Argentiniens Präsident Javier Milei bei einer Wahlkampfveranstaltung

(Bild: OSCAR GONZALEZ FUENTES / Shutterstock.com)

Präsident Javier Milei wollte Argentinien mit radikalen Reformen aus der Krise führen. Doch nun drohen Kapitalflucht und Hyperinflation. Kann US-Hilfe das Blatt noch wenden?

Für Argentiniens Präsidenten Javier Milei wird es eng. Als der Libertäre Ende 2023 mit einem radikalen Sparprogramm antrat, keimte Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Befreiungsschlag.

Doch nach anfänglichen Erfolgen steckt das Land nun tiefer in der Krise als je zuvor. Milei kämpft gegen Kapitalflucht und eine drohende Hyperinflation. Die USA erwägen eine Rettungsaktion, doch Experten warnen vor den Risiken.

Mileis „Schocktherapie“: Hoffnungsvoller Start mit Erfolgen

Mileis Plan glich einer ökonomischen „Schocktherapie“: harte Einschnitte bei Staatsausgaben und Subventionen, Öffnung der Wirtschaft, Inflationsbekämpfung durch einen starken Peso.

Zunächst schien das Konzept aufzugehen: Die Inflationsrate sank von fast 300 Prozent im April 2024 auf rund 34 Prozent im Sommer 2025. Zugleich erreichte Milei einen ausgeglichenen Haushalt. Internationale Geldgeber wie der IWF gewährten Argentinien Kredite von über 40 Milliarden Dollar. Die Märkte honorierten die Trendwende, Investoren fassten neues Vertrauen.

Doch der Aufschwung trug die Saat neuer Probleme in sich, wie sich jetzt zeigt. Um die Inflation in den Griff zu bekommen, hielt Milei den Wechselkurs des Peso künstlich hoch.

Doch die starke Währung erwies sich als gefährliche Wachstumsbremse: Argentiniens Exporte wurden weniger wettbewerbsfähig, während billige Importe ins Land strömten. Die Folge: Argentinien verpasste es, ausreichend Dollarreserven für den Schuldendienst anzusparen.

Heute gilt der Peso als massiv überbewertet. Analysten beziffern die Überbewertung auf 20 bis 30 Prozent. Um die Währung zu stützen, sah sich die Zentralbank gezwungen, in nur drei Tagen 1,1 Milliarden Dollar auf den Devisenmarkt zu pumpen. Ein gefährlicher Aderlass, der die Reserven des Landes bedrohlich schrumpfen ließ. Experten schätzen die frei verfügbaren Devisenreserven Argentiniens auf nur noch rund fünf Milliarden Dollar.

Politische Fehlschläge erschüttern Vertrauen

Nun rächt sich, dass Milei zu sehr auf Konfrontation setzte. Eine schwere Wahlniederlage seiner Partei in der wichtigen Provinz Buenos Aires, in der ein Drittel der Argentinier lebt, geriet zum Debakel. Zugleich erschütterte ein Korruptionsskandal um Mileis Schwester und Stabschefin Karina das Vertrauen in den Präsidenten, dessen Zustimmungswerte erstmals unter 40 Prozent fielen.

Mileis harte Linie entfremdete ihn von moderaten Verbündeten im Parlament. In zentralen Abstimmungen über den Haushalt fügten ihm Abgeordnete empfindliche Niederlagen zu. Sie verhinderten Kürzungen und setzten höhere Ausgaben für Bildung und Gesundheit durch – gegen das Veto des Präsidenten. Inzwischen steht Milei vor den wichtigen Zwischenwahlen am 26. Oktober ohne verlässliche Mehrheit da.

Die politische Krise trifft Argentinien in einem Moment wirtschaftlicher Schwäche. Enttäuschte Investoren ziehen ihr Kapital in Massen aus dem Land ab. Der Peso gerät immer stärker unter Druck und nähert sich gefährlich seiner Untergrenze – trotz aller Stützungskäufe der Zentralbank.

An den Anleihemärkten gelten argentinische Bonds wieder als „notleidend“. Zugleich spitzt sich die soziale Lage zu: Die Löhne sind weiter gesunken, die Arbeitslosigkeit steigt. Laut Umfragen schwindet die Geduld der Bürger mit Mileis Reformen.

USA erwägen Rettungsaktion – Experten warnen

In dieser Lage schöpft Milei neue Hoffnung: US-Finanzminister Scott Bessent hat seinem ideologischen Verbündeten Hilfe in Aussicht gestellt. Alle Optionen lägen auf dem Tisch, erklärte Bessent und nannte Swap-Linien, Devisenkäufe und den Erwerb argentinischer Anleihen als mögliche Instrumente. An den Märkten zeigten die Signale aus Washington zunächst Wirkung: Der Peso und argentinische Anleihen erholten sich.

Doch in den USA mehren sich kritische Stimmen. Die einflussreiche Senatorin Elizabeth Warren warnte Finanzminister Bessent in einem Brief, eine Rettungsaktion dürfe nicht „auf Kosten des amerikanischen Volkes“ gehen. Sie warf der Regierung von Präsident Donald Trump zudem vor, Milei aus rein ideologischen Gründen zu unterstützen.

Auch Experten sehen die möglichen US-Hilfen skeptisch. Milliardenschwere Finanzspritzen, so ihre Befürchtung, könnten den Peso noch weiter überbewerten – und so eine dringend nötige Abwertung der Währung verhindern. Argentiniens strukturelle Probleme aber blieben ohne einen neuen politischen Konsens und eine glaubwürdige Wirtschaftspolitik ungelöst, warnen führende Ökonomen.

Ausblick: Stunde der Wahrheit nach den Zwischenwahlen

Noch hält sich Milei mit Notmaßnahmen über Wasser. Steuererleichterungen für Agrarexporte etwa sollen dringend benötigte Dollar ins Land holen. Auch die politischen Signale der USA stützen den Peso vorerst. Doch spätestens nach den Zwischenwahlen am 26. Oktober droht Argentinien die Stunde der Wahrheit.

Nur wenn es Milei gelingt, eine stabile Mehrheit hinter seine Reformen zu scharen, dürfte ihm eine Atempause vergönnt sein. Zugleich muss er den Peso wohl oder übel abwerten, um Argentiniens Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Scheitert der Präsident, könnte das Land erneut in eine verheerende Inflationsspirale geraten. Schon jetzt warnen Experten, ohne Kurswechsel führe der Weg zurück in die gefürchtete Hyperinflation.