Knapp eine Million Euro für die zentrale Silvesterfeier auf dem Schlossplatz mit Musik, Lichtshow und Gastro – ist das in Zeiten knapper Haushaltskassen klug und vermittelbar? Um diese Frage ging es in der jüngsten Sitzung des Stuttgarter Verwaltungsausschusses. Die Stadt müsste die gesamten Kosten tragen, weil das Land eine Beteiligung abgelehnt hatte. Um es vorweg zu nehmen: Viele Rätinnen und Räte waren derart hin und her gerissen, dass sie die Abstimmung darüber vertagten – dabei wird die Zeit bis zum Jahresende langsam knapp.

Zuvor hatten Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) und Stuttgarts Polizeivizepräsident Carsten Höfler in ausführlichen Statements und mit Zahlen deutlich zu machen versucht, warum die zentrale Silvesterfeier samt Böllerverbot im Bereich des Cityrings nicht nur ein kulturelles Angebot an die Stuttgarter, sondern essenziell für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in dieser Nacht ist. Die Feier gibt es mit Corona-Unterbrechungen seit 2019. Zuvor habe es regelmäßig Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feiernde auf dem Schlossplatz gegeben, so Höfler. Rund 100 Straftaten, meist gefährliche Körperverletzungen, habe man in diesen Jahren in der Nacht des Jahreswechsels registriert, wobei die Dunkelziffer hoch sei. Mittlerweile wären es nur noch 25.

Die Polizei muss auf dem Schlossplatz „robust“ eingreifen

Findet die Veranstaltung, zu der zuletzt rund 20 000 Menschen kamen, nicht statt, prophezeit Höfler auf dem Schlossplatz eine gefährliche „Show“ Tausender und „pyrotechnische Angriffe“ in die Menge. Die Polizei müsste dann „robust“ eingreifen, um die Sicherheit zu gewährleisten, was entsprechende mediale Berichte erzeuge. Für Bürgermeister Maier geht es dabei „um das Image Stuttgarts bundesweit“, aber auch innerhalb der Stadtgesellschaft. Er rechnet mit „Bildern, die keiner haben will“. Alle Bemühungen unterm Jahr, das Sicherheitsgefühl der Menschen in der Innenstadt zu verbessern, würden dann an Silvester konterkariert. Maier verwies darauf, dass es zum Jahreswechsel 2024/25 in vielen deutschen Großstädten zu Ausschreitungen und Polizeieinsätzen kam, während in der Landeshauptstadt weitgehend friedlich und ruhig gefeiert worden wäre.

Die Ausschussmitglieder quer durch alle Fraktionen ließen sich von diesen Argumenten aber nicht gänzlich überzeugen und hatten viele Nachfragen zu der Veranstaltung, welche die Stadt 952 000 Euro kosten würde, 145 000 Euro hofft man durch Tickets und Gastronomiepachten wieder einzunehmen. Ob ein Böllerverbot nicht auch ohne eine solche Veranstaltung möglich und durchsetzbar wäre, immerhin verhängten viele Kommunen wie zum Beispiel Tübingen, Reutlingen, München oder Berlin ein solches, wollten unter anderem Petra Rühle (Grüne) und Alexander Kotz (CDU) wissen.

Ob die große Feier nicht auch billiger möglich wäre, fragte Ina Schumann (Gruppierung Puls). Warum das Geld dafür nicht bereits im laufenden Haushalt eingestellt war, sondern nun aus der Reserve bezahlt werden müsse, wollte Jasmin Meergans (SPD) wissen.

Tatsächlich könnte die Stadt – das erläuterte Susanne Scherz, Leiterin des Amts für öffentliche Ordnung – auch ohne Feier ein Böllerverbot für bestimmte Innenstadtbereiche aussprechen, das gebe das Polizeirecht her. Carsten Höfler bezweifelt aber, dass seine Truppe ein solches bei „zehn- bis dreißigtausend Menschen durchsetzen kann“. Der Vorteil der zentralen Feier sei, dass das Partypublikum auf dem Schlossplatz und drumherum dadurch sehr gemischt ist, Menschen, die auf Krawall aus sind, in der Menge sozusagen untergehen. Mit kleineren Ansammlungen von Unruhestiftern an anderen Orten der Stadt könne man hingegen besser umgehen.

Ein Böllerverbot wäre auch ohne städtische Silvesterfeier möglich. Foto: picture alliance / Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Zu den Kosten, die geringer als im Jahr zuvor sind, als die Stadt 1,19 Millionen bezahlte, sagte Clemens Maier, dass es viele Fixkosten wie etwa Technik und Personal gebe. Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) erklärte, dass die Gelder für die Feier nicht im Haushalt eingestellt waren, weil man mit dem Land über eine Beteiligung verhandeln wollte. Dass sowohl das für die Sicherheit und Polizei zuständige Innenministerium wie auch das für den Schlossplatz zuständige Finanzministerium abgewinkt haben, machte manche Räte sauer: „Wozu ist das Land überhaupt da?“, fragte sarkastisch Matthias Oechsner (FDP).

Nächste Runde am 8. Oktober

Obwohl die kritische Haltung vieler Räte deutlich wurde, sprachen sich nur einige Fraktionen in der Diskussion klar dagegen (Grüne, AfD) oder dafür (Freie Wähler) aus. So will sich etwa das Linksbündnis noch weiter beraten. Die Abstimmung wurde vertagt. Das Thema wird nun im Ausschuss am 8. Oktober, und damit einen Tag bevor die Verwaltung ihren Entwurf zum nächsten Doppelhaushalt einbringen will, erneut aufgerufen. Beschließen muss danach dann der Gemeinderat. Viel Zeit für die Party-Planung bliebe dann nicht mehr.