Liebe
Leserin, lieber Leser,

diese Woche steht im Zeichen der Musik, übermorgen
beginnt das Reeperbahn Festival. Vier Tage lang hängt dann etwas Märchenhaftes
über St. Pauli, wer auf der Bühne steht, träumt vom großen Durchbruch im
Musikgeschäft, und wer als Besucher kommt, kann sich treiben lassen, zwischen Pop,
Trap, Psychedelic Rock, Indie oder Electro, und kann ganz viele Bescheidwissersätze
ablassen: „DIE schaffen es“, „das erinnert mich an die ganz frühen
Crystal Castles“, „Ich mag diesen edgy sound“, „das wird laufen wie
bei Ed Sheeran, der hat ja einst hier auf einem Tisch im East Hotel gespielt.
Wie, du warst damals NICHT DA?“

Keine
Sorge, wir haben in den kommenden Tagen noch einige Tipps, wen Sie wirklich
nicht verpassen sollten. Und ich wehre mich innerlich dagegen, nun ein Aber
folgen zu lassen, stellen Sie sich nur kurz vor, dieses Festival gäbe es nicht
und der Kiez läge stattdessen mehr oder weniger still da im Herbst, bloody
hell, aber: Wir leben nun mal nicht im Märchen, es gibt Misstöne um das
Festival, die man nicht ignorieren kann.

Zwölf Hamburger Labels
veranstalten in dieser Woche ihr eigenes Festival, das „Musik-Treffen Hamburg“,
weil sie sich bei der großen Sause ausgeschlossen fühlen. Die
Kritiker sagen, ausgerechnet das Newcomerfestival habe den Charme seiner Anfangsjahre
verloren. Plattenfirmen kauften sich mit „Showcases“ ins Programm, pushten mit viel
Geld ihre Lieblinge, statt auf Zauber zu hoffen. Kann das stimmen?

Als wir
begannen, das zu recherchieren, stießen wir auf bemerkenswerte Zahlen: Selbst
Acts, die schon Millionen von Aufrufen bei Streaming-Diensten haben, erhalten
beim Reeperbahn-Festival nur 600 bis 1.000 Euro Gage, ohne Kostenerstattung und
Steuern. Etwa 40 Prozent des Programms ist bestellt, nicht kuratiert, und jeder
der Juroren beim „Anchor Award“, der Auszeichnung für die besten Talente, bekommt
mehr Geld als die Preisträger.

© ZON

Newsletter
Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg

Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.

Es war an
der Zeit, darüber mit den Machern des Festivals zu sprechen. Die sitzen am Neuen
Pferdemarkt, empfangen lässig im T-Shirt, sie duzen branchentypisch drauflos und
reden gar nicht drum herum: Die Zeiten seien hart, die Planung des Festivals sei
kompliziert und vieles ungewiss, sogar die Frage, wie es mit der Musikkultur in
Hamburg weitergeht.

Je
tiefer man hinter die Kulissen blickt, desto klarer wird: Das Reeperbahn Festival übt sich da in einem schwierigen Spagat aus Kommerz und Kultur. Und
doch glauben die Musiker, etwa der Hamburger Solokünstler David Bay, an ihre
Chance. Den Link zum Text aus der ZEIT:Hamburg finden Sie weiter unten.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Wochenstart!

Ihr Christoph Heinemann

Wollen Sie uns Ihre
Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie
uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de.

WAS HEUTE WICHTIG IST

© picture alliance/​dpa | Marcus Brandt

Der Hamburger
Verfassungsschutzpräsident Torsten Voß
warnt vor einer „Querfront“, also
verschiedenen Arten von Extremisten, die gemeinsam Antisemitismus beförderten. Dazu
zählt er Linksextremisten, sogenannte Delegitimierer, die den demokratischen
Staat verächtlich machten, aber auch Extremisten von ausländischen Gruppen – „Alle
haben nun einen gemeinsamen Feind. Und das ist Israel“, sagte Voß zum 75. Jubiläum
der Gründung des Hamburger Verfassungsschutzes. Auch Rechtsextreme bildeten
weiterhin eine Gefahr.

Polizei
und Zoll ermitteln nach einem Fund von mehr als 400 Kilogramm Kokain im
Hamburger Hafen
. Zwei Tatverdächtige wurden festgenommen, die nach
Medienberichten dabei beobachtet wurden, wie sie mutmaßlich mit Sporttaschen
von einem Schiff kamen und diese in einen Transporter luden. Trotz mehrerer größerer Fahndungserfolge (Z+) sind
Drogenbanden im Hafen weiterhin stark aktiv.

In aller Kürze

Die Cruise Days waren auch in diesem Jahr
von Kritik der Umweltschützer begleitet, aber haben am Wochenende Zehntausende
Besucher angelockt. Der Höhepunkt war die Parade mit fünf großen
Kreuzfahrtschiffen am Samstagabend Eine Recycling-Lagerhalle in
Eidelstedt ist in der Nacht zu Samstag in Brand geraten, die Flammen erfassten
1.800 Kubikmeter an Bauschutt. Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot an,
es gab keine Verletzten Zum Start in die neue Theatersaison haben sich
33 Hamburger Bühnen bei der Theaternacht ihrem Publikum präsentiert.
9.300 Gäste nahmen teil, etwa 700 mehr als 2024

AUS DER HAMBURG-AUSGABE

© Tom Heinke

Hurra! Hurra! So nicht.

Das
Reeperbahn Festival soll jungen Bands zum Durchbruch verhelfen und die
Musikszene fördern. Aber ausgerechnet unter Hamburger Musikern regt sich
Widerstand gegen das Event. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Artikel von
ZEIT:Hamburg-Redakteur Christoph Heinemann.

Vier Wochen vor seinem
Auftritt auf dem Reeperbahn Festival knipst David Bay in seinem Studio die
Tonspuren seines neuen Songs an. Er singt I Wanna Start a Fire, „Ich
will ein Feuer legen“. Der Raum liegt in einem Hinterhof des Schanzenviertels,
vier Gitarren stehen darin, ein Bass, ein Piano, große Boxen und ein
Bildschirm, auf dem die Tonspuren der Instrumente in bunten Linien flirren. Ob
das Lied ein Hit wird? „Die Frage blende ich komplett aus“, sagt David Bay.

Der Hamburger macht seit
20 Jahren Musik, seit 15 Jahren steht er auf Bühnen. Mit seinen fluffigen, von
House und Disco geprägten Popsongs hat der 33-Jährige auf Spotify bereits
Streams jenseits der Millionengrenze erreicht, auch bei Instagram hat er eine
beachtliche Fangemeinde. Das hält ihn über Wasser, mehr nicht. In ein paar
Wochen aber könnte er die Chance auf den großen Durchbruch haben. Dann tritt
David Bay beim Reeperbahn Festival im Bahnhof Pauli auf. Er wurde in der Sparte
„Wunderkinder“ als „German Music Talent“ ausgewählt.

Seit 2006 findet das
Reeperbahn Festival jährlich statt, in diesem Jahr vom 17. bis zum 20.
September. 45.000 Besucher werden erwartet, darunter Booker, Agenten und
Talentscouts, Vertreter aller großen Plattenfirmen und Agenturen. Es gibt
Workshops, Vorträge, Panels, Empfänge – und 450 Konzerte. Viele berühmte
Musiker fanden hier früh eine Bühne: Ed Sheeran, Sam Fender, Zoe Wees,
AnnenMayKantereit, Kraftklub, der Rapper Cro.

Das ist das Konzept des
Festivals: das nächste große Ding finden.

Wie sich die
Unzufriedenheit lokaler Bands mit dem Festival äußert, wie das Programm zustande kommt und unter
welchen Zwängen die Festivalmacher stehen, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de.

DER SATZ

© [M]: Mauricio Bustamante/​Visum

„Jutta Bauers Blick auf das Leben und das, was wir
Betrachtende von ihr lernen können, wird fehlen. Ihre Bücher bleiben. Und damit
auch ihre Anleitung, nicht wegzuschauen, wo es schwierig ist.“

Petra Bamberger, bis 2024 eine der Leiterinnen des
Harbour Front Literaturfestivals, erinnert an die unerwartet verstorbene
Illustratorin Jutta Bauer –  den ganzen Nachruf lesen Sie hier.

DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN

Die menschliche Stimme ist das Instrument des
Jahres 2025. Deshalb steht das 11. Kammermusikfest von den
Freunden der Kammermusik unter dem Motto „Zauber der Stimmen“. Auf dem Programm
stehen Musik aus der Renaissance, von Ludwig van Beethoven und Joseph Haydn bis
zum Kehlkopfgesang.

Wir
verlosen fünfmal zwei Karten für das 11. Kammermusikfest am Sonntag, 21.
September ab 20 Uhr im Großen Saal der Elbphilharmonie. Schreiben Sie uns bis
morgen, 12 Uhr, eine E-Mail mit dem Betreff „Stimmenzauber“ an hamburg@zeit.de. Die Gewinner werden von uns
direkt benachrichtigt. Viel Glück!

MEINE STADT

Nach langer Rückreise begrüßt Hamburg mit einem Regenbogen © Sonja Müßgens

HAMBURGER SCHNACK

Freitags am Hauptbahnhof vor dem Zug
Richtung München: Es drängeln sich zahlreiche Menschen vor den Türen im
mittleren Zugbereich. Der Zugführer fordert immer wieder auf, sämtliche Türen
zu benutzen, um die Weiterfahrt nicht zu verzögern. Schließlich kommt entnervt
die Durchsage: „Bitte benutzen Sie sämtliche Türen des Zuges. Der Zug ist innen
hohl, und man kann durchgehen.“

Gehört von Bettina
Evers-Hoffs

Das
war die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie
möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie ihn
hier kostenlos abonnieren.