Hannover/ Berlin – Es ist ein verlockendes Angebot, mit dem ein Friseur aus Hannover wirbt: „Mittwochs 40 Prozent auf alles“. ABER: Das Angebot gilt ausdrücklich „nur für Damen mit Kopftuch“. Nanu! Diskriminiert der Friseur damit nicht Frauen ohne Kopftuch?
Das sah jedenfalls eine Frau – die kein Kopftuch trägt – so. Sie fühlte sich benachteiligt und wandte sich an die Antidiskriminierungsstelle. Das hat die Stadt Hannover auf BILD-Anfrage bestätigt. Zuerst hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ über den Fall berichtet.
Die Antidiskriminierungsstelle Hannover erklärt auf BILD-Anfrage, die „Irritation der Anfragestellerin [sei] nachvollziehbar, dass sie sich als Frau, die kein Kopftuch trägt, anders behandelt fühlt als kopftuchtragende Frauen“.
So wirbt der Hannoveraner Friseur. Laut Inhaber gibt es aber auch für alle Frauen – mit oder ohne Kopftuch – tägliche Sonderangebote
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Deutlicher: der renommierte Rechtsexperte Gregor Thüsing (54, Uni Bonn). Er erklärt: „Bei dem Kopftuch-Rabatt handelt es sich um eine zumindest mittelbare Ungleichbehandlung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.“
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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt, was in Deutschland diskriminierend ist und soll Benachteiligungen, z. B. aufgrund von Religion oder Ethnie, verhindern. Dazu gibt es deutschlandweit mehr als 35 kommunale Antidiskriminierungsstellen.
„Das Merkmal ‚Kopftuch‘ steht zwar nicht im Gesetz. Allerdings ist es ein Merkmal, das typisch für eine bestimmte Religion ist“, so Thüsing.
Heißt: Ja, der Friseur diskriminiert mit seinem Kopftuch-Rabatt zunächst Frauen ohne Kopftuch. ABER: Die Ungleichbehandlung kann gerechtfertigt sein. „Der Friseur muss sachliche Gründe vorlegen, warum er nur Frauen mit Kopftuch den Rabatt gewährt.“ Und die könnten im konkreten Fall gegeben sein, wertet der Experte.
► Fakt ist: Das Gesetz erlaubt Vergünstigungen, wenn damit ein spezieller Kundenkreis angelockt werden soll – z. B. Frauen mit Kopftuch.
Der Inhaber des Friseursalons mit dem umstrittenen Rabatt, Celal Kilic (42), erklärt selbst zu BILD: Er habe Werbung für eine neu eröffnete Etage seines Salons machen wollen. An einem Tag pro Woche steht diese Etage exklusiv Frauen offen. Muslimische Frauen sollen hier unbefangen ihr Kopftuch abnehmen können, werden nur von Frauen frisiert.
Der Friseur, selbst Muslim, betont: „Es gibt wenig geschützte Angebote für Frauen mit Kopftuch.“ Und seine Mitarbeiterin bestätigt: „Viele Kundinnen mit Kopftuch erzählen uns, dass sie sich die letzten Jahre die Haare selbst geschnitten oder gefärbt haben.“
In dem Hannoveraner Friseursalon sollen Muslima einen geschützten Raum haben, in dem sie unbefangen ihr Kopftuch abnehmen können
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Kritisch: Verfassungsexperte Volker Boehme-Neßler (Uni Oldenburg). Er hält den Kopftuch-Rabatt für „eine klare Diskriminierung der Nicht-Musliminnen“, für die es auch keine sachliche Begründung gebe. Der Experte sagt deutlich: ein geschützter Raum für Frauen, ja. Aber ein Rabatt nur für Frauen mit Kopftuch, nein!
Kilic zeigt sich über die Kritik an seinem Angebot „schockiert“ – und betont: Er wolle „Menschen nicht auseinander-, sondern zusammenbringen.“