Nils Strassburg, Elvis-Darsteller mit eigener Show, schlüpft in die Rolle des Idols, des „King of Rock’n’Roll“. Foto: Friedrichsbau Variete/Alexandra Klein
Im Friedrichsbau Varieté wird Nils Strassburg von Artisten umwirbelt – gemeinsam erzählen sie die Geschichte des „King of Rock’n’Roll“.
Elvis hatte einen Bruder, einen Zwilling, Jesse Garon war sein Name. Jesse kam tot zur Welt und Elvis Aaron Presley lebte. In der großen Elvis Show des Friedrichsbau Varietés ist Jesse ein Engel mit arg zerflatterten weißen Flügeln und einem schrägen Sinn für Humor, der seinen kleinen Bruder mitfühlend, ironisch, allwissend durch ein Leben begleitet, das auch nur 42 Jahre währen sollte.
Nils Strassburg, Elvis-Darsteller mit eigener Show, schlüpft in die Rolle des Idols, des „King of Rock’n’Roll“ und Ruben Dietze ist Jesse. „Mein Bruder hat ja schon ziemlich viel Scheiße gebaut“, sagt dieser Jesse. „Aber in seinem tiefsten Innern hatte er ein gutes Herz.“
Nils Strassburg rockt das Friedrichsbau Varieté. Foto: Friedrichsbau Variete/Alexandra Klein „Legendary: Elvis“ heißt die neue Show im Friedrichsbau Varieté
„Legendary: Elvis“, die neue Show des Friedrichsbau Varieté, entpuppt sich als weitaus mehr als eine bloße Revue, die Hits aneinanderreiht. Zwischen Nils Strassburgs verblüffenden, mitreißenden Interpretationen der Elvis-Songs erzählt der Abend, von Ralph Sun inszeniert, auch von einem Menschen, der kämpfte, sich überforderte, mit seinem kolossalen Ruhm nur schwer zurecht kam. Das geschieht über die Randbemerkungen, die Engel Jesse einstreut. Im Mittelpunkt aber steht ganz und gar das Phänomen Elvis – das an diesem Abend auch das Phänomen Nils Strassburg ist, der jeden Ton seines Vorbildes mit lebhafter Präzision trifft und den „King“ in seiner Musik, seinen Posen, seinem Glamour wiederauferstehen lässt.
Hinzu kommen die Show-Acts, die auf ihre Weise Elvis‘ Geschichte miterzählen. In der ersten Hälfte der Show erlebt man die ukrainischen Akrobaten Oleksii Filippov und Sofia Mezentseva, mit ihrer „Partner acrobatic“, die sich als Liebespaar immer weiter aufwärts strecken, inspiriert von der Hitzigkeit der Elvis-Songs. Valerie Sealey aus den USA jongliert mit einem Paddel und wirkt wie ein Pin-up Girls aus langvergangenen Tagen. Sie trägt einen rotweiß karierten Büstenhalter, einen kurzen blauen Wollrock, und wenn sie ihr Paddel über die Schulter legt und ein Bein sehr weit hebt, wird ihr Rock noch kürzer.
Nils Strassburg als Elvis – „Are you lonesome tonight“
Elvis kam als GI nach Deutschland, nicht weil er musste, sondern weil die Wellen sexueller Erregung um seine Person in seiner Heimat so hoch schlugen, dass sein Manager, Colonel Parker, um das Image seines Schützlings fürchtete. Nun spaziert der König des Rock’n’Roll in Uniform durchs Stuttgarter Varieté und singt noch einmal sein „Wooden Heart“, auf Englisch und Deutsch („Muss i denn“): Ein Höhepunkt der Show – neben vielen: Nils Strassburg singt auch „Are you lonesome tonight“ und „Jailhouse Rock“, „In the Ghetto“ und „Hound Dog“. Er tauscht die weißen, schwarzen Glitzeranzüge, kehrt zurück als „Trouble Guitar Man“ in schwarzem Leder – und wird immer umtanzt von den Vegas Showgirls aus Großbritannien: Ellie Wolfenden, Laura Walsh, Tamara Studholme heißen sie und treten auf mit gewaltigen weißen Pelzhauben, in hautengen bunten Batikanzügen, in luftigen, pastellfarbenen Seidenkostümen.
Die Musik, die nach Elvis kam, spielt ebenfalls ihre Rolle. Wenn Oleskii Filippov sich zu Beginn des zweiten Showteils mit ungeheurer Kraft und Leichtigkeit, mit ausgetreckten Armen geradewegs an einer hohen Stange in den Himmel zieht, dann hört man „Stairway to Heaven“. Wenn Elvis im Rausch des Erfolgs den Kontakt zur Wirklichkeit zu verlieren droht, dann wirbelt Valerie Sealey im Dunkel Stäbe umher, die in psychedelischen Farben glühen, und Jim Morrison singt: „Break on through to the other Side“. Und wenn Jesse vom Ende seines Bruders erzählt, von den vielen Shows, die er Tag für Tag in Las Vegas gab, den Tabletten, die ihn wach hielten, den Tabletten, die ihn schlafen liefen – dann huscht die Schweizer Artistin Katharina Dröscher übers Seil dahin, dreht sich noch einmal und noch einmal, traumhaft sicher – und Bryan Ferry raunt sein Gebet vom leeren Luxus, Roxy Music spielen „In every Dream Home a Heartache“.
Der König ist tot, der König lebt: Schon steht er wieder da, im alten Glanz – Nils Strassburg rockt das Varieté mit „Burning Love“, „Suspicious Minds“, verabschiedet sich zuletzt sanft und stolz mit „My way“.