Stand: 16.09.2025 22:09 Uhr
Christian B. gilt als Hauptverdächtiger im Fall „Maddie“ McCann. Am Mittwoch soll er die JVA Sehnde verlassen – mit Fußfessel und weiteren Auflagen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt weiter gegen ihn.
Der Anwalt von Christian B., Friedrich Fülscher, hat dem NDR Niedersachsen am Dienstagabend bestätigt, dass sein Mandant nach der Haftentlassung eine elektronische Fußfessel tragen muss. Auch müsse der 48-Jährige sich regelmäßig bei der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshilfe melden. Er bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenportals „Spiegel Online“. Dem Bericht zufolge muss sich B. außerdem einen festen Wohnsitz nehmen, den er ohne Genehmigung nicht verlassen darf. Wie Fülscher dem NDR Niedersachsen auch bestätigte, muss Christian B. seinen Reisepass abgeben. Laut „Spiegel“ soll er einen Personalausweis erhalten, der auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist.
Medienvertreter warten vor der JVA Sehnde auf die Entlassung
Christian B. hat für die Vergewaltigung einer US-Amerikanerin eine siebenjährige Haftstrafe abgesessen – zuletzt in Sehnde in der Region Hannover. Am Mittwoch soll er aus dem Gefängnis entlassen werden. Dort warten seit Beginn der Woche Pressevertreterinnen und Pressevertreter – auch von internationalen Medien. Sie sind gekommen, weil B. als Hauptverdächtiger gilt im Fall des 2007 in Portugal verschwundenen damals dreijährigen Mädchens Madeleine McCann aus Großbritannien. Der Fall war seinerzeit weltweit in den Medien präsent. Weil B. zuletzt in Braunschweig gemeldet war, wo er eine Zeitlang einen Kiosk betrieben hatte, ist die dortige Staatsanwaltschaft zuständig. Die Behörde beschuldigt Christian B., Madeleine McCann in Portugal entführt und getötet zu haben.
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Vergewaltigungsprozess: Freispruch für Christian B. (3 Min)
Arzt stufte B. in „Topliga der Gefährlichkeit“ ein
Ihre Forderung nach einer elektronischen Fußfessel hatte die Staatsanwaltschaft unter anderem mit einem psychiatrischen Gutachten im jüngsten Prozess begründet, demzufolge weitere Straftaten von Christian B. zu erwarten seien. Die Gefahr bestehe unter anderem, weil B. in der Haft keine Therapie absolviert habe, so der Gutachter. Ein Arzt hatte B. im September 2024 in einem weiteren Prozess vor dem Landgericht Braunschweig in „die absolute Topliga der Gefährlichkeit“ eingeordnet. Dabei handelte es sich nach Angaben des Psychiaters allerdings nur um eine Verdachtsdiagnose, weil B. nicht bereit gewesen sei, sich mit ihm zu treffen und mit ihm zu sprechen.
Anwalt von B. kritisiert Vorverurteilung
Friedrich Fülscher, Christian B.s Anwalt, kritisiert im Vorfeld der geplanten Freilassung die Vorverurteilung seines Mandanten durch die Staatsanwaltschaft. Er glaube nicht, dass B. in Zukunft ein normales Leben werde führen können. „Man wird mit einem vermeintlichen Kindermörder nicht in irgendeiner Form Kontakt haben wollen“, sagte Fülscher. Nachdem Christian B. wegen der Vergewaltigung einer US-Amerikanerin verurteilt worden war, wurde er vor einem Jahr ein weiteres Mal wegen Vergewaltigung und Kindesmissbrauchs angeklagt. Aus Mangel an Beweisen wurde er aber freigesprochen. Auch im Fall „Maddie“ hat die Staatsanwaltschaft bisher offenbar nur Indizien, die B. zum Hauptverdächtigen machen. So sei sein Handy am Abend der Tat in der Nähe der Ferienanlage eingeloggt gewesen, aus dem das Mädchen verschwand. Beweise, die für eine Anklage reichen, gibt es allerdings nicht.
Staatsanwaltschaft: „Nichts Entlastendes gefunden“
Der Sprecher der Staatsanwalt Braunschweig, Christian Wolters, verteidigte den Schritt an die Öffentlichkeit im Fall „Maddie“. Die Staatsanwaltschaft sei damals mit den Ermittlungen am Ende gewesen und habe sich an die Öffentlichkeit gewandt, weil sie auf Hinweise gehofft habe. „Wir haben jetzt fünf Jahre die Tipps abgearbeitet und sind immer noch dabei“, sagte Wolters. „Es hat sich nichts gefunden, was gegen unseren Tatverdächtigen sprechen würde, kein Alibi, nichts Entlastendes.“ Daher besteht der Tatverdacht im Fall Madeleine McCann aus Sicht der Staatsanwaltschaft weiter.
Der Jurist beklagt „mediale Vorverurteilungskampagne“. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sieht in B. Verdächtigen im Fall „Maddie“.
Die Geldstrafe für Christian B. ist gezahlt worden. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte diese Zahlung zunächst überprüft.
Die Staatsanwaltschaft legte sich früh auf ihn fest. Doch auch nach fünf Jahren wird er nicht angeklagt – sondern freigelassen.