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Seite 1Droht jetzt die nächste Eurokrise?
Seite 2Auf Deutschland kommt es an
Frankreich hat einen neuen Krisenmanager. Doch die aktuelle Krise hat das Land noch lange nicht überwunden. Dem neuen Premier Sébastien Lecornu fehlen kompromissfähige Verbündete, um dringend
nötige Einsparungen im französischen Haushalt oder höhere Einnahmen durchzusetzen. Eilig
sucht Lecornu nun nach neuen Mehrheiten im Parlament. Die Zeit drängt: Schon
an diesem Freitag droht dem französischen Staat neues Ungemach.
Die US-Ratingagentur Fitch will ihre Bonitätsbewertung für
Frankreich bekanntgeben. Bereits die ganze Woche über fieberte das Land darauf hin. In den Medien wurden zumeist pessimistische Prognosen dazu abgegeben: Finanzanalysten sind skeptisch. An den Märkten wird mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit gerechnet. Wegen seiner hohen Schulden steht das Land schon länger unter
besonderer Beobachtung. Nun könnte sich Frankreichs Finanznot weiter
vergrößern. Die Entwicklung weckt schlimme Befürchtungen. Wird das Land zum Risiko
für den Euroraum? Droht gar eine neue Schuldenkrise, wie um das Jahr 2010 herum,
als Griechenland mit Milliardenkrediten und Garantien der anderen EU-Länder vor der Staatspleite bewahrt wurde?
Bislang bewertet Fitch Frankreich mit AA-, dem viertbesten Rating. Der Ausblick aber wurde bereits als negativ eingestuft. Sinkt
Frankreichs Kreditwürdigkeit wie erwartet, müsste der französische Staat Investoren für den
Kauf von Staatsanleihen künftig höhere Risikoaufschläge zahlen. Die Zinslast im Haushalt würde
steigen.
Schon vor der Vertrauensabstimmung im Parlament und dem
Regierungssturz Anfang der Woche reagierten Anleger nervös. Der Zinssatz für
zehnjährige Anleihen stieg zwischenzeitlich auf mehr als 3,5 Prozent und lag damit 0,8 Prozentpunkten über der Rendite für die als besonders
sicher geltende deutsche Bundesanleihe. Inzwischen muss Frankreich damit fast so hohe Zinsen für
seine Anleihen zahlen wie Italien. Frankreich sei
nun, so kommentierte eine italienische Zeitung genüsslich, „das kranke Kind
Europas“.
© ZEIT ONLINE
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Von Panik an den Finanzmärkten kann jedoch noch keine Rede sein. Trotzdem blicken Ökonomen mit Sorge auf die aktuelle Entwicklung.
„Die Reaktion der Märkte ist noch verhalten, obwohl völlig
unklar ist, wie ein Ausweg für Frankreich aussehen könnte“, sagt Florian
Heider, Leiter des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE. Ohne
Reformen drohten Schuldenstand und Zinsbelastung weiter zu steigen.
Frankreich trägt mit rund 3,4 Billionen Euro in absoluten Zahlen die höchsten Schulden in ganz Europa. Relativ zum Bruttoinlandsprodukt steht das Land zwar immer noch besser da
als Griechenland und Italien. Mit 114 Prozent hat Frankreich aber
immerhin die dritthöchste Schuldenquote in der Eurozone. Bis
2030 könnte Frankreichs Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nach
einer Prognose
des Internationalen Währungsfonds sogar auf über 128 Prozent
steigen.
Seit Jahren verfehlt Frankreich damit die
europäischen Schuldenregeln. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent.
Eigentlich sind maximal drei Prozent vorgesehen. Die EU hat deshalb bereits im
Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet, Auflagen inklusive.
Die gestürzte französische Regierung wollte 44 Milliarden Euro einsparen und so
das Staatsdefizit auf unter 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Doch die Minderheitskoalition
von Premier François Bayrou scheiterte mit ihren Sparplänen im Parlament.