Ionen-Akkus oder Lithium-Batterien ausgelöst. „Hochgerechnet bedeutet dies, dass auch in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein praktisch wöchentlich mehrere derartige Vorfälle auftreten“, schreibt der BDE auf NDR Anfrage.

Regelmäßig Brände in ganz Schleswig-Holstein

Beispiele für Brände, die auf entzündete Akkus und Batterien zurückzuführen sind, gibt es laut den Berichten der Abfallwirtschaftsbetriebe aus fast allen Regionen. Die entsprechende Liste ist lang. So teilt die Abfallwirtschaft Dithmarschen (AWD) mit, dass es in ihren Anlagen und in der Müllverbrennungsanlage „wöchentlich, teilweise täglich“ zu Bränden komme. Auch im Müllheizkraftwerk Stapelfeld im Kreis Stormarn wird ein deutlicher Anstieg an Bränden in Müllbunkern und Sortieranlagen verzeichnet. In der Lübecker Abfallbehandlungsanlage kommt es nach Angaben der Betreiber zu 20 bis 30 Bränden im Jahr, die nachweislich durch beschädigte oder unsachgemäß entsorgte Akkus ausgelöst wurden.

Weshalb Batterien und Akkus so schwer zu löschen sind

Ein Feuerwehrmann löscht brennenden Müll.

Immer wieder muss die Feuerwehr im Land anrücken, weil es aus Müllfahrzeugen qualmt. Häufig stecken Batterien oder Akkus hinter den Bränden.

In den Müllfahrzeugen wird der eingesammelte Hausmüll unter hohem Druck stark zusammengepresst. Dabei können gerade Lithium-Ionen-Akkus und Lithium-Batterien aufplatzen und der säurehaltige Inhalt auslaufen – kommt dieser mit Sauerstoff in Kontakt, entzündet er sich selbst und es brennt, wie Volker Arp erklärt. Dabei entstehen außerdem giftige Gase, eine Gefahr für Mitarbeiter und Einsatzkräfte.

„Durch die Selbstentzündung ersticken sie nicht, sondern sie brennen immer weiter.“ Solche Fälle seien besonders schwer zu löschen: „Das hört nicht auf, bis alles in diesem Akku komplett abgebrannt ist. Das kann zu stundenlangem Feuer führen“, sagt Arp. Außerdem kann sich das Feuer durch den umliegenden Müll im Fahrzeug, Recyclinghof oder Müllbunker schnell ausbreiten.

Neben der Sicherheit ist auch die Ressourcenschonung ein wichtiger Punkt: Akkus und Batterien enthalten in der Regel seltene Metalle wie Lithium, Nickel und Kobalt. Gelangen sie in den Hausmüll und somit in die Verbrennung, könnten sie nicht recycelt werden, kritisieren die Stadtwerke Neumünster (SWN). Ökologisch gesehen sei das äußerst bedenklich.

Laut WZV stellen brennende Akkus und Batterien außerdem eine Umweltbelastung dar. Viele von ihnen enthalten Schadstoffe wie Blei oder Quecksilber, die beim Brand freigesetzt werden.

Verschmorte Lithium-Akkus aus einem Elektro-Fahrrad liegen auf einem Tisch.

Ob E-Bike, Werkzeug oder Powerbank: Immer wieder geraten Lithium-Ionen-Akkus in Brand. Wie kann man das vermeiden?

Entsorger vermuten Bequemlichkeit oder Faulheit

Einen Grund für den jüngsten Anstieg sehen die Entsorgungsunternehmen in der Industrie. In immer mehr Produkten sind Batterien und Akkus verbaut, wie die Abfallwirtschaft im Kreis Schleswig-Flensburg (ASF) erklärt. Somit steige auch das Risiko, dass diese Produkte früher oder später in den Hausmüll geworfen werden.

Weshalb das letztlich passiert, lässt sich nicht genau sagen. „Vermutlich aus Bequemlichkeit oder aus mangelndem Problembewusstsein“, vermutet der WZV. Auch andere Entsorgungsbetriebe bestätigen diese Entwicklung. Teilweise passiere das auch unbewusst, denn vielen sei gar nicht klar, wo überall Akkus oder Batterien drin stecken würden, so die ASF.

Ein kleiner Akku, beispielsweise in einer Glückwunschkarte mit Musik, reicht aus. Durch mechanische Reibung kann es jederzeit zur Durchzündung kommen.

Wege-Zweckverband im Kreis Segeberg

Eine Auflistung des BDE zeigt, dass Batterien und Akkus nicht nur in offensichtlichen Produkten wie Smartphones, Akkuschrauber, Powerbanks oder E-Bike-Akkus verbaut sind. Auch hier können sich kleine Zellen verstecken:

  • Solarleuchten
  • Glückwunschkarten mit Musik
  • Taschenlampen und andere mobile Lichtquellen
  • elektronische Spielzeuge
  • E-Zigaretten und Vapes
  • Bluetooth-Kopfhöhrer
  • elektrische Zahnbürsten

Verbot von Einweg-E-Zigaretten gefordert

Christian Schmitt vom Abfallwirtschaftsbetrieb in Kiel (ABK) sieht in einen Anstieg der Vorfälle, seitdem E-Zigaretten und Vapes auf dem Markt sind. „Wir haben in der Vergangenheit, wo es diese E-Zigaretten noch nicht gab, nie diese Vorfälle beobachten können.“ Seitdem sie im Umlauf sind, gebe es ein „gebündeltes Auftreten“ an Bränden, so Schmitt. Nach dem Löschen habe man häufig E-Zigaretten am Brandherd finden können. „Das ist schon auffällig gewesen“, sagte er.

Vor allem Einweg-E-Zigaretten landen laut Entsorgern immer häufiger im Hausmüll oder in öffentlichen Abfalltonnen landen. „Es ist sprichwörtlich ein Wegwerfartikel – wie die klassische Kippe. Das ist ein Problem“, schreiben die SWN dazu.

Die Abfallwirtschaftsbetriebe, der Branchenverband BDE, der Landesfeuerwehrverband sowie Umweltverbände drängen deshalb auf ein zügiges Verbot von Einweg-E-Zigaretten in Deutschland. Auch Schleswig-Holsteins Landesregierung macht sich stark dafür. Der Bundesrat hat den Weg bereits vergangenes Jahr geebnet, wann das Verbot allerdings kommen könnte, ist nicht bekannt. Umwelt-Staatssekretär Joschka Knuth (Grüne) fordert auf Nachfrage von NDR Schleswig–Holstein mehr Tempo vom Bund: „Ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten ist überfällig.“

„Schäden zahlt die Allgemeinheit“

Akkubrände im Müll seien nicht nur eine Gefahr für Menschen, sie sorgen auch für große Schäden, berichten Entsorgungsunternehmen. Im November 2024 sorgte ein vermutlich falsch entsorgter Laptop-Akku für einen Brand im Müllbunker des Müllheizkraftwerks in Tornesch im Kreis Pinneberg. Das Feuer verursachte laut GAB Umweltservice einen Schaden von fast 100.000 Euro. Ein Großbrand in einer Müllsortieranlage in Niebüll im Kreis Nordfriesland hat laut BDE im April vergangenen Jahres einen Schaden von rund einer Million Euro verursacht.

Oberflächliche Sichtkontrollen, bevor der Müll eingesammelt oder weiterverarbeitet werde, seien so gut wie nicht möglich, heißt es vom Wege-Zweckverband im Kreis Segeberg (WZV). Viele Betriebe setzen deshalb nach eigenen Angaben auf teure Brandschutztechnik, um so früh wie möglich einen Brandherd in den Anlagen zu erkennen. Und trotzdem sind die meisten Brände kaum abzuwenden. Fallen dadurch Fahrzeuge komplett aus oder müssen Sortieranlagen tagelang gestoppt werden, kann das zu hohen Kosten für die Unternehmen führen.

Die Feuerwehr löscht einen Brand im Recyclinghof im Kreis Ostholstein.

Ein Großbrand im Recyclinghof in Neuratjensdorf vor einigen Jahren. Der Zweckverband Ostholstein vermutete auch hier damals Lithium-Ionen-Akkus als Brandursache.

Appell an alle: Elektroschrott richtig entsorgen

Laut Umweltbundesamt wird bundesweit nur etwa die Hälfte der handelsüblichen Batterien und Akkus korrekt entsorgt. Der Rest lande häufig im Abfall oder in der Natur. Die Abfallentsorger wünschen sich deshalb einen bewussteren Umgang mit Müll. Sie appellieren an die Bevölkerung, Akkus, Batterien und Altgeräte, in denen sie verbaut sind, unbedingt fachgerecht und nicht im Hausmüll zu entsorgen. „Die richtige Sortierung bereits zu Hause ist entscheidend“, so die Abfallwirtschaft in Rendsburg.

Batterien und Akkus dürfen nicht im Hausmüll oder in öffentlichen Abfallbehältern entsorgt werden. Viele Supermärkte, Baumärkte, Drogerien und Discounter bieten Sammelstellen zur Entsorgung an. Auch an jedem Wertstoff- oder Recyclinghof können sie kostenlos abgegeben werden. Gibt es in der Kommune Schadstoffmobile, nehmen auch sie Altbatterien entgegen.

Quelle: BDE

Alle Geschäfte, Supermärkte und Discounter, die Elektrogeräte im Angebot haben, nehmen Geräte bis zu einer Kantenlänge von 25 Zentimetern entgegen. In allen anderen Fällen müssen sie in den Wertstoff- und Recyclinghöfen der Kommunen abgegeben werden.

Wer Batterien oder Akkus illegal im Müll entsorgt und dabei erwischt wird, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. In Schleswig-Holstein droht laut Bußgeldkatalog eine Geldbuße bis zu einer Höhe von 1.500 Euro je nach schwere des Falls. Landen sogar E-Bike-Akkus im Hausmüll, können laut Batteriegesetz sogar Bußgelder bis zu 100.000 Euro fällig werden.

Der BDE hat die bundesweite Kampagne „Batterie: Brennpunkt“ gestartet, um mehr auf das Thema aufmerksam zu machen. Darin schlägt der Verband unter anderem ein Pfandsystem auf Batterien und Akkus vor. Dadurch sollen Anreize geschaffen werden, die Geräte nach Gebrauch zurückzugeben. Auch Abfallentsorger aus Schleswig-Holstein haben sich diesen Forderungen angeschlossen.

Elektrofahrrad

Immer wieder muss die Feuerwehr zu Bränden ausrücken, die durch Fahrrad-Akkus ausgelöst wurden. Was Experten raten.

Ein Mann in rotem Pullover und eine Frau in Feuerwehruniform mit Helm stehen vor einem roten Feuerwehrauto mit Blaulicht und Rauch im Hintergrund.

Im Podcast „Mein Einsatz“ sprechen Freiwillige Feuerwehrleute mit NDR Reporter Torben Hildebrandt und Feuerwehrfrau Theresa Balzer über Einsätze, die sich ins Gedächtnis eingebrannt haben.