So brüchig das transatlantische Verhältnis derzeit wirkt, so groß ist der Andrang zu einem Leuchtturm, der es in alter Stärke repräsentiert. Der Präsident der American Academy, Daniel Benjamin, registrierte bei der Vorstellung der neuen Stipendiaten aus den USA am Dienstagabend in Berlin-Wannsee einen Zusagen-Rekord.
Woran das gelegen haben mag, analysierte er selbst. Schließlich handele es sich um eine ausschließlich privat finanzierte Institution. „Wir stehen nicht unter Druck, was in der heutigen Zeit sehr gut ist“. In wenigen Sätzen stellten die 13 Stipendiaten ihre Projekte vor und offenbarten einen weiten Horizont.
Auf den Spuren der Evangelikalen
Der Politikwissenschaftler Jacob S. Hacker etwa befasst sich mit der Zukunft der Demokratischen Partei. Wie die Amerikaner in der 30er-Jahren auf das Aufkommen des Faschismus in Deutschland reagiert haben, untersucht William Hitchcock.
The American Academy
Viele Vorträge kann man im Livestream verfolgen.
Mehr auf: americanacademy.de
Holtzbrinck-Stipendiatin Elizabeth Kolbert schlägt den Bogen von der Eiszeit bis zur aktuellen Gletscherschmelze und wird einen Vortrag halten über „Die Natur der Zukunft“. Wie die Amerikaner Investoren wurden, hat Chloe Thurston schon länger beleuchtet.
Nun will sie herausfinden, wie es mit der Risikofreude der Deutschen am Aktienmarkt bestellt ist. „Yiddish Trash“ ist das Thema von Saul Zeritt, der sich mit populärer Literatur auseinandersetzt. Der Linguistik-Professor Ross Perlin von der Columbia-Universität ist der Wirkungsmacht der Evangelikalen auf der Spur.
Nachdem er an den Kinokassen floppte, ließen sie den 1979 gedrehten Streifen „Jesus. The Film“ in alle 7168 gesprochenen und geschriebenen Sprachen der Welt übersetzen und machten ihn so zum meistgesehenen Film der Geschichte.
Mehr zum Thema auf Tagesspiegel Plus Fehlende Empathie im amerikanischen Wahlkampf Wer kluge Köpfe wählen will, muss das unkluge System reformieren Nachruf auf Henry Kissinger Vom Flüchtling aus Fürth zum Friedensnobelpreisträger Abschied von der weißen Weihnacht „Was macht das mit uns, wenn es nie mehr schneit?“
Karen Feldmann aus Berkeley geht beim Thema Moral der Frage nach, was die Menschen so sicher macht, dass sie genau wissen, was richtig ist und was falsch. Deutschlands frühere Botschafterin in den USA, Emily Haber, betonte, wie wichtig die Mensch-zu-Mensch-Beziehungen seien, um das transatlantische Gespräch weiterzuführen und zu vertiefen.
Es wäre kein amerikanisches Event ohne deutlichen Hoffnungsschimmer gewesen, wo in jeder Herausforderung auch eine Chance gesehen wird. Äußern könnten sich solche Chancen in furchtlosen und kreativen Debatten in der Zivilgesellschaft.