Offenes Verfahren und öffentliche Debatte – so entstand in Helsinki bereits die 2018 eröffnete, breit wahr- und angenommene Zentralbibliothek Oodi nach Plänen von ALA Architects. Nun hat ein weiterer Wettbewerb nach diesem Erfolgsrezept seinen Abschluss gefunden: Aus laut Juryprotokoll insgesamt 624 Einreichungen im internationalen Wettbewerb um den Neubau eines Architektur- und Designmuseums in Helsinki gingen JKMM Architects (Helsinki) als Sieger hervor. Ein Heimsieg für das 1998 gegründete Büro, das für Kulturbauten wie das Privatmuseum Amos Rex, das mit ILO geplante Dance House Helsinki, das Chappe in Tammisaari oder den finnischen Pavillon auf der Expo 2020 in Dubai bekannt ist. Aktuell arbeiten JKMM zudem an Erweiterungen des Finnischen Nationalmuseums und des Kunstmuseums Lillehammer. 

Für den 10.050 Quadratmeter umfassenden Neubau ist ein prominentes Grundstück am Südhafen vorgesehen: Die umgebende Uferzone wird derzeit nach einem Masterplan von White Arkitekter und KS2 Architects zur Kulturmeile transformiert. Bauherrin und Betreiberin ist das städtische, aus der Fusion zweier Institutionen hervorgegangene AD Museum. Diese hatte den offenen, zweistufigen Wettbewerb im April 2024 mit der Stiftung des Museums für Architektur und Design, der Stadt Helsinki und dem finnischen Architektenverband SAFA ausgelobt. Ende 2024 wählte die Jury unter Vorsitz des ehemaligen Direktors des Stadtplanungsamtes von Helsinki, Mikko Aho, eine Shortlist von fünf Entwürfen, die daraufhin im Netz öffentlich kommentiert werden konnten.

Seit gestern ist Phase Zwei des Verfahrens abgeschlossen. Folgende vier Preise und ein Ankauf wurden vergeben:

  • 1. Preis (60.000 Euro): „Kumma“ von JKMM Architects (Helsinki)
  • 2. Preis (35.000 Euro): „City, Sky and Sea“ von cossement cardoso (Lissabon)
  • 3. Preis (25.000 Euro): „Moby“ von Lopes Brenna (Chiasso)
  • 4. Preis (20.000 Euro): „Tyrsky“ vom finnischen Kollektiv Kertu Snäkin, Henri Vierimaa, Petra Matikka und Mintumeri Hirsimaa
  • Ankauf (10.000 Euro): „Tau“ von Atelier Orda (k.A.)

„Kumma“, so der Name, unter dem der Siegerentwurf im anonymen Verfahren geführt wurde, bedeutet seltsam, und tatsächlich wirkt der visualisierte Baukörper vor der Stadtsilhouette im Vergleich zu den anderen Shortlistkandidaten am wenigsten gefällig. Kompakt und niedrig gehalten, soll er die Aussicht vom Tähtitorninmäki-Park auf den Marktplatz und auf das Hafenviertel Katajanokka nicht stören. Die schrägen Wände und die massiven, dreieckigen Formen der Fassade aus rezyklierten Ziegeln setzen sich in Innenraum und Haupttreppenhaus fort. Die Ausstellungsetage wird als umlaufende Terrasse weitergeführt und bietet Ausblicke auf das Meer. 

Die Jury bezeichnete den Beitrag als selbstbewusst und hob die sorgfältige Berücksichtigung der betrieblichen Anforderungen des Museums sowie der Erfahrungen von Publikum und Mitarbeitenden hervor: Nach der neuerlichen Bearbeitung erscheine die Verbindung zur Stadt gestärkt und der Austellungsrundgang intuitiver gestaltet. Kritisch gesehen, hinsichtlich Nutzbarkeit und Zugänglichkeit, wurden die scharfen Kanten, die sich aus der dreieckigen Geometrie ergeben. Der geringe CO2-Fußabdruck des Gebäudes ergebe sich aufgrund der Verwendung von recycelten Materialien und kohlenstoffarmen Produkten. In der Haustechnik sah das Preisgericht weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Nachhaltigkeit, die aufgrund der Klimaziele Helsinkis im Fokus der Planung stehen. 

Sowohl die Stadt Helsinki als auch der finnische Staat haben sich verpflichtet, das Museum mitzufinanzieren. Mit zusätzlichen Spenden vier privater Stiftungen wurden die veranschlagten 150 Millionen Euro fast erreicht. Die Bauarbeiten für das Museum sollen 2027 beginnen, die Eröffnung ist für 2030 geplant. (kms)

Zum Thema:

Alle Hintergrundinfos zum Neubauprojekt gibt es auf admuseo.fi. Dort findet sich auch das Juryprotokoll, das neben ausführlichen Darlegungen zu den Shortlistkandidaten auch die stichpunktartige Wertung aller Einreichungen enthält. Wer darüber hinaus noch Bedarf an kurzweiliger Architekturkritik hat, kann via Helsinki Architecture Museum Competition dem Youtuber (und Ex-Chipperfield Mitarbeiter) Cathal Crumley beim fundierten bis launigen Kommentieren aller Beiträge beiwohnen.

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