Die Kaufingerstraße bleibt das Nonplusultra unter Münchens Einkaufsmeilen. Hinter der dortigen Fußgängerzone habe es in den vergangenen Jahren jedoch „deutliche Verschiebungen“ gegeben, sagt Stephan Kippes bei der Vorstellung der Passanten-Frequenzanalyse des Immobilienverbands IVD Süd. Großer Verlierer sei der Stachus, der zum „Sigma-Doppelopfer“ geworden sei, so der Leiter der IVD-Marktforschung. Und auch in der Sendlinger Straße hätten sich frühere Hoffnungen, in die Liga der Kaufingerstraße aufzusteigen, nicht erfüllt.
Neben der Passantenfrequenz hat der IVD für seinen Herbstbericht auch die Büro- und Ladenmieten in München analysiert. Letztere haben sich demnach – nach dem pandemiebedingten Absturz – inzwischen stabilisiert und ziehen sogar wieder leicht an. So liegt die Miete für ein 80 Quadratmeter großes Geschäft mit einer fünf Meter langen Front in der sogenannten „1a-Lage“ innerhalb des Altstadtrings aktuell bei durchschnittlich 295 Euro pro Quadratmeter. Vor Corona hatte dieser Wert noch bei 410 Euro gelegen.
Ähnlich sieht es bei größeren Geschäften mit einer Verkaufsfläche von 200 Quadratmetern und einer acht Meter langen Front aus. Hier stürzten die Mietpreise ab Frühling 2020 innerhalb eines Jahres von 320 auf 215 Euro je Quadratmeter ab. Inzwischen liegt der Durchschnittswert wieder bei 230 Euro.
Das zwischenzeitliche Absacken der Ladenmieten sei jedoch „nichts Ungesundes“, befindet Stephan Kippes. Schließlich seien frühere Quadratmeterpreise von 410 Euro „doch sehr sportlich“ gewesen. Ohnehin sei München „immer noch einer der teuersten Flecken Deutschlands“, so der Experte. In den „1b-Lagen“ der Stadt – das ist der Bereich innerhalb des Mittleren Rings – zeigt sich laut den IVD-Zahlen ein ähnliches Bild wie im innersten Zentrum. Auch hier haben die Mieten im Einzelhandel nach der Corona-Delle mittlerweile wieder leicht angezogen – auf 115 Euro je Quadratmeter für eine kleine und 80 Euro für eine große Ladenfläche.
Damit setzt sich München – zumindest in den Toplagen – vom bayernweiten Trend ab, wonach die Ladenmieten sogar in 1a-Lagen seit Jahren sinken. Hintergrund ist vor allem der anhaltende Trend zum Onlineshopping, das laut Kippes während Corona einen „Megasprung“ gemacht hat. Abseits der Toplagen gingen freilich auch in München die Preise zurück, wie der IVD-Experte anmerkt. „In der Gleichmannstraße in Pasing hat sich die durchschnittliche Ladenlokalmiete im Vergleich zu vor zehn Jahren fast halbiert.“
Wie zentral der Faktor Lage ist, zeigt sich auch im Bürobereich. Während die bayernweiten Durchschnittsmieten hier seit Längerem fast unverändert bei um die zwölf Euro je Quadratmeter liegen, sind sie innerhalb des Münchners Altstadtrings seit Frühjahr 2024 von 40 auf 51 Euro pro Quadratmeter emporgeschnellt. Dieser Anstieg liegt Stephan Kippes zufolge vor allem an einem „Zurückhol-Aufschlag“. So würden viele Unternehmen höhere Büromieten in Kauf nehmen, um ihre Beschäftigten, die während der Pandemie ins Homeoffice gewechselt sind, wieder an die Arbeitsstätte zurückzulotsen. Dabei setzten die Firmen auch mit Blick auf die besonders umkämpften Fachkräfte auf möglichst attraktive Standorte im Stadtzentrum. Dies führe zu der „atypischen Situation“, so Kippes, dass trotz schwacher Konjunktur und steigender Arbeitslosenzahlen die Büromieten in Münchens Bestlagen kräftig angezogen hätten.
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SZ PlusVon Catherine Hoffmann
Beim Blick auf beliebte Shoppingziele in der Innenstadt konstatiert der IVD-Mann zunächst, dass die Kaufingerstraße nach wie vor die meistfrequentierte Einkaufsmeile der Stadt ist. Hier habe man bei zwei Messungen an durchschnittlichen Werktagen vor der Sommerpause mit 9374 Passanten pro Stunde den höchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen 2013 registriert.
Interessanter als die absoluten Zahlen sei aber der Vergleich der Einkaufsmeilen untereinander. So liegen auf Platz zwei und drei die Rosen- und Weinstraße, die auf 70 und 64 Prozent der Passantenfrequenz der Kaufingerstraße kommen. Auf Rang vier mit nur noch 48 Prozent ist der Stachus abgerutscht, der im Jahr 2023 noch auf Platz zwei mit 83 Prozent rangierte. Dieser habe massiv an Aufenthaltsqualität eingebüßt durch den weitgehend leerstehenden Kaufhof auf der einen und den „Karstadt-Komplex im Bauruinenstadium“ auf der anderen Seite, sagt Kippes. Hinzu komme die „unansehnliche“ Schützenstraße. „Da muss man ja fast dafür bezahlt werden, dass man da langläuft.“
Derweil weist die Sendlinger Straße an der Kreuzung zur Hackenstraße 34 Prozent des Passantenaufkommens der Kaufingerstraße auf, kurz vor dem Sendlinger Tor sind es dann nur noch 22 Prozent – vor zwei Jahren waren es noch 46 und 42 Prozent. „Dort gab es mal den Traum von der 1a-Geschäftslage“, sagt der IVD-Experte. „Aber das ist bei Weitem nicht die gleiche Liga wie die Kaufingerstraße.“ Ihm zufolge fehlt der Sendlinger Straße vor allem ein „starker Magnet“ am westlichen Ende. „Da bräuchte es ein spannendes Konzept, dass die Leute dazu bringt, die Straße bis zum Sendlinger Tor durchzugehen.“