Im Regierungsviertel ist eine zeitgemäße Anpassung des Tempos der Bürokratie an die Erfordernisse des modernen Wirtschaftslebens schon seit dem geplatzten Tunesien-Deal im Mai ein Thema.
Eine entsprechende Adaptierung des Kriegsmaterialgesetzes ist nicht das einzige sensible Thema, das einige Auskenner im Regierungsviertel in Sachen „Rearm Europe“ und neue Marktchancen für Österreich umtreibt. Seit dem Eurofighter-Skandal sind auch Gegengeschäfte bei Kauf von Rüstungsgütern durch Österreich derart in Verruf, dass das Verteidigungsministerium die Finger davon lässt. Ein hochrangiger Wirtschaftsmann sagt: „Dadurch entgeht uns nicht nur sehr viel mögliches ziviles Geschäft. Wir haben auch bei einigen Herstellern schlechtere Bedingungen oder das Nachsehen“.
Auf Initiative von Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung, brütet daher gerade eine kleine Arbeitsgruppe angeführt vom Milizbeauftragten des Bundesheeres, Generalmajor Erwin Hameseder, im Zivilberuf Raiffeisen-Generalanwalt, und Wirtschaftskammer-Vizepräsident Wolfgang Hesoun, Ex-Siemens Chef und SPÖ-Netzwerker, über neuen Spielregeln für Gegengeschäfte bei Rüstungsdeals.
Einer der Mitdenker und Eckpfeiler des Projekts: Wolfgang Peschorn, parteiübergreifend gut beleumundeter Chef der Finanzprokuratur. Peschorn soll auch bei der praktischen Umsetzung Gegengeschäfte ohne auch nur den Anschein von unsauberen Praktiken und Korruption garantieren.
Wunschszenario auch von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Innen-, Verteidigungs- Wirtschafts- und last but not least Finanzministerium gründen eine eigene ausgelagerte Beschaffungsbehörde, die Beschaffungen samt Gegengeschäften abwickelt. „Am besten wäre es, wenn bei so einer ausgelagerten und damit effizienten Behörde auch gleich die Rüstungsexportgenehmigungen angesiedelt werden“, ergänzt ein beteiligter Insider.
Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn sprach die heiße Kartoffel Rüstungsexporte im Kreis der österreichischen Botschafter im Ausland jüngst auch erstmals in einem größeren Kreis offen an. Diese sind dafür bei Auftraggebern vor Ort oft die ersten Ansprechpartner und bisweilen auch die Klagemauer für gescheiterte Deals. „Meine Rolle ist es, alles etwas einfacher zu machen. Wir müssen uns daher dringend der Frage widmen, wie novellieren wir das Kriegsmaterialgesetz“, so Schellhorn bei der jüngsten Botschafterkonferenz.
Im kleinen Kreis machte der umtriebige gelernte Unternehmer zudem deutlich, dass es ihm nicht nur um schnellere Entscheidungen bei Waffenexporten, sondern auch um den Abbau von unnötigen Hürden und hartnäckigen Tabus geht. Schellhorn: „Es ist doch absurd, dass beispielsweise Hersteller von Gummireifen nicht bei Aufträgen für den Bau des Pandurpanzer mitbieten dürfen, weil einige Angst davor haben, dass damit das Thema Neutralität aufgemacht wird.“