Besinnliche Ostern? Von wegen. Holstein Kiel und sein Aufsichtsrat holten am Karfreitag zum Paukenschlag aus und verkündeten die sofortige Trennung von Carsten Wehlmann. Der bisherige Geschäftsführer Sport wird beim stark abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten von Olaf Rebbe beerbt. Letzterer war in gleicher Funktion bis Mitte Februar knapp vier Jahre lang beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg tätig, musste dort aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die Ausrichtung des Clubs gehen.
Wehlmann indes war erst im März 2024 bei den „Störchen“ eingestiegen, hatte zunächst noch eine Zeit lang mit Uwe Stöver zusammengearbeitet, ehe Stöver sich mit dem sensationellen Aufstieg verabschiedete.
Selbst für Insider kam der Zeitpunkt der Trennung von Wehlmann völlig überraschend. Zumal der bisherige Geschäftsführer Sport erst am vergangenen Sonntag (13. April) im „Sportclub“ des NDR zu Gast im TV-Studio war und am Donnerstag (17. April) die obligatorische Spieltags-Pressekonferenz im Holstein-Stadion vor der Partie bei RB Leipzig live vor Ort verfolgt hatte. Zudem hatte er gerade erst einen Treueschwur für Trainer Marcel Rapp bekräftigt, indem von Wehlmann der Vertrag mit dem Chefcoach bis 2028 verlängert wurde.
Aus für Carsten Wehlmann: Wurde die Harmonie bei Holstein Kiel nur vorgespielt?
Nach Informationen von shz.de soll es hinter den Kulissen seit einiger Zeit Unstimmigkeiten gegeben haben. Das interne Verhältnis der handelnden Personen sei nicht so harmonisch gewesen, wie es nach außen dargestellt wurde.
So sollen einflussreiche Sponsoren und Funktionäre auch mit der Entwicklung im Nachwuchsbereich völlig unzufrieden sein. Zwar fällt dies in den Verantwortungsbereich von Dominic Peitz, dem Direktor von Holsteins Nachwuchsleistungszentrum. Doch das schlechte Abschneiden der zweiten Mannschaft, die in der Regionalliga Nord vor dem Abstieg steht, und der A-Jugend (U19), die in der DFB-Nachwuchsrunde die Qualifikation für die A-Liga verfehlte und nun am Tabellenende der B-Gruppe rangiert, wird von einigen Handlungsträgern in Teilen Wehlmann angelastet.
Carsten Wehlmann: Auch vorzeitiger Abgang beim SV Darmstadt 98
Wehlmann sei hinter den KSV-Kulissen immer wieder als „teuerster Azubi Deutschlands“ bezeichnet worden, so wurde es shz.de zugetragen. Er hatte in der Winterpause der Vorsaison dem SV Darmstadt 98 auf eigenen Wunsch den Rücken gekehrt. Wehlmann war bei den „Lilien“ offenbar an Grenzen gestoßen, später stiegen die Hessen sang- und klanglos aus der Bundesliga ab.
Viele Holstein-Fans befürchteten ähnliches mit ihrem Verein, als sie hörten, Wehlmann würde auf Stöver folgen. Mehr als einmal wurde der frühere Torwart des FC St. Pauli und VfB Lübeck hinter vorgehaltener Hand in Fan- und Vereinskreisen verbal scharf angegangen, weil er im Sommer ein Transferrisiko gescheut hatte. Anstatt gestandene Spieler zu verpflichten, holte der 52-Jährige No-Name-Akteure aus unteren Ligen, wie Max Geschwill (SV Sandhausen) oder Phil Harres (FC Homburg), beziehungsweise aus Skandinavien: den Norweger Magnus Knudsen von Aarhus GF und den Bosnier Armin Gigovic vom FC Midtjylland. Die beiden Mittelfeldspieler waren zuvor vom FK Rostov (Russland) nach Dänemark verliehen worden.
Transfers für die Bundesliga: Rothe und Sander wurden nicht adäquat ersetzt
Noch heute klingt rund um den Westring immer wieder durch, dass es den Kielern und somit in erster Linie Wehlmann nicht gelungen sei, einen adäquaten Ersatz weder für den zu Borussia Mönchengladbach gewechselten Kapitän der Aufstiegsmannschaft, Philipp Sander, noch für den zu Borussia Dortmund zurückgekehrten und von dort zu Union Berlin transferierten Linksverteidiger Tom Rothe verpflichtet zu haben.
Einige Wehlmann-Transfers bei Holstein „sitzen“
Dem freigestellten Wehlmann muss zugutegehalten werden, dass er zum einen nur ein überschaubares Budget zur Verfügung hatte und zum anderen durchaus der eine oder andere Sommer-Neuzugang, vornehmlich Gigovic und Harres, zumindest phasenweise durchgestartet ist. Zudem zeigten die im Winter nachverpflichteten John Tolkin (USA) und David Zec (Slowenien), dass sie absolute Verstärkungen sein können. Viele Fans und Sponsoren hätten sich Spieler ihres Kalibers aber schon viel früher gewünscht, um in der Bundesliga eine bessere Chance auf den Klassenerhalt zu besitzen.
Der neue Mann am Holstein-Ruder: Olaf Rebbe.
Foto: imago/Zink
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Bei Social Media äußerten sich viele „Störche“-Anhänger, dass auch Wehlmanns Freistellung zu spät komme. Einige Instagram-User dankten ihm, bezeichneten ihn sogar als „Bauernopfer“. Die Mehrzahl jedoch kritisierte den ihrer Meinung nach zu langen Zeitraum seines Wirkens bei der KSV. Von „fragwürdigen Transfers“ und „danke für nichts“ ist dort zu lesen, ein User schrieb gar: „Man hätte ihn nie holen dürfen, nachdem er schon Darmstadt ruiniert hat.“
Rebbe sorgte für sattes Transferplus beim 1. FC Nürnberg
Wehlmanns Nachfolger Rebbe kommt mit der Empfehlung einer durchaus erfolgreichen Zeit in Nürnberg an die Förde. Beim FCN soll während seiner Amtszeit ein Transferplus von 36 Millionen Euro erwirtschaftet worden sein. In Kiel soll er nun für ein solides Fundament und eine sichere Zukunft sorgen. Für einflussreiche Personen im Umfeld ist der 46-Jährige allerdings laut Informationen von shz.de noch „ein unbeschriebenes Blatt“. Gut möglich, dass das bereits nach wenigen Wochen schon ganz anders aussehen wird.