In Berlin müssen Angehörige häufig wochenlang auf einen Bestattungstermin warten. Das kann an nicht vorhandenen Dokumenten liegen, erklärt der Vorsitzende der Bestatterinnung Berlin-Brandenburg. Oder an einem fehlenden Baggerfahrer.
rbb|24: Herr Lenzen, eine Kollegin erzählte, dass ihre verstorbene Nachbarin erst zwei Monate nach ihrem Tod in Mariendorf beerdigt wurde. Ist das eine übliche Wartezeit?
Fabian Lenzen: Das ist schon eine sehr lange Zeit. Meistens ist es weniger. In Berlin gibt es eine formelle Besonderheit: die Betattungsgenehmigung. Die soll in der Regel vom Standesamt gleich beim Beantragen ausgestellt werden. Denn bis man eine Sterbeurkunde in Berlin bekommt, dauert das oft deutlich länger. Natürlich kann aber auch die Beantragung der Bestattungsgenehmigung in Ausnahmefällen länger dauern, was zu Wartezeiten führen kann.
Angenommen, es liegen alle nötigen Dokumente vor, gibt es noch andere Gründe, die zu Wartezeiten führen?
Friedhofsverwaltungen sind teilweise für die Bestatter schwer zu erreichen, um überhaupt einen Termin zu vereinbaren, tendenziell vor allem die städtischen. In Steglitz-Zehlendorf hatten wir zuletzt vor etwa einem Jahr diesen Fall. Die haben mittlerweile mit einem Online-Kalender reagiert, sodass die Terminfindung schon deutlich einfacher ist.
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Also sind die Wartezeiten eine Folge des Personalmangels?
Teilweise schon. Zum Beispiel fehlte in Reinickendorf längere Zeit ein Baggerfahrer, der die Gräber aushebt. Dann gab es einen, der war aber eine zeitlang im Urlaub. Jetzt haben sie dort wieder zwei.
Es können aber auch andere Gründe sein. Zuletzt waren in Reinickendorf durch den Sturm für einige Zeit mehrere Friedhöfe gesperrt und konnten gar nicht genutzt werden. Oder am Wannsee gibt es einen Friedhof, der nur alle 14 Tage Bestattungen macht. Wenn der Tag in zwei Wochen dann schon voll ist, muss man dementsprechend auch mal vier Wochen warten.
Wie gehen Angehörige mit so einer Wartezeit von mehreren Wochen um?
Jedes Bundesland hat sein eigenes Bestattungsgesetz. Also kann man davon ausgehen, dass sich in diesem auch die Gepflogenheiten der Menschen widerspiegeln. In Berlin gibt es beispielweise keine Frist für Erdbestattungen und für eine Urnenbestattung gibt es eine Frist von sechs Monaten. Eventuell bedingt diese nicht vorhandene Frist längere Wartezeiten, allerdings kann man auch davon ausgehen, dass manche das begrüßen, dass es hier so ist. Ausgenommen sind zum Beispiel die Muslime, die eine zeitnahe Beisetzung aus religiösen Gründen wünschen.
Wenn man das gerne möchte, sollte man sich möglichst kurz nach dem Tod am offenen Sarg verabschieden, losgelöst vom eigentlichen Bestattungstermin.
Wie ist es in Brandenburg mit den Wartezeiten?
In Brandenburg legt das Gesetz fest, dass eine Erdbestattung innerhalb von zehn Tagen nach dem Tod geschehen muss. Das wissen auch die Friedhöfe und gerade auf dem Land ist die Nachfrage einfach nicht sehr hoch. Auf manchen Friedhöfen gibt es vielleicht fünf Bestattungen im Jahr. Die haben dann nicht mal einen eigenen Baggerfahrer, sondern es sind dort oftmals die Mitarbeiter des Bestattungsinstituts, die manchmal auch mit Schaufeln die Gräber ausheben. Das ist Teil der Ausbildung, Grabmachertechnik nennt sich das.
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Wie funktioniert das technisch, einen Leichnam mehrere Wochen aufzubewahren?
Es gibt die Möglichkeit der Einbalsamierung, das heißt, das Blut wird durch Konservierungsmittel ausgetauscht. Allerdings können das nicht alle Bestatter und das wird auch nur sehr selten gemacht, in der Regel nur bei Auslandsüberführungen. Die Verstorbenen werden in der Regel einfach gekühlt, teiweise auch tiefgekühlt. Der Zustand verändert sich dadurch natürlich trotzdem, deshalb rate ich von einer Abschiednahme am offenen Sarg nach acht Wochen ab. Wenn man das gerne möchte, sollte man sich möglichst kurz nach dem Tod am offenen Sarg verabschieden, losgelöst vom eigentlichen Bestattungstermin.
Wer muss für die Kühlung zahlen, wenn sich die Wartezeit in die Länge zieht?
Die Kosten für die Kühlung übernehmen in der Regel die Angehörigen. Daran ändert auch ein fehlender Baggerfahrer oder ein Sturm nichts.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24.