Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat die Ausladung der Münchner Philharmoniker mit ihrem designierten israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem belgischen Festival verurteilt. „Die Musiker, Besucher und Sponsoren des Festivals kommen aus aller Welt. Ausgerechnet der Dirigent aus Israel wird jedoch ausgeladen – das ist purer Antisemitismus“, sagte Prosor den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Veranstalter in Gent hätten nicht deutlicher machen können, „dass Juden dort unerwünscht sind“, sagte Prosor. „Ein Frontalangriff auf die Kunstfreiheit“ werde unter dem „Deckmantel der Israelkritik“ verborgen.
Das Flanders Festival Ghent hatte die kurzfristige Absage des für den 18. September geplanten Konzerts damit begründet, dass der in Tel Aviv geborene Shani auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra sei. Man sei deswegen „nicht in der Lage, für die nötige Klarheit über seine Haltung dem genozidalen Regime in Tel Aviv gegenüber zu sorgen“, hieß es auf der Homepage des Festivals.
Tatsächlich hat sich Shani mehrfach für einen Frieden in Gaza ausgesprochen und dirigierte Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra, das sich aus Israelis und Palästinensern zusammensetzt. Auch hat er keine öffentlichen Verbindungen zur israelischen Regierung. Letztere hat ihren Sitz – anders als in der Mitteilung des Festivals behauptet – nicht in Tel Aviv, sondern in Jerusalem.
Belgiens Premierminister kritisiert „beispiellose Forderung“
Auch der belgische Premierminister Bart De Wever verurteilte die Ausladung. „Jemandem allein aufgrund seiner Herkunft ein Berufsverbot aufzuerlegen, ist sowohl rücksichtslos als auch unverantwortlich“, schrieb De Wever auf X. Die Entscheidung habe dem Ansehen Belgiens schweren Schaden zugefügt.
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Die „beispiellose Forderung“, dass Künstler schriftliche Erklärungen zu ihren politischen Ansichten abgeben müssten, sei „beunruhigend“, sagte De Wever. Diese Entscheidung habe zurecht große Bestürzung ausgelöst. Auch der Regierungschef der Region Flandern Matthias Diependaele bedauerte die Entscheidung der Festivalorganisatoren.
„Nur, weil er israelischer Jude ist“
Der weltbekannte deutsche Pianist Igor Levit kritisierte die Ausladung ebenfalls deutlich. Er sei „wütend und erschüttert“, sagte er am Donnerstagabend in den ARD-tagesthemen. Die Ausladung Lahav Shanis „als israelischer Künstler und auch nur, weil er israelischer Jude ist“, bezeichnete er als kollektive Bestrafung für das gesamte Orchester. Man knicke ein vor dem „Druck der Straße“, sagte Levit. Dabei sei die Kernaufgabe von Kulturinstitutionen, Diskursraum zu sein, offen zu sein, zuzuhören, Menschen sein zu lassen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, schrieb in einem Newsletter seines Verbandes: „Ich halte die Ausladung für absolut falsch.“ Künstlerinnen und Künstler seien weder Diplomaten noch Politiker, ihr Arbeitsfeld sei die Kunst.
Die Münchner Philharmoniker gehören zu den führenden Orchestern Europas. Ab der Saison 2026/27 übernimmt Lahav Shani – geboren 1989 in Tel Aviv und einer der profiliertesten Dirigenten seiner Generation – die Position des Chefdirigenten. Das abgesagte Konzert in Gent sollte ein Höhepunkt der Europatournee des Ensembles werden.
Statt des Auftritts in Belgien haben die Münchner Philharmoniker und Shani nun einem Gastspiel am 15. September auf dem Musikfest Berlin zugesagt. Die Einladung sei als gemeinsame Initiative der Berliner Festspiele und der Stiftung Berliner Philharmoniker in Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin erfolgt, heißt es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Damit solle ein Zeichen gesetzt werden „für die verbindende Kraft der Kunst, die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaften in Europa und gegen Antisemitismus, Diskriminierung und den Boykott in Kunst und Wissenschaft“.
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Münchner Philharmoniker:
Das klingt grässlich