Journalisten unter anderem von „Spiegel“ und ZDF sowie der russischen Plattform The Insider haben eigenen Anaben zufolge den flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek in Moskau aufgespürt. Der 45-Jährige arbeitete dort offenbar für den russischen Geheimdienst, berichteten der „Spiegel“ (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt) und das ZDF (externer Link).
Marsalek befindet sich seit der Insolvenz des Zahlungsunternehmens Wirecard im Juni 2020 auf der Flucht und wird international gesucht. Die Insolvenz des ehemaligen Dax-Konzerns gilt als einer der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik.
Marsalek arbeitet wohl für den FSB
Die Medien veröffentlichten am Dienstag auch zahlreiche Fotos des gebürtigen Österreichers – etwa in Schlips und Anzug auf dem Weg von der U-Bahn in die Zentrale des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in Moskau. Zwischen Januar und November 2024 sei sein Handy 304-mal in der Nähe der FSB-Zentrale in Moskau Lubjanka erfasst worden, berichtete das ZDF. Quellen in der russischen Hauptstadt hätten bestätigt, dass er für den russischen Dienst tätig sei.
Die Journalisten haben demnach auch eine aktuelle Handynummer des Ex-Managers. Den Recherchen zufolge nutzt Marsalek mehrere Schein-Identitäten, darunter auch einen russischen Pass. Sein Name darauf lautet demnach Alexander Michaelowitsch Nelidov. Datenanalysen würden Reisen von Marsalek ins russisch besetze Mariupol und ins Kriegsgebiet in der Ostukraine belegen. Der Recherche zufolge soll er dort an Einsätzen hinter den Frontlinien beteiligt gewesen sein.
Die den Journalisten vorliegenden Fotos zeigen Marsalek häufig in Begleitung der 41-jährigen Übersetzerin Tatiana Spiridonova. Der Ex-Manager sei regelmäßig in ihrem Apartment im Zentrum Moskaus, berichteten die Medien.
Internationaler Haftbefehl – wegen Milliardenbetrugs und Spionage
Jan Marsalek wird von deutschen Ermittlern international wegen Milliardenbetrugs und des Verdachts auf Spionage gesucht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit.
Im Mai dieses Jahr wurden in Großbritannien Mitglieder eines Agentenrings verurteilt, den Marsalek laut Gericht von Moskau aus angeführt hatte. Die Vorwürfe reichen von Militärspionage über Entführungsversuche bis hin zu Mordplänen. Marsalek und sein Anwalt äußerten sich zu den Vorwürfen auf Nachfragen nicht.
Marsalek flüchtete 2020 nach Wirecard-Crash
Marsalek arbeitete seit Januar 2000 bei Wirecard und war seit 2010 Mitglied des Vorstands. Dabei war er vor allem für das Asien-Geschäft verantwortlich. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt unter anderem wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, des besonders schweren Falls der Untreue sowie weiterer Vermögens- und Wirtschaftsdelikte gegen ihn.
Schon im März 2024 hatten der „Spiegel“, das ZDF, der österreichische „Standard“ und die russische Plattform The Insider unter anderem unter Berufung auf westliche Geheimdienstinformationen berichtet, dass Marsalek offenbar seit Jahren für russische Geheimdienste aktiv gewesen ist.
Mit Informationen von AFP