Türen, die sonst verschlossen bleiben, öffneten sich am vergangenen Sonntag für tausende Besucherinnen und Besucher: Der Tag des offenen Denkmals lud unter dem Motto „wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“ deutschlandweit zum Entdecken ein. Mehr als 4.000 Denkmäler beteiligten sich an der Initiative – in Halle waren es rund 30 historische Gebäude und Anlagen, die kostenfrei zugänglich waren. Zum 33. Mal fand der Denkmalstag auch in der Saalestadt statt.

Feierlicher Auftakt im Hauptbahnhof Halle

Den offiziellen Startschuss für Sachsen-Anhalt gab es im Hauptbahnhof Halle, der in diesem Jahr auf seine 135-jährige Geschichte zurückblickt. Viele Reisende kennen nur die beeindruckende Kuppelhalle – doch abseits des Bahnsteigalltags warten dort noch weitere architektonische Juwelen: die Fürstenzimmer, einst Repräsentationsräume des preußischen Adels, die heute als moderne Konferenzräume genutzt werden.

Bahnhofsmanager Karsten Kammler, der seit 2019 für das Gebäude verantwortlich ist, zeigte sich stolz über das Erreichte: „Wir haben mit dem Programm Zukunftsbahnhöfe viel bewirken können. Halle ist heute ein Vorzeigeprojekt.“ Besonders hebt er die stilistischen Details hervor – etwa originale Wandmalereien an den Treppenaufgängen, die Wegweiser im historischen Design und liebevoll gestaltetes Mobiliar. „Ein Bahnhof ist nicht nur ein Verkehrsknotenpunkt – er sollte auch eine gewisse Wohlfühlatmosphäre ausstrahlen.“

Bahnhofstürme: Rückkehr eines verlorenen Wahrzeichens?

Ein besonders emotionales Projekt stand ebenfalls im Fokus: die Wiedererrichtung der beiden historischen Bahnhofstürme, die in der DDR-Zeit während einer Fassadensanierung abgetragen wurden. Der Verein „Bahnhofstürme Halle“ setzt sich dafür ein, das architektonische Gleichgewicht des Bahnhofs wiederherzustellen. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie will der Verein zunächst die technische Machbarkeit und die Finanzierung des Projekts klären.

„Wir brauchen zunächst belastbare Zahlen durch ein spezialisiertes Ingenieurbüro“, heißt es vom Verein. Das koste – und dafür sei jede Spende willkommen. Durch Infoveranstaltungen, Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit soll die Idee in der Stadt verankert werden. Langfristiges Ziel: Die Türme sollen als symbolträchtige Landmarken an ihre ursprüngliche Position zurückkehren und das Stadtbild vervollständigen.

Denkmäler als Identitätsanker der Stadtgesellschaft

Dass Denkmale weit mehr als nur schöne Fassaden sind, machte Martina Lehmann, Vorsitzende des Vereins Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt, in ihrer Eröffnungsrede deutlich: „Der Wert von Denkmal lasse sich in keiner Bilanz ablesen. Denkmäler seien “Geschichte, gelebte Erinnerung, Heimat und identitätsstiftend.” Ohne sie würden bedeutende Zeitzeugnisse, das jahrhundertealte Wissen und Handwerkskunst verloren gehen, in den Städten und Dörfern etwas Wichtiges fehlen. “Sie sind für uns alle unschätzbar wertvoll.”

Eine Stadt mit Geschichte – und Zukunft

Baudezernent René Rebenstorf skizzierte in seinem Beitrag die Entwicklung der Denkmalpflege in Halle seit der Wiedervereinigung. „In der DDR wurde wenig gebaut – das hat uns heute das Glück beschert, dass viele historische Gebäude erhalten blieben.“ Mit dem Anschluss an die Bundesrepublik kamen Denkmalrecht und Fördermittel – eine Kombination, die in den 1990er-Jahren eine wahre Restaurierungswelle auslöste.

Doch die Geschichte ist nicht nur von Erfolgen geprägt: „In den frühen 2000er-Jahren kam es zu einem Stillstand“, erinnerte sich Rebenstorf. Erst die Finanzkrise 2008 und die dadurch extrem niedrigen Zinsen belebten den Sanierungsmarkt neu. „Viele Denkmäler konnten gerettet werden – aber leider nicht alle.“ Besonders der Verfall in der Brüderstraße sei ihm persönlich sehr nahegegangen.

Neue Rote Liste im Stadtrat – Gefahr für weitere Denkmale

In Kürze will die Stadt dem Stadtrat eine aktualisierte „Rote Liste“ gefährdeter Baudenkmale vorlegen. Gute Nachrichten: Zwei Drittel der Objekte auf der bisherigen Liste konnten inzwischen saniert oder gesichert werden. Auch der ehemalige Schlachthof in der Freiimfelder Straße steht vor einer neuen Perspektive – im Oktober wird ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan erwartet.

Doch neue Sorgen wachsen nach. „Die größte Hürde sind Eigentümer, die entweder nicht erreichbar sind oder kein Interesse an Sanierung zeigen“, so Rebenstorf. Die Stadt sei hier oft machtlos, solange keine akute Gefährdung bestehe. Die neue Liste soll daher nicht nur als Mahnung, sondern auch als Arbeitsauftrag verstanden werden.

Blick hinter verschlossene Türen: 30 Denkmale geöffnet

Neben dem Hauptbahnhof warteten weitere geschichtsträchtige Orte in Halle darauf, entdeckt zu werden. Im Eisenbahnmuseum Halle konnte man in die Technikgeschichte eintauchen – von Dampflokomotiven bis zu Stellwerken. Das Straßenbahnmuseum präsentierte liebevoll restaurierte Wagen und erzählte von der Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs. Die Freiwillige Feuerwehr Ammendorf öffnete ihr Feuerwehrmuseum, das spannende Einblicke in die Arbeit vergangener Jahrzehnte gab – dort gab es alte Feuerwehrtechnik und Uniformen aus aller Welt zu sehen. Auf dem Jägerberg war das Hauptgebäude der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zugänglich. Mit dabei waren auch der Wasserturm Nord und die Schwemme.