Die Zahlen sind alarmierend: Immer häufiger machen Tierhasser mit Giftködern Jagd auf Hunde in Sachsen. Eine Auswertung zeigt nun, wo es für die Vierbeiner besonders gefährlich ist.
Chemnitz.
Es vergeht kein Tag in Deutschland, an dem Hundebesitzer nicht über die App „Dogorama“ vor einem erneuten Giftköder-Fund in Sachsen gewarnt werden. Insgesamt 1375 Fälle waren es seit Mitte 2021, darunter mehr als 190 allein in Chemnitz, Zwickau, Freiberg, Plauen und Annaberg-Buchholz (siehe Grafik). Selbst in ländlichen Gegenden läuft die Gefahr beim Gassigehen inzwischen mit. So berichtete die „Freie Presse“ zuletzt auch über entdeckte Giftködern und Hunde-Vergiftungen zum Beispiel aus Waldenburg im Landkreis Zwickau oder aus Aue, Bernsbach, Geyer, Bärenstein und Sehmatal im Erzgebirge.
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Dogorama-Chef: Die Bedrohung nimmt zu
„Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Jedes Jahr kommen in Sachsen rund 350 Fälle hinzu“, sagt Jan Wittmann auf Anfrage der „Freien Presse“. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Leipziger Internet-Plattform und App „Dogorama“, auf der sich Hundebesitzer seit 2019 austauschen, Fundorte, Beschreibungen und Fotos von Giftködern hochladen und sich gegenseitig warnen können. Bundesweit hat die „Dogorama“-App nach eigenen Angaben inzwischen schon mehr als eine Million registrierte Nutzer, in Sachsen sind es demnach rund 45.000 User. Die Nutzung der App ist kostenlos – und Geschäftsführer Wittmann konstatiert: „Die Bedrohung für Hunde nimmt weiter zu. Giftköder sind inzwischen ein bundesweites Problem, das Millionen Hundebesitzer betrifft.“
CHemnitz, Dresden und Leipzig in den Top 30
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In Deutschland gibt es inzwischen kaum noch eine Stadt, zu der es noch keine Giftköder-Warnmeldung gab. Mit großem Abstand führt Berlin die „Dogorama“-Statistik aber an. Seit Mitte 2021 wurden dort 1336 Fälle gemeldet – fast doppelt so viele wie in München (539) und deutlich mehr als in Hamburg (850). Leipzig (318) landet auf Platz 5; Dresden (172, Platz 16) und Chemnitz (126, Platz 19) sind unter den Top 30.
Dafür, dass Sachens Metropolen in diesem Giftköder-Ranking so weit vorne mit dabei sind, hat Wittman eine einfache Erklärung: Sie bieten unter anderem viel Grün und Freilaufflächen für Hunde. So zählen Leipzig und Dresden einer Studie zufolge zu den hundefreundlichsten Großstädten in Deutschland. Entsprechend viele Vierbeiner leben dort auch. „Und wo sich viele Hundehalter und Hundehasser besonders oft auf Grün- und Erholungsflächen ohne Leinenpflicht nah kommen, kommt es natürlich entsprechend oft auch zu Konflikten“, erklärt Wittmann. „Im schlimmsten Fall mit Gift-Attacken auf die Vierbeiner.“
Die Täter präparieren auch in Sachsen Wurststückchen wie hier auf diesem Symbolfoto mit Rasierklingen oder Glasscherben um Hunde lebensgefährlich zu verletzen.
Bild: Marcel Kusch/dpa
Die Täter präparieren auch in Sachsen Wurststückchen wie hier auf diesem Symbolfoto mit Rasierklingen oder Glasscherben um Hunde lebensgefährlich zu verletzen. Bild: Marcel Kusch/dpa
Rasierklingen in Würstchen und Gift in Leckerlis
Dabei werden die Täter laut Wittmann immer heimtückischer: Rasierklingen, Reißzwecken, Nägel, Angelhaken, Glasscherben versteckt in Würstchen oder Hackbällchen, Rattengift in Nudeln oder Frostschutzmittel in Leckerlis – all das wird inzwischen in Parks, auf Waldwegen, in Grünanlagen oder sogar in Wohnstraßen und Vorgärten gefunden. Die Aufklärungsquote ist aber sehr niedrig. Zwar arbeitet „Dogorama“ mit der Polizei und den Behörden zusammen. „Da passiert aber wenig, wenn nicht zugleich auch Menschen durch die Köder gefährdet sind“, sagt Wittmann. „Umso wichtiger ist es daher, sich gegenseitig zu warnen.“ Er rät allen Hundehaltern: „Alles, was verdächtig aussieht, sollte sofort vermieden oder beseitigt werden. Wenn zum Beispiel Wurststücke oder Fleischbällchen in der Wiese liegen, sollte das die Alarmglocken läuten lassen. Diese Häppchen könnten dort absichtlich platziert worden sein.“ (juerg)
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