Am Telefon reagiert Thomas Vollmer überrascht. Dass der Papst persönlich „seine“ Wallfahrtskirche St. Maria in der Kupfergasse in Kölner Innenstadt zum Jubiläum in einem Brief mit lobenden Worten gewürdigt hat, war ihm noch gar nicht bekannt. Umso größer ist die Freude des Wallfahrtsrektors: „Wir fühlen uns hoch geehrt“, erklärt der Pastor – und das ist auch durchs Telefon zu hören.
Anziehungspunkt der Wallfahrtskirche, die in diesen Tagen ihr 350-jähriges Bestehen feiert, ist eine Schwarze Madonna. Das Gnadenbild aus dunklem Holz zu besuchen und dort etwa eine Kerze anzuzünden, ist bei Wallfahrern aus Köln und Umgebung sehr beliebt: „Nach dem Kölner Dom sind wir die Kirche mit dem höchsten Opferkerzenverbrauch in Köln und Umgebung“, erklärt Vollmer gegenüber katholisch.de. Sogar das Kölner Dreigestirn stattet dem Gotteshaus traditionell an Karnevalssonntag einen Besuch ab.
Im Krieg aus dem Feuer gerettet
Im 17. Jahrhundert waren fünf Ordensschwestern der Unbeschuhten Karmelitinnen aus den Niederlanden nach Köln gekommen und hatten in der Kupfergasse ein Kloster gegründet. Im Zuge dessen wurde auch eine Gnadenkapelle errichtet und am 8. September 1675 geweiht. Seitdem ist dort die Schwarze Madonna ausgestellt. Die Kapelle sollte an den italienischen Wallfahrtsort Loreto erinnern, der der Heiligen Familie gewidmet ist. Menschen, die nicht dorthin reisen konnten, sollten vor der Madonna in der Kölner Kupfergasse beten können. Was heute von außen sichtbar ist, ist eine Wallfahrtskirche im niederländischen Ziegelsteinbarock, die wenige Jahrzehnte später über der ursprünglichen Kapelle erbaut wurde. Im zweiten Weltkrieg brannte die Kirche nieder. Nur die Madonna überlebte: „Eine Cellitin, deren Ordensgemeinschaft sich inzwischen in dem früheren Karmelitinnen-Kloster angesiedelt hatte, rettete die Statue unter Einsatz ihres Lebens aus dem Feuer“, weiß Vollmer.
Höhepunkt und Abschluss einer jetzt laufenden Festwoche in dem nach dem Krieg wieder aufgebauten Gotteshaus ist ein Pontifikalamt am Sonntag (14.9.) um 18 Uhr mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und dem emeritierten Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn. Letzteren hatte Leo XIV. in genanntem Brief zu seinem offiziellen Gesandten für die Jubiläumsfeierlichkeiten ernannt. Nach dem Gottesdienst tragen die Gläubigen die Madonna in einer Prozession durch das angrenzende Viertel bis zum Gereonsdriesch, einem Platz, auf dem sich eine Mariensäule befindet. Während der Prozession spendet Kardinal Schönborn den päpstlichen Segen. Außerdem stehen auf dem Jubiläumsprogramm abendliche Hochämter in lateinischer Sprache, weitere Andachten und Gottesdienste mit Gastpredigern, Beichtgelegenheiten, Bläsermusik und ein Vortrag zur „Bedeutung der Gottesmutter am Ende der Zeit“.
Leo XIV. nennt die Schwarze Madonna der Kölner Kupfergasse in seinem Schreiben ein „berühmtes Marienheiligtum“. Es ziehe „in der alten Stadt Köln im geliebten Deutschland“ Scharen von Gläubigen an und werde mit frommer Hingabe verehrt. Er bete darum, dass die Madonna den Menschen „einen aufrichtigen, starken und unantastbaren Glauben an Christus, den Herrn, ihren Sohn, erwirken möge“. Die Wallfahrtskirche werde „zu Recht als das Herz der berühmten Stadt und Erzdiözese Köln bezeichnet“. Damit spielt der Papst auf Worte des früheren Kölner Kardinal Josef Frings an, der den Kölner Dom einmal als Haupt, Maria in der Kupfergasse aber als Herz der Erzdiözese bezeichnet haben soll.
Wallfahrtsdirektor Vollmer sieht in den Glückwünschen einen Hinweis auf eine Affinität Leos XIV. zu Maria. Anzeichen dafür waren Vollmer schon bei der ersten öffentlichen Ansprache des neuen Papstes nach seiner Wahl am 8. Mai aufgefallen. Damals hatte Leo XIV. nicht nur über Frieden und die Einheit der Kirche gesprochen, sondern seine Worte mit einem Ave Maria abgeschlossen.
Madonna mit päpstlicher Krone
Dass ein Papst höchstpersönlich die Schwarze Madonna würdigt, passiert nicht zum ersten Mal. Vor 100 Jahren, so berichtet Pastor Vollmer, habe Papst Pius XI. der Madonna eine Tiara in Form der päpstlichen Krone gestiftet. Sie sei dann vom damaligen Kölner Erzbischof und Kardinal Joseph Schulte gekrönt worden.
Vor allem bei zwei Gruppen von Menschen sei Maria in der Kupfergasse beliebt, erklärt Vollmer: Da seien einerseits locker mit der Kirche verbundene Katholiken oder auch internationale Besucher. Sie besuchten zwar nicht unbedingt regelmäßig die Gottesdienste, schauten mit ihren Anliegen aber gern in der Kirche mitten in der belebten Innenstadt vorbei. Nicht umsonst steht im Torborgen am Eingang des Kirchengeländes gut sichtbar: „Gehe nicht vorbei ohne ein Ave zu beten„.
Als weitere Gruppe identifiziert Vollmer „glaubenstreue, meist konservative Katholiken“, die mit der Kirche eng verbunden seien, weil sie die Art der Liturgiefeier mögen: „Wir feiern hier zwar nicht die tridentinische Messe, aber doch Liturgie in traditionellem Rahmen“. Dazu gehören Hochämter in lateinischer Sprache, die Predigt von der Kanzel und ein Hoch- statt einem Volksaltar, an dem der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde zelebriert. Diese Mischung ziehe Gläubige weit über die Stadtgrenzen von Köln hinaus an. An jedem Werktag gibt es zwei, an Sonntagen sogar bis zu fünf Messen. „Manche belächeln uns für diesen Weg und bezeichnen ihn als gestrig. Aber ich bin überzeugt, dass auch künftig in der Tradition ein Weg der Kirche liegt“, ist Pastor Vollmer überzeugt. Mit der Festwoche wird er in den Ruhestand verabschiedet. Um ein lebendiges Glaubensleben scheint sich Maria in der Kupfergasse aber auch in der Zukunft nicht sorgen zu müssen – und der aktuelle Papstbrief dürfte dabei wohl noch unterstützen.