Vor einem Jahr hielt der frühere Zentralbankchef der EU den Spiegel vor und forderte grundlegende Wirtschaftsreformen. Seither ist viel zu wenig passiert, findet er – und mahnt in einem dramatischen Appell zur Eile.
Der Retter des Euros klingt düster. Mario Draghi spricht nüchtern, wie immer, doch was er an diesem Dienstag in Brüssel zu sagen hat, gerät zu seinem bislang schärfsten Appell. Nach der Sommerpause 2024 hat er der Europäischen Union in einer Studie den Spiegel vorgehalten, Reformen angemahnt, vor einem schleichenden Niedergang des europäischen Wirtschaftsmodells gewarnt. Der Bericht war eine Blaupause für das politische Programm der neuen EU-Kommission, mit Wirtschaftspolitik und Wettbewerb im Zentrum. Seither ist die russische Bedrohung gewachsen, hat US-Präsident Donald Trump die Welthandelsordnung zerlegt, demonstriert Europas Systemkonkurrent China täglich seine Stärken.