Vor wenigen Tagen stapelten sich noch Kisten und sperrige Utensilien auf der gläsernen Brücke im Central. Bis Ende der Woche wird dort alles aufgeräumt und eingerichtet sein, denn dann wird die neue Spielstätte von Jungem Schauspiel und Stadt:Kollektiv mit einem Fest über zwei Tage eröffnet. In das Programm am Freitag (ab 17 Uhr) ist die erste Premiere des Jungen Schauspiels eingebunden. Es bringt den berühmtesten Roman des Kinderbuchautors James Krüss (1926-1997) auf die Bühne: „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen.“ 1979 war der Fernseh-Mehrteiler mit Thomas Ohrner die erste Weihnachtsserie im ZDF und begründete eine Tradition.

In Düsseldorf spielt Hannah Joe Huberty den Jungen, der trotz harter Kindheit sein heiteres Lachen nie verlor. „Ich kannte weder das Buch noch den Film“, sagt sie. „Eher ist es die Generation meiner Eltern und Großeltern, die bei Timm Thaler große Augen kriegen. Dadurch habe ich erst gemerkt, in welche Fußstapfen ich da trete.“ Mit den Vorlagen hat sie sich dann gar nicht beschäftigt. „Ich wollte davon nicht beeinflusst werden“, erzählt die Schauspielerin. Nur kurz hat sie ins Hörbuch reingehört. „Das hätte mir meine Fantasie genommen. Es geht auch nicht darum, etwas nachzuahmen.“ Die Fassung von Regisseur Robert Gerloff und Dramaturgin Leonie Rohlfing sei ohnehin etwas ganz Eigenes. „Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich mit Timm einen Jungen spiele, auch nicht, ob es ein Mädchen ist. Das Geschlecht ist bei dieser Figur im Grunde unwichtig, ich sehe den Charakter in seiner Ganzheit.“

Auf der Pferderennbahn lernt Timm Thaler den geheimnisvollen Baron Lefuet (Eva Maria Schindele) kennen. Er ist fasziniert vom Lachen des Kindes und bietet ihm einen Tausch an. Timm würde die Fähigkeit erhalten, jede Wette zu gewinnen und reich werden. Dafür müsse er dem Baron sein Lachen überlassen und absolutes Stillschweigen über den Handel bewahren. Timm lockt die Aussicht, sich jeden Wunsch erfüllen zu können.

Doch bald schon wird ihm klar, dass Reichtum nichts wert ist ohne sein Lachen. Er will alles rückgängig machen und begibt sich auf die Suche nach dem Baron. „Eine Heldenreise durch die Welt, bei der Timm älter wird und sich verändert“, beschreibt Hannah Joe Huberty. „Er wird aufmüpfiger und hat als Teenager auch mal schlechte Laune. Mir kam dabei meine eigene Befindlichkeit in der Pubertät in den Sinn, das versuche ich in die Rolle einzufärben.“

Wichtig war ihr, Timm nicht als naiv darzustellen und auch nicht als geldgierig. „Er ist neugierig auf dieses andere Leben und trägt viel Hoffnung in sich“, erklärt sie. „Ich finde es schön, dass er allen, denen er begegnet, zunächst vertraut.“ Für junge Zuschauer sei das Stück eine poetische Umarmung. „Sie lernen daraus, wie man durch Schicksalsschläge robuster wird und an Charakterstärke gewinnt. Und das Lachen ist dabei ihr bester Freund.“

Sie selbst lacht gern und viel. „Dass ich es mir hier fast die ganze Zeit verkneifen muss, ist die Härte. Die anderen im Ensemble wissen nämlich genau, wie sie mich zum Lachen bringen können.“ Eine weitere Hürde ist das Singen, das ihr abverlangt wird. Zehn Songs hat Eva Jantschitsch für „Timm Thaler“ geschrieben, zwei davon sind Sololieder. „Das macht mich wirklich sehr nervös“, gibt sie zu. Dabei hat Hannah Joe Huberty ihre bisherige Karriere angstfrei und selbstbewusst gemeistert, im sicheren Wissen, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. 1999 geboren und aufgewachsen in Duisburg, hatte sie Eltern, die der Theaterkultur zugetan waren. Ihre Mutter leitet die „Schule der Phantasie“ und pflegt die Philosophie und Praxis, dass Kinder in einem kreativen Umfeld zu stärkeren Persönlichkeiten heranreifen. „Die Bühne war gleich nebenan“, berichtet Hannah, „ich kannte nichts anderes.“ Deshalb wollte sie auch unbedingt zum Jugendclub „Spieltrieb“ und setzte durch, dass sie schon mit 14 aufgenommen wurde und nicht bis 17 warten musste.

Über 100 Mal stand sie dort auf der Bühne, bevor sie in Berlin Theaterwissenschaften studierte und am Berliner Ensemble hospitierte. Von 2020 bis 2024 studierte sie Schauspiel an der MUK Wien. Und von dort ging es schnurstracks nach Düsseldorf ans Junge Schauspiel. Gleich im ersten Jahr wurde Hannah Joe Huberty vom Schauspielhaus-Freundeskreis der Theaterpreis 2025 verliehen, nach Auftritten in „Wolf“, „Pinocchio“, „Freedom is a Dancer“ und ihrem Lieblingsstück „Faust 1+2+3“ – als Theaterdirektorin, nicht als Gretchen. Das sei für sie, zumindest im Goethe-Original, auch keine Traumrolle. „Ich finde das Gretchen eher schwierig“, sagt sie. „Frauen in meiner Generation haben keine besondere Lust mehr, diese unterwürfigen und leidenden Opfer zu spielen.“

In Düsseldorf machte sie erste Erfahrungen mit jungem Publikum. „Man muss sich sehr konzentrieren, weil man aus dem Zuschauerraum alles mitkriegt. Das lernt man aber.“ Bei „Wolf“ berichtet sie von schönen Erlebnissen. „Die finden Kemi cool“, erzählt sie, „dadurch funktioniert das Stück ganz anders. Da habe ich 300 kleine Fans vor mir, die alle gut zuhören. Manchmal muss ich nur mit dem Finger schnippen, und sie sind still. Ein totales Geschenk.“