Wer sich häufiger in Leipziger Parks aufhält, dem sind vielleicht schon die leeren steinernen Sockel aufgefallen, die ringsum zu finden sind. Oder leere Steinflächen, wie die am Glashaus, die andeuten, dass da mal etwas stand. Noch vor einiger Zeit wurden darauf Bronzefiguren ausgestellt. Heute sind viele verwaist; aufgrund von Diebstahl oder wegen Diebstahlprävention.

Denn immer wieder kommt es auch im Großraum Leipzig zu Diebstählen von Bronzestatuen aus dem öffentlichen Raum. Zuletzt wurden im März dieses Jahres in Leuna drei Plastiken aus dem Park gestohlen, wo sie seit Jahrzehnten öffentlich ausgestellt waren. Darunter die bekannte Skulptur »Chemiewerker«. Die Diebe wurden kurz darauf gefasst, die Kunstwerke waren da schon unwiederbringlich zerstört.

Wenige Monate zuvor verschwanden in Leipzig sowohl die St.-Barbara-Büste im Stadtteilpark Plagwitz als auch die Clara-Zetkin-Büste im Palmengarten. Für große Empörung hatte auch der Verlust der Bronzefigur »Wasserzauber« gesorgt, die lange den Schäferteich in Lößnig-Dölitz hütete. (s. kreuzer 12/2021) Ebenfalls mediale Aufmerksamkeit ernteten drei Plastiken des Künstlers August Gaul aus dem Clara-Zetkin-Park: Ende 2023 entwendeten Diebe die Figuren »Schwan« und »Pelikan«. Kurz darauf entfernte das Museum der bildenden Künste (MdbK) die verbleibende Statue »Bär auf Kugel« am Glashaus, um sie vor Diebstahl und Vandalismus zu schützen. Tatsächlich konnte der »Schwan« über ein Jahr nach dem gemeldeten Verlust im Teich des Parks wieder aufgefunden werden. Er wurde daraufhin geborgen und restauriert. Im Clara-Zetkin-Park, teilt Museumsdirektor Stefan Weppelmann mit, werde man die Statue nun nicht mehr aufstellen können.

Schlichtes Wort, böse Tat

Die Polizei Leipzig führt derartige Fälle unter dem Stichwort »Buntmetalldiebstahl«. Seit 2020 sind in Leipzig insgesamt 25 Diebstähle von Metallstatuen gemeldet worden. Eine steigende Tendenz sei nicht erkennbar, teilt ein Sprecher der Polizei Leipzig mit. Die Polizei geht jedoch von einem Dunkelfeld nicht angezeigter Diebstähle aus. In lediglich einem der angezeigten Fälle konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Bei vielen der entwendeten Plastiken sind daher die polizeilichen Ermittlungen eingestellt worden. Es ist davon auszugehen, dass die gestohlenen Statuen mehrheitlich eingeschmolzen und die Materialien verkauft werden.

Aber auch die Statuen, die bisher zur Diebstahlprävention von ihrem öffentlichen Standort entfernt wurden, sind der Öffentlichkeit weiterhin verborgen. So zum Beispiel erwähnter »Bär auf Kugel«. Nach seiner Entfernung aus dem Clara-Zetkin-Park wurde eine Wiederaufstellung im Zoo zwar erwogen, aber noch nicht veranlasst. Und die versprochene Kopie steht auch noch nicht im Park.

Schutz von Kunst im öffentlichen Raum

Die Frage nach der Handhabung von Kunst im öffentlichen Raum ist in der Stadtverwaltung ein zentrales Thema. Im Zuge eines Sachverständigenforums im Februar 2025 wurde deutlich, dass Buntmetalldiebstahl von Bronzefiguren ein europaweites Phänomen ist. Ein Pressesprecher der Stadt Leipzig erklärt, die Stadt befinde sich im Zwiespalt zwischen der Pflicht zur Erhaltung von Kunstwerken und dem Anspruch, den öffentlichen Raum nicht »leerzuräumen«. Museumsdirektor Weppelmann weist auf die Bedeutung der Ausstellung derartiger Bronzeplastiken hin: »Sie beleben und bereichern unseren Stadtraum, machen unsere Parks und Plätze auch im Wortsinn zu ›kunstvollen‹ Räumen.«

Politisch mischte sich zuletzt Linken-Stadtrat ­Volker Külow in die Debatte ein. Den Diebstahl der Clara-Zetkin-Büste im Palmengarten sah er als Anlass, das Thema Kunst im öffentlichen Raum aufzugreifen, sagt Külow. Mit einer Anfrage wandte sich Külow daher an den Oberbürgermeister, um Details zum Diebstahl und den Konsequenzen für die Stadt herauszufinden. Das zuständige Dezernat gab an, dass die Ermittlungen zwei Monate nach Meldung des Diebstahls eingestellt wurden, da der Täter nicht ermittelt werden konnte. Dem kreuzer sagte Külow, dass die Linksfraktion von der Stadt erwarte, möglichst rasch ein Duplikat der Büste wiederaufzustellen. Aus der Antwort der Stadt an Külow lässt sich allerdings herauslesen, dass das wohl noch einige Zeit dauern wird: »Eine Neubeschaffung der Büste wird in Abhängigkeit von der städtischen Haushaltslage geprüft.«

Verschiedene Maßnahmen zur Diebstahlprävention werden eingesetzt. Die Polizei bestreift die betroffenen Reviergebiete. Währenddessen setzt das Kulturamt auf eine »Sensibilisierung der Bevölkerung«. Külow aus der Linksfraktion hingegen meint: »Die Bevölkerung scheint uns schon durchaus für das Problem sensibilisiert zu sein.« Er plädiert stattdessen für strengere Kontrollen beim Buntmetallhandel. Auch technische Vorrichtungen, wie zum Beispiel eine zusätzliche Sicherung der Plastiken mit Stahlstiften, wurden bereits getestet. Allerdings mit wenig Erfolg – die Plastiken »Schwan« und »Pelikan« wurden trotz einer derartigen Anbindung aus dem Clara-Zetkin-Park gestohlen.

Wer soll das bezahlen?

Die erfolgreichste Maßnahme scheint daher tatsächlich die Erstellung von Duplikaten zu sein. Bereits 2011 sind Bronzeelemente der Österreicher-Denkmale am Völkerschlachtdenkmal von der Stadt durch Kunststoffduplikate ersetzt worden. MdbK-Direktor Weppelmann meint, Bronzeplastiken ließen sich am ehesten in Aluminiumguss kopieren. »Grundsätzlich sind Abgüsse von solchen Bronzen ästhetisch befriedigend, wenn sie durch Fachfirmen erfolgen«, lautet seine Expertenmeinung. Die meisten der sogenannten Originale seien ebenso Abgüsse und würden in verschiedenen Formen existieren.

Allerdings heißt es aus dem Kulturamt auch: Für die »Wiederherstellung eines verlorengegangenen Originals« braucht es eine Finanzierung. So fehlt es an Mitteln für eine Neuanfertigung der Büsten »St. Barbara« und »Wasserzauber«.

Nach kreuzer-Recherche sind finanzielle Gründe außerdem ausschlaggebend dafür, dass der »Bär auf Kugel« weiterhin nicht ausgestellt wird. Das MdbK, welches offiziell im Besitz der Statue ist, teilt mit, dass ein Angebot für die Erstellung einer Kopie durch eine Spezialfirma eingeholt worden ist. Die Kosten dafür würden sich auf bis zu 30.000 Euro belaufen. Da das MdbK derartige Kosten nicht tragen könne, so Direktor Weppelmann, bedarf es dafür zuerst eines Auftrags seitens der Stadt. Obwohl das Kulturamt Leipzig angibt, die Gussform für das Duplikat mit Kosten in Höhe von 14.000 Euro bereits veranlasst zu haben, fehlt der Auftrag zur tatsächlichen Anfertigung des Duplikats jedoch noch. Derzeit balanciert der Bär einsam auf seiner Kugel im Skulpturenmagazin des Museums.