In Zukunft finden Besuchende des Cospudener Sees für ein erfrischendes Bad wahrscheinlich mehr Parkmöglichkeiten. Ob die Erholung aber die gleiche bleibt, ist fraglich. Denn ein Flecken Natur und Waldbewohner sollen dafür vertrieben werden. Sie sollen Beton weichen, der Automobilen als Habitat dienen wird.

Nach über zehn Jahren Streit im Markkleeberger Stadtrat wurde der entscheidende Schritt zur Umwandlung des Waldgebietes am Hafen in einen vergrößerten Parkplatz vor einigen Wochen gegangen. Mit dem Beschluss zur Zustimmung zum neuen Flächennutzungsplan in der Stadtratssitzung am 25. Juni fiel die bisher wichtigste Entscheidung in diesem Prozess. In der Hafenstraße hinterm Pier 1, offiziell Hafen Zöbigker genannt, sollen circa 1,3 Hektar Wald verschwinden.

Bereits 2010 gab es erste Berechnungen der Stadtverwaltung über einen Parkplatzmangel am Hafen vom Cospudener See. Vermeintlich zu wenige Menschen können den See von Markkleeberger Seite aus erreichen. Wie aus dem Flächennutzungsplan hervorgeht, soll der ergänzende Parkplatz die dort bereits vorhandenen Parkplätze durch eine zweite großräumige Fläche verbinden – und Wald gerodet werden. Dabei ist die Studienlage zum Parkplatzbedarf alles andere als geklärt: Der Markkleeberger Grünen-Fraktionsvorsitzende Eric Peukert bemängelt, dass die Berechnungen der Stadt auf vereinzelten Zählungen an stark besuchten Tagen basierten. »Den Gutachten, die von Büros von Verkehrsplanern erstellt wurden und nach eingängiger Methodik Zählungen durchführten, möchte ich als Laie keine Inkompetenz aussprechen«, sagt der Markkleeberger Oberbürgermeister Karsten Schütze (SPD) auf Nachfrage.

Die Grünen haben, ebenso wie der Leipziger Umweltbund Ökolöwe, jahrelang gegen den Parkplatz demonstriert. Die umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwen Božena Nawka erklärte im Gespräch mit dem kreuzer, dass die besagte Waldfläche »ein Refugium für verschiedene Tier- und Pflanzenarten« ist, deren Habitate durch die Rodung zerstört würden. Der Biotopverbund, der es den Tieren ermögliche, zwischen städtischen Grünflächen und dem Umland zu wandern, werde dadurch beeinträchtigt.

Die Kritik an den Plänen ist aber keineswegs lediglich ein Projekt der Grünen. Peukert berichtet von fraktionsübergreifenden Stimmen, die das Vorhaben kritisieren. Auch in der Abstimmung im Stadtrat, bei der 14 Personen für und 6 Personen gegen den neuen Flächennutzungsplan gestimmt haben, waren unter anderem CDU-Mitglieder in der Opposition.

Grünenpolitiker Peukert geht davon aus, dass die Stadt besonders aufgrund der Anwohnerbeschwerden über Wildparkende im Sommer Druck hat, das Vorhaben durchzubekommen. Oberbürgermeister Schütze spricht von einer erhöhten Anzahl an Parkverstößen an Hitzetagen und einem hohen Beschwerdeaufkommen der Anwohnerinnen und Anwohner. Auch auf Nachfrage nennt er dazu jedoch keine konkreten Zahlen.

Nawka vom Ökolöwen hingegen meint: »Ich denke, dass vor allem der touristische Aspekt eine große Rolle spielt und weniger, dass dort die Anwohner klagen.« Sie vermutet einen Zusammenhang mit derzeitigen Planungen zu einem neuen wassertouristischen Nutzungskonzept für die Region, an denen auch die Stadt Leipzig beteiligt ist (s. kreuzer 07/2020). Das sei besonders deshalb zu kritisieren, weil der See schon jetzt einem hohen Nutzungsdruck durch den Tourismus unterliege. Auch Eric Peukert spricht von Absprachen zwischen dem Hafenbetreiber Pier 1 und der Stadt Markkleeberg, die Einfluss auf den Prozess genommen hätten. Geplant sind auf dem Parkplatzgelände unter anderem neue Busstellplätze, für den Hafenbetreiber ist der Halt von Reisebussen dort denkbar attraktiv.

Oberbürgermeister Schütze bestätigt die Gespräche mit dem Hafenbetreiber. Inhalt war jedoch laut ihm ein »bauordnungsrechtlicher Missstand am Hafenbereich«. Da der Hafenbereich mit Stellplätzen »überfrachtet« sei, sollen 56 Stellplätze aus dem Hafenbereich in den Waldparkplatz verlegt werden. Diese Absprachen seien aber »keine Grundlage von Planungen«, so Schütze.

Zuvor hatte der Sachverhalt hitzige Diskussionen im Markkleeberger Stadtrat ausgelöst. Während die Grünen der Stadt Intransparenz im Prozess um den Flächennutzungsplan vorwerfen, äußerte Daniel Kreusch, Pressesprecher der Stadt Markkleeberg, Unzufriedenheit mit der Kommunikationsstrategie der Grünen. Die Grünen hätten fälschlich vermittelt, der Flächennutzungsplan bedeute direkt die Bebauung, teilte Kreusch dem kreuzer mit. Das sei aber ein planerischer Zwischenschritt. Die Anschuldigung weist Eric Peukert zurück. »Wenn das Herr Kreusch so darstellt, ist das unfair.« Die Grünen hätten der Stadt einen Kompromissvorschlag gemacht, der ignoriert worden sei.

Der Vorschlag aus dem Frühjahr 2024 präsentiert zwei Varianten, die durch einen Ausbau des Parkplatzes Cospudener See Hafen 50 bis 110 zusätzliche Parkplätze bei weitaus geringerem Waldverlust schaffen könnten. Der Parkplatz würde dann allerdings nicht, wie von der Stadt geplant, bis unten an den Hafen reichen.

Der neue Flächennutzungsplan ist zwar ein entscheidender Schritt im Prozess, vorerst fehlt aber noch der Bebauungsplan. Erst wenn über diesen ebenfalls im Stadtrat abgestimmt wird, stehen konkrete Details zu Umfang und Umständen des Bauvorhabens fest. Nach Angaben des Oberbürgermeisters Schütze wird der Bebauungsplan derzeit erarbeitet, eine zeitliche Prognose für dessen Fertigstellung sei jedoch nicht möglich. Ersatzflächen zum Ausgleich des Waldverlustes habe die Stadt bereits vor Jahren in den Orten Frohburg und Kitzscher im Landkreis Leipzig gepflanzt.

Grünenpolitiker Peukert ist optimistisch, eine Kompromisslösung mit der Stadt zu finden, die weniger Waldrodung zur Folge hat. Grundlage dafür müsse aber sein, die Markkleeberger Bevölkerung in den Prozess des Bebauungsplans miteinzubeziehen. Er wünscht sich dazu eine Bürger:innenbefragung. Sollte der Stadtrat den Bebauungsplan wider Erwarten ohne die gesellschaftliche Beteiligung beschließen, kündigten Grüne und Ökolöwen bereits Protestaktionen an.