Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt die Leitzinsen im Euroraum erneut unverändert. Der Einlagenzins bleibt damit bei 2,0 Prozent,
wie die EZB in Frankfurt am Main mitteilte. Das Umfeld sei „nach wie vor
außergewöhnlich unsicher, vor allem aufgrund von Handelskonflikten“, teilte die
Notenbank mit.

Vor allem die Regierungskrise in Frankreich schürt Unsicherheit. Die Sorge ist groß, dass die
Verschuldung der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft außer Kontrolle
gerät
. Die Risikoaufschläge für französische Staatsanleihen sind zuletzt deutlich
gestiegen: Die Rendite zehnjähriger französischer Anleihen liegt über
der von Papieren aus Griechenland. Neue Schulden werden für Frankreich
immer teurer. Die EZB verfügt zwar über Instrumente, um in Bedrängnis
geratene Euro-Staaten mit Anleihenkäufen unter die Arme zu
greifen. Dies setzt allerdings einen ungerechtfertigten und
ungeordneten Anstieg der Renditen voraus – etwa infolge größerer
Finanzmarktturbulenzen.

Der Wirtschaft im Euroraum traut die EZB in diesem
Jahr dennoch etwas mehr Wachstum zu als noch vor drei Monaten. Das
Bruttoinlandsprodukt in den 20 Ländern mit der Gemeinschaftswährung
dürfte im laufenden Jahr nach jüngster EZB-Prognose um 1,2 Prozent zulegen. Im Juni hatte die Notenbank noch 0,9 Prozent Wachstum vorhergesagt.

Schon im Juli hatte die EZB die Leitzinsen nicht angetastet – wegen der Unsicherheit im Zollkonflikt mit den USA, wie EZB-Präsidentin
Christine Lagarde damals erläuterte. Noch im Frühjahr hatten manche Notenbanker, gerade aus Südeuropa,
wegen Sorgen um die Konjunktur für weitere Zinssenkungen plädiert. Das Szenario
einer Eskalation im Zollstreit und eines Schocks für die Wirtschaft blieb jedoch aus.

Inflation nahe EZB-Zielmarke

Zuvor hatte die EZB
die Leitzinsen achtmal binnen eines Jahres herabgesetzt. Noch im
Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld
bei der EZB parken, doppelt so hoch bei 4,0 Prozent. Viele Ökonomen erwarten, dass die EZB
die Zinsen in diesem Jahr nicht mehr antastet: Die Inflation lag im August mit einer Teuerungsrate von 2,1 Prozent im Zielbereich der EZB. 

Der zeitweilig starke Anstieg der Inflation
wegen der Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die
Ukraine hatte die EZB in den vergangenen
Jahren zu starken Zinserhöhungen veranlasst, um die Teuerung
einzudämmen. Die Prognose der Zentralbank geht von einer Gesamtinflation von
durchschnittlich 2,1 Prozent in diesem Jahr aus, von 1,7 Prozent im Jahr
2026 und 1,9 Prozent im Jahr 2027. 

Niedrigere Leitzinsen stützen die Wirtschaft, da
Kredite für Unternehmen und Verbraucher damit tendenziell günstiger
werden. Sparer sind dagegen im Nachteil: Bekommen Banken weniger Zinsen
für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie zumeist die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kunden.

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