Die AfD ist bislang kommunalpolitisch eher wenig in Erscheinung getreten. Was motiviert Menschen dazu, bei einer Kommunalwahl, wo es um die Belange vor Ort gehen soll, die AfD zu wählen?
Die AfD sammelt verschiedene Milieus ein: Es gab in NRW immer schon ein überschaubares, aber doch sichtbares rechtsextremes Milieu. Die haben früher Parteien wie die Rechte in Dortmund gewählt oder die NPD – diese Parteien sind völlig verschwunden. Der AfD gelingt es heute aber auch, viele Menschen zu sammeln, die davor gar nicht gewählt haben. Und sie erreicht die, die mittlerweile das Gefühl haben, dass der Staat die Kontrolle verloren hat und dass der Staat sie in ihren Bedürfnissen nicht sieht.
Diese Menschen fühlen sich fremd im eigenen Land, in den Städten, in denen sie groß geworden sind. Sie haben teilweise Angst, sich in ihren Städten zu bewegen. Das ist nicht immer eine Angst, die real mit ihren persönlichen Erfahrungen unterlegt ist. Das ist oft auch eine Grundstimmung, die von der AfD vorwiegend auf Landes- und auf Bundesebene massiv bedient wird.
Hier hat sich ein Milieu verfestigt, das einen starken Kurswechsel haben möchte in der Migrationspolitik – und das sich von den demokratischen Parteien bewusst verabschiedet hat. Das ist sehr, sehr ernst zu nehmen: Da haben wir ein grundlegendes Demokratieproblem.
Ist es auch ein Demokratieproblem, wenn mehr als 43 Prozent der wahlberechtigten Nordrhein-Westfalen gar nicht gewählt haben?
Bei Kommunalwahlen gibt es immer eine deutlich geringere Wahlbeteiligung als bei Landtags- oder bei Bundestagswahlen. Dieses Mal war die Wahlbeteiligung aber höher als bei den letzten Kommunalwahlen. Deswegen habe ich mich über die Wahlbeteiligung zunächst erst mal gefreut, weil der Anstieg deutlich war.
Wir haben im Land 20 bis teilweise 30 Prozent von Wahlberechtigten, die generell nicht wählen gehen. Dazu werden Kommunalwahlen von vielen Menschen auch als nicht so bedeutend wahrgenommen: Das liegt auch daran, dass die Wahlkämpfe nicht so sichtbar sind.
Wieso ist die AfD im Ruhrgebiet so erfolgreich?
Zum einen ist die AfD tatsächlich die Partei der Arbeiter geworden. Das war früher die SPD durch die Anbindung an die Gewerkschaften in der Großindustrie, und damit auch in die Stadtteile hinein. Jedoch ist diese Präsenz der Großindustrie im Ruhrgebiet weitestgehend verschwunden. Die Folge: Die alte Stärke der SPD kommt auch nicht wieder, dafür gelingt es der AfD, bei den einfachen Arbeitern massiv zu punkten.