In Gelsenkirchen legte die AfD bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ein Rekordergebnis hin: 29,9 Prozent holte die Partei. Schon vergangenes Jahr bei der Bundestagswahl erreichte die AfD in der Ruhrgebietsstadt ein Spitzenergebnis. Warum ist die AfD ausgerechnet in Gelsenkirchen so stark?
Ich bin ein Kind dieser Stadt. Auf Kohle geboren, wie man dort sagt. Ich weiß: Gelsenkirchen ist die Stadt des dramatischen Scheiterns! Sie war mal eine der wohlhabendsten Städte in Zeiten des Wirtschaftswunders. Heute ist sie mit einem Pro-Kopf-Einkommen in Höhe von 16.203 Euro die ärmste Großstadt in ganz Deutschland.
Es gab mal 14 Steinkohle-Zechen, die so klangvolle Namen hatten wie „Wilhelmine Viktoria“ oder „Graf Bismarck“. Gelsenkirchen nennt sich „Stadt der 1000 Feuer“, weil die Industrie so brummte, dass der Himmel nachts hell erleuchtet war.
▶︎ Auch mein Vater kam nach dem Krieg aus Bayern, um das „Schwarze Gold“ aus der Erde zu holen. Malochen, Schalke, Brieftauben, Schrebergarten – den Menschen ging’s gut.
Mein Vater sagte oft am Küchentisch: „Die SPD kümmert sich um uns Arbeiter!“ Es hieß, die könnten auch eine Puppe aufstellen, sie würde gewählt werden. Aber als die Kohle verschwand und mit ihr die Arbeitsplätze, hatte die SPD für die kleinen Leute darauf keine Antworten. Bemühungen um Umstrukturierungen scheiterten im Gegensatz zu anderen Ruhrgebiets-Städten teils kläglich.
Foto: Daniel Karmann/dpa
In diese Lücke stößt jetzt die AfD. Gegen die SPD-Kandidatin gibt es eine Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters. Die ärmste Stadt Deutschlands verelendet. Ganze Straßenzüge gleichen Ghettos. Müll auf den Straßen, verschimmelte Häuser. Schulen und Kitas teils in einem maroden Zustand. Eine Armutsspirale!
Englischer Journalist sprach von „Shithole“
Ein englischer Journalist, der bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 am Hauptbahnhof ankam, postete ein Video und sprach von einem absoluten „Shithole“ (dt.: Drecksloch). Ein alter Kumpel von mir zuckte nur resigniert mit den Schultern und sagte: „Woanders ist auch scheiße!“
Wer kann, haut ab! In der Blütezeit hatte Gelsenkirchen knapp 400.000 Einwohner. Heute sind es nur noch 267.000. Die leer stehenden Immobilien nutzen Großfamilien aus Südost-Europa, um in unsere Sozialsysteme zu strömen. Armutszuzug nennt man das!
Um dem Elend Herr zu werden, kauft die Stadt mithilfe des Landes NRW solche Schrott-Immobilien jetzt auf. Nur, um sie dann abzureißen. Ob das die Lösung ist?
Aber: Wer ein bisschen sucht, findet in meiner Heimatstadt immer noch wunderschöne Stellen. Glückauf, Gelsenkirchen! Ich hoffe, dass es dir irgendwann wieder besser geht!
BILD-Politikchef zu schlechten Wahlergebnissen: „SPD gehört eigentlich auf die Oppositionsbank“
Quelle: BILD15.09.2025