Vor anderthalb Jahren bekam er eine Haftstrafe, weil er 2021 eine Frau (heute 29) in der Leipziger City attackiert haben und sexuell übergriffig geworden sein soll. Doch der 36 Jahre alte Carlos M. wehrt sich gegen die Entscheidung. Dienstag startete der Berufungsprozess am Landgericht Leipzig, in welchem der Tatverdächtige über seinen Verteidiger eine ganz andere Geschichte verlautbaren ließ.

Das Leipziger Amtsgericht wollte ihn per Urteil vom 21. März 2024 für zwei Jahre hinter Gittern sehen. Er aber legte Berufung ein, sodass sein Fall nunmehr vor dem Landgericht neu verhandelt wird: Seit Dienstag, dem 23. September, muss sich Carlos M. (36) wegen eines versuchten sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.

Amtsgericht ging von heftiger Gegenwehr aus

Der Vorfall selbst liegt fast vier Jahre zurück: Es war am 24. Oktober 2021, einem Sonntagmorgen gegen 05:35 Uhr, als sich der damals 32-jährige Carlos M. auf der Petersstraße einer zufällig stadtauswärts passierenden Frau angenähert haben soll. Nach einer kurzen Ansprache, wohin sie gehe, soll der angetrunkene Carlos M. die in Irland geborene Elizabeth S. (Name geändert) in eine Passage gezerrt, gegen ihren Willen berührt, sie zu Boden gerissen und versucht haben, Geschlechtsverkehr mit ihr durchzuführen.

Sein Vorhaben sei letztlich aber an der massiven Gegenwehr des damals 25-jährigen Opfers gescheitert, obwohl Carlos M. die junge Frau während des Geschehens auch brutal gegen den Kopf geschlagen haben soll. Weil Elizabeth sich mit Händen und Füßen zu verteidigen versuchte und auch um Hilfe rief, habe der mutmaßliche Täter letztlich von ihr abgelassen und sei vom Tatort geflüchtet.

Elizabeth erlitt neben den psychischen Folgen laut Gerichtsangaben ein Hämatom und Verletzungen am Ohr. Dem Prozess hat sie sich als Nebenklägerin angeschlossen.

Angeklagter bestreitet Vorwürfe

Völlig anders klang die Version, die Verteidiger Matthias Zrost am Dienstag vor der Kammer verlas: Sein Mandant bestreite den Tatvorwurf. Er habe die Nacht seit dem Vorabend mit einer Bekannten in einer Innenstadtbar verbracht, aus der er am Morgen des 24. Oktober 2021 den Heimweg angetreten habe. Unterwegs in Richtung Moritzbastei, habe ihn ein unbekannter Täter an der Universitätsstraße überfallen, ihn grundlos geschlagen und sein Handy abgenommen, hieß es weiter.

Im Gegensatz zur Annahme der Anklage, die sich liest, als gäbe es keinerlei Vorbeziehung zwischen Elizabeth und ihm, kenne er sie von einer kurzen Affäre im Jahr 2019, ließ Carlos M. seinen Anwalt weiter erklären. Zu ihr habe er in der Uniklinik Kontakt gehabt, wo er sich noch am 24. Oktober wegen der bei dem Überfall auf ihn erlittenen Verletzungen behandeln ließ. Das geraubte Handy soll später in einer Passage wieder aufgetaucht sein.

Ausschluss der Öffentlichkeit

Zur Vita des Angeklagten ist aktenkundig, dass er in Venezuela geboren ist, dort studiert habe und vor mehreren Jahren nach Deutschland kam. Hier habe er nach eigener Aussage ein gutes Einkommen mit seiner Arbeit. Darüber hinaus ist Carlos M. Vater eines Kindes.

Für den Fortgang der Hauptverhandlung sollte die laut Anklage Geschädigte Elizabeth S. noch am Dienstag ihre Aussage machen. Auf Antrag ihrer Anwältin Anne Prestrich wurde die Öffentlichkeit hierfür ausgeschlossen, um die Privat- und Intimsphäre der 29 Jahre alten Frau zu schützen.

Die 9. Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Rafael Dombrowski hat bis kommende Woche noch einen weiteren Prozesstag geplant.