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Der Autor, Schauspieler und Regisseur Dirk Böhling ist jetzt künstlerischer Leiter des Packhaus-Theaters (Schnoor). Er will dort Geschichten aus dem Norden erzählen. © Thomas Kuzaj
Lale Andersen, Elvis Presley, Paula Modersohn-Becker. Sie alle werden im Schnoor in Bremen auftauchen, wo das Packhaus-Theater vor einem Neustart steht.
Bremen – Ein Raum für Geschichten: Der Bühnenboden ist schon frisch gestrichen, die neue Bühnentechnik aber fehlt noch. Aber das wird schon, da macht sich der Autor, Schauspieler und Regisseur Dirk Böhling überhaupt keine Sorgen. Schließlich kann er sich auf das erfahrene und eingespielte Team des Metropol-Theaters verlassen. So geht er nun schnellen Schritts über die Bühnenbretter, die für ihn die Welt bedeuten, und gesteht gleichwohl: „Ich bin schon ein bisschen hibbelig.“
Diese Bühnenbretter, sie liegen im Schnoor. Ab Oktober sollen hier auch die Bühnenscheinwerfer wieder strahlen, weil es was zu sehen gibt: Neustart am Packhaus-Theater! Jörn Meyer vom Metropol-Theater am Richtweg hat das zuletzt brachliegende, geschlossene Traditionshaus gemietet, der Vertrag läuft insgesamt über 15 Jahre. Meyer möchte das Packhaus mit einem neuen, veränderten Konzept betreiben. Der Markt für Boulevard sei durch das Boulevardtheater Bremen (Tabakquartier), das „Fritz“ und das Theaterschiff abgedeckt, da wolle man „nicht in Konkurrenz“ treten, hatte er im Juni bereits erklärt.
Eine Nische im Bremischen und Regionalen
Mit Böhling als Künstlerischem Leiter soll das Packhaus eine Nische im Bremischen und Regionalen finden und füllen. „Wir erzählen große Geschichten auf einer kleinen Bühne und sind in vielen Bereichen sehr bremisch unterwegs“, sagt Böhling, der im Schnoor unter anderem als Autor in Erscheinung tritt. Aus seiner Feder stammt auch das erste Stück des Neuanfangs: „Lale, Lili, Marleen“, ein Abend über das Leben von Lale Andersen (1905 bis 1972). Die „Lili-Marleen“-Sängerin hieß eigentlich Liese-Lotte Helene Berta Bunnenberg und ist die womöglich berühmteste Tochter Bremerhavens. Vor Jahren ist Böhlings Lale-Stück dort schon einmal im „Piccolo“-Theater gelaufen. Am Packhaus spielen es nun Sabine Urban (Lale), Guido Fuchs (sämtliche Männerrollen) und Hans-Jürgen Osmers (Klavier und Akkordeon). Premiere: Freitag, 3. Oktober, 20 Uhr. Vorstellungen sind anschließend bis zum 16. November geplant.
Die zweite Premiere beginnt am 17. Oktober um 20 Uhr: „Meine Nacht mit Elvis“. Dann steht ein berühmter Bremerhavener – Verzeihung: Bremerhaven-Besucher – im Fokus: Elvis Presley eben, der 1958 in Bremerhaven erstmals europäischen Boden betreten hat. Für Böhling ein weiterer Stoff, der die Möglichkeit bietet, „dem Publikum über eine tolle Geschichte etwas mitzugeben“. Theater, sagt er, sei „eine Sache der Vereinbarung“. „In den ersten Minuten treffe ich mit dem Publikum eine Vereinbarung: was erzähle ich und wie erzähle ich es.“ Ab da müsse alles klar sein für ein Theater, das unterhält und interessante Dinge mitzuteilen hat, ohne zu belehren. Letzteres mag Böhling überhaupt nicht, er betont das deutlich.
Siegfried Lenz und Heini Holtenbeen
Das Packhaus soll die Bühne bieten für Böhlings Vereinbarungen mit dem Publikum, wobei die vorgesehene Nische für Böhling dann doch über das rein Bremische hinausgeht. Von einer Fokussierung „auf norddeutsche Themen“ spricht er, was Stoffe von Autoren wie Siegfried Lenz ebenso einschließe wie „plattdeutsche Stücke, die wir als Gastspiele präsentieren werden“. Es gehe ihm um „Themen, die mit den Menschen, die hier leben, zu tun haben“, so der künstlerische Leiter.
Ansprechen will Böhling damit Bremerinnen und Bremer ebenso wie „das Publikum aus dem Umland“. Und nicht zuletzt: Touristen, die ja praktisch von allein in den Schnoor kommen. Und dort dann zum Beispiel auf das Heini-Holtenbeen-Denkmal stoßen, das vor dem Packhaus steht. „Schnoor-Geschichten mit Heini Holtenbeen“, so etwas kann Böhling sich als Sommer-Stück vorstellen. „Typisch bremisch-norddeutscher Humor.“
Und schon ist er wieder bei dem, was er – seit 1988 als Schauspieler, seit 1997 als Autor und Regisseur – „am liebsten“ macht: „Geschichten erzählen.“ So arbeitet er zum Beispiel an einem Stück über die Malerin Paula Modersohn-Becker, Pionierin der Moderne. Im nächsten Jahr stehen etliche Würdigungen zu Modersohn-Beckers 150. Geburtstag an. Eine Geschichte mit vielen regionalen Bezügen – keine Frage, ein buchstäblich naheliegendes Thema für Böhlings echt norddeutsches Packhaus.