Als sichtbares Symbol der Notmaßnahmen gegen Luftverschmutzung in Stuttgart werden die Luftfiltersäulen am Neckartor jetzt abgebaut. Das Land Baden-Württemberg und der Projektpartner MANN+HUMMEL ziehen eine positive Bilanz des erfolgreichen, aber kostspieligen Projekts.
„Das Neckartor galt einmal als die schmutzigste Kreuzung Deutschlands. Nur mit einem großen Maßnahmenpaket aus umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, Verkehrsbeschränkungen und den Filteranlagen konnten wir die Grenzwerte ab 2020 einhalten. Es ist eine gute Nachricht, dass man die Luft in Stuttgart nicht mehr filtern muss, um durchatmen zu können. Dabei muss es bleiben. Gefilterte Luft im Freien darf nur eine historische Ausnahme bleiben“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann.
Auch der Projektpartner und Technologieentwickler zieht ein positives Fazit: „Als MANN+HUMMEL sind wir stolz, mit unseren Filtrationslösungen zu sauberer Luft in Stuttgart beigetragen zu haben. Seit 2018 begleiten unsere Filtersäulen diesen Übergang als wirksame Technologie“, unterstrich Hanno Höhn, Geschäftsführer der MANN+HUMMEL Deutschland GmbH.
Nachsorgende Maßnahme
Der Einsatz von Luftfiltersäulen als Übergangstechnologie war notwendig, da die Stickstoffdioxid(NO2)-Grenzwerte trotz sehr umfangreicher Luftreinhaltemaßnahmen in Stuttgart am Neckartor noch immer nicht eingehalten wurden. Minister Hermann stellte klar: „Diese teure Nachsorge mit Filtern war notwendig, um die Spitze der Luftschadstoffbelastung zu kappen. Wir müssen dafür sorgen, dass gar nicht so viele Schadstoffe in die Luft gelangen, die wir dann aufwendig wieder heraus filtern müssen. Das haben wir nun geschafft: Am Neckartor und im ganzen Talkessel fahren weniger und schadstoffärmere Autos. Davon profitieren alle.“ Der Betrieb der Luftfiltersäulen war aufgrund des signifikanten Strombedarfs dauerhaft sehr kostenintensiv. Das Pilotprojekt und der Betrieb der insgesamt 23 Luftfiltersäulen am Neckartor in Stuttgart kosteten das Land über zwei Millionen Euro.
Inzwischen hat sich die Luftqualität so weit verbessert, dass ein Filtern der Umgebungsluft nicht mehr erforderlich ist. Ende 2018 wurden zunächst 17 Filteranlagen mit reinen Feinstaubfiltern zur Senkung von Feinstaub PM10 in Betrieb genommen. Im April 2019 wurden sie auf Aktivkohle-Kombifilterelemente umgerüstet, um auch die Minderung von Stickstoffdioxid (NO2) zu erproben. Im August 2020 erfolgte schließlich der Ausbau auf 23 leistungsstärkere Filtersäulen mit optimierten NO2-Filterelementen.
Seit Inbetriebnahme der Filtersäulen Ende 2018 sanken die Konzentrationen von Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid (NO2) am Neckartor. In Kombination mit zahlreichen weiteren Maßnahmen der Luftreinhaltung, darunter die Umweltzone für über zehn Jahre alte Diesel, der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie einer intelligenten Verkehrslenkung, leisteten die Filtersäulen einen Beitrag, dass die europaweit verbindlichen NO2-Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m³) im Jahresmittel am Neckartor in Stuttgart seit 2020 eingehalten werden. Im Jahr 2018 wurden hier noch 71 µg/m³ NO2 als Jahresmittelwert gemessen.
Mit der anhaltenden Verbesserung der Luftqualität konnte die Leistung der Anlagen ab April 2023 Schritt für Schritt reduziert werden. Im Herbst 2024 wurden die Filter schließlich abgeschaltet.
Eingeschlagenen Weg fortsetzen
„Für uns ist auch klar, dass wir mit Blick auf die deutlich anspruchsvolleren Grenzwerte ab 2030 nicht nachlassen dürfen. Wer jetzt dafür plädiert, dass dreckige ältere Dieselfahrzeuge wieder unbeschränkt fahren dürfen, riskiert, dass wir die Grenzwerte erneut reißen“, so Minister Hermann weiter. Dann gilt die neue europäische Luftqualitätsrichtlinie. „Wir setzen unseren erfolgreichen Weg fort, mit klarem Fokus auf einen sauberen, nachhaltigen Verkehr und die Gesundheit der Menschen in Stuttgart und ganz Baden-Württemberg.“
Die Stadt Stuttgart koordiniert den Rückbau der Filteranlagen. Sie stehen im Zusammenhang mit umfangreichen Baumaßnahmen an der Bundesstraße 14/Cannstatter Straße.
Luftfiltersäulen am Neckartor in Stuttgart
Die Installation der Luftfiltersäulen wurde im Dezember 2018 als gemeinsames Pilotprojekt vom Land Baden-Württemberg, der Stadt Stuttgart und dem Ludwigsburger Unternehmen MANN+HUMMEL gestartet. Eine wissenschaftliche Begleitstudie (PDF) bestätigte eine durchschnittliche Reduktionsleistung der sogenannten Filter Cubes von Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid (NO2) um rund neun bis zehn Prozent im Bereich des Gehwegs und nahe an den Gebäuden sogar darüber.
Der nun stattfindende Abbau der Luftfiltersäulen entlastet jedoch nicht nur die Haushaltskassen, auch die Wirkung war stets begrenzt auf den kurzen Straßenabschnitt. Viele weiter bestehende Maßnahmen des Luftreinhalteplans Stuttgart, wie beispielsweise der starke Ausbau des Umweltverbundes und die Verkehrsverbote für ältere Dieselfahrzeuge, verringern die Luftschadstoffbelastung in der ganzen Stadt und schützen dadurch die Gesundheit der gesamten Bevölkerung.