Mannheim. (ven) Der Verkehrslärm von der Kurt-Schumacher-Brücke kommt nahezu ungefiltert in der Akademiestraße an. Trotzdem sind die Container unter dem Bauwerk für einige Menschen zur Heimat geworden. Das Café Anker schließt als betreuter Trinkertreffpunkt eine Lücke in der Versorgung chronisch Suchtkranker.

Zum fünfjährigen Bestehen blickten jetzt die Verantwortlichen mit Stolz auf das Geleistete zurück, schauten angesichts der Sparpläne der Stadt (die RNZ berichtete) aber auch sorgenvoll in die Zukunft. Nein, es ist keine leichte Klientel, dass täglich in den funktional eingerichteten Containern mit dem kleinen Außengelände vorbeischaut, wo sechs haupt- und 18 nebenamtliche Mitarbeiter ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Besucher haben.

Im Durchschnitt kämen täglich 65 Besucher in die Akademiestraße. „An manchen Tagen sind es sogar bis zu 100“, wusste der zuständige Bürgermeister Dirk Grunert (Grüne). Gestartet war man vor fünf Jahren mit durchschnittlich 34 Besuchern pro Tag. Sie alle erhielten im Café Anker von Anfang an einen sicheren Hafen. „Deshalb brauchen wir keine Kürzungen, sondern eigentlich sogar eine Aufstockung“, warb die Vorsitzende des Caritasverbands, Regina Hertlein. Der Verband und der Drogenverein Mannheim sind gemeinsam die Träger der Einrichtung, die den Betroffenen als Ort, in dem der Konsum von niedrigprozentigem Alkohol, im Gegensatz etwa zu Kontaktladen oder Suchtberatungsstelle erlaubt ist, eine Brücke bietet und damit auch der Gesellschaft einen Dienst erweist.

Durch den kontrollierten Konsum überschreiten die Betroffenen nur selten Grenzen, es komme daher selten zum Einsatz von Polizei oder Rettungsdiensten. Auch die Anzahl der Beschwerden wegen Ruhestörung nehme ab, und der Treffpunkt im Café Anker sei zugleich ein Beitrag für das Stadtbild, beispielsweise am Paradeplatz, an dem die Alkoholsüchtigen sich ansonsten tummeln würden. Und auch die Betroffenen profitierten, erhielten mit den Öffnungszeiten der Anlaufstelle eine Tagesstruktur mit gewohnten Gesprächspartnern. Gute Gründe also, den „Anker“ fortzuführen.

Dabei war der Trinkertreffpunkt vor seiner Einführung zunächst sehr umstritten, gestaltete sich vor allem die Suche nach einem passenden Standort als schwierig, ehe die Wahl, beinahe klischeehaft, auf das Grundstück unterhalb der Brücke fiel. „Wir haben mit dem Café echtes Neuland betreten“, erinnerte Bernd Bung, der die Einrichtung gemeinsam mit Manuela Morsch von Beginn an leitet. Bis heute seien Einrichtungen wie der „Anker“ in Deutschland an einer Hand abzuzählen. Dabei lägen die Vorteile doch auf der Hand. „Wir haben ein Konzept entwickelt, das echte Hilfe bietet.“ In vielen Jahren als Mitarbeiter des Drogenvereins habe er noch nie ein so bedarfsgerechtes Projekt erlebt, berichtete Bung und warb ebenfalls für eine Fortführung.

Bürgermeister Grunert zeigte sich vor den anstehenden Haushaltsberatungen „vorsichtig optimistisch“, dass zumindest der aktuelle Stand gesichert werden könne, „obwohl eigentlich eine Erhöhung wünschenswert wäre“. Aber diese sei angesichts von einem geforderten Einsparvolumen von 600 Millionen Euro utopisch.