Im Juni stellte die ARD-Talkerin Caren Miosga dem Verteidigungsminister eine vieldiskutierte Frage: „Wann sind wir kriegstüchtig, Herr Pistorius?“ Ein paar Monate später lässt sich feststellen: Die deutsche Gesellschaft ist auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen. „Angesichts der russischen Bedrohung“, sagte beispielsweise Friedrich Merz (CDU) in einer Regierungserklärung, müsse Deutschland eine „Sprache der Stärke“ wählen. Der Bundeskanzler will die Bundeswehr zur „konventionell stärksten Armee in Europa“ umbauen.

Gleichzeitig bringt sein Kabinett ein „Wehrdienstgesetz“ voran, welches bloß eine Vorstufe zu einer neuen, umfassenden Wehrpflicht sein könnte. Was macht die Kriegstüchtigkeit mit uns? Darüber spricht Jakob Augstein mit einer der wenigen lautstarken pazifistischen Stimmen in Deutschland: Margot Käßmann.

Käßmann betont auf radioeins u.a., wie schwer es heute geworden ist, sich öffentlich für Pazifismus auszusprechen. Die Sprache hat sich militarisiert: Begriffe wie „Ostflanke“ oder die Rückkehr der Wehrpflicht sind wieder salonfähig. Besonders erschreckt sie, wie wenig diplomatische Initiativen sichtbar sind und, dass Gesprächskanäle zur Deeskalation fehlen.

Die Vorstellung, der Krieg sei nur durch immer mehr Waffen zu beenden, hält Käßmann für kurzsichtig. Auch Militärexperten wüssten, dass es am Ende politische Lösungen braucht. Der Westen fokussiere sich einseitig auf Waffenlieferungen, ohne diplomatische Möglichkeiten auszuschöpfen.

Käßmann vermutet zudem, dass das Thema Wehrpflicht durch die Aussetzung 2011 aus der gesellschaftlichen Debatte verschwunden ist. Die Rückkehr der Bundeswehr in die Schulen und die fehlende Balance zur Friedenserziehung sieht sie kritisch.

 

Im radioeins & Freitag Salon setzt sich der Journalist und Verleger Jakob Augstein mit einem Gast ins Renaissance-Theater und redet – über das Politische in der Kultur, über die Gesellschaft und ihre Zwänge, über die Mechanismen von Öffentlichkeit und Lüge, und über das Verschwinden der Demokratie im Kapitalismus. radioeins sendet live. Hier verstummt die Erregungsmaschine des Internets. Der radioeins & Freitag Salon ist „unplugged“, wie man früher gesagt hätte. Echte Menschen reden über echte Themen und üben sich in Fähigkeiten, die rar zu werden drohen: Zeit nehmen, zuhören, verstehen, lernen. Das – unerreichte – Vorbild dieses aktuellen politischen Diskussionsformats sind die legendären Gespräche des Journalisten Günter Gaus, die im Fernsehen gezeigt wurden, als dieses noch schwarz-weiß war.

Jakob Augstein ist seit 2008 Verleger und Geschäftsführer der Wochenzeitung „der Freitag“. 1967 in Hamburg geboren, studierte er von 1989 bis 1993 Politik an der Freien Universität Berlin und am Institut d’études politiques de Paris. Er war zehn Jahre lang für die Süddeutsche Zeitung als Reporter in Berlin und Ostdeutschland unterwegs. Von 2011 bis 2018 schrieb er die Kolumne „Im Zweifel links“ auf „SPIEGEL ONLINE“. Von 2011 bis 2020 lieferte er sich mit Nikolaus Blome, dem ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur der Bildzeitung, in der Phoenix-Sendung „Augstein und Blome“ einen wöchentlichen Schlagabtausch zum politischen Thema der Woche. Im Januar 2022 erschien sein erster Roman „Strömung“ im Aufbau Verlag.
Eintrittspreis:
22 Euro, ermäßigt 10 Euro

Veranstaltungsort:
Renaissance-Theater
Knesebeckstr. 100
10623 Berlin