Stand: 25.09.2025 17:14 Uhr

Nach dem Verpassen der Play-offs im Vorjahr starten die Telekom Baskets Bonn mit einem runderneuerten Kader in die BBL-Saison.

Ein streng definiertes Saisonziel haben die Bonner vor dem BBL-Auftakt gegen die Würzburg Baskets (Samstag/20 Uhr) nicht ausgegeben, aber: „Wir wollen zurück nach Europa“, sagte Bonns Sportdirektor Savo Milovic im Gespräch mit dem WDR. „Aber wir müssen etwas Geduld haben. Unser Trainer Marko Stankovic ist bereit dafür. Wir haben große Ambitionen, die wir aber nicht über Nacht erreichen können. Es ist ein Prozess, der gerade anfängt“, so Milovic. Alles andere als ein Platz in den Play-Ins wäre aber wohl eine erneute Enttäuschung für die Baskets.

Vor zwei Jahren noch Champions-League-Sieger

Noch im Mai 2023 feierten die Telekom Baskets Bonn den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte. In dieser Saison sicherten sich die Baskets unter Trainer Tuomas Iisalo den Titel in der Champions League. Außerdem wurde Bonn Vizemeister in der BBL. Knapp zwei Jahre später war die Ernüchterung im Klub groß: Die Baskets verpassten in der letzten Spielzeit erstmals seit 2021 die Play-offs, landeten am Ende auf Platz 14 und werden in der kommenden Saison nicht international spielen. Was war passiert?

„Haben den Faktor Erfahrung etwas unterschätzt“

„Nach dem Titel hatten wir einen totalen Umbruch, es war eine neue Mannschaft. In der Folgesaison und dem siebten Platz sind wir damit noch besser umgegangen als Gruppe“, sagte Milovic. „Im zweiten Jahr wollten wir wieder nach oben und haben dadurch bei der Planung auch etwas mehr Druck gehabt. Wir haben dabei den Faktor Erfahrung etwas unterschätzt.“

Der Lage auf dem Spieler-Markt sei nicht so einfach gewesen, am Ende habe der Klub nicht immer die erste oder zweite Option bekommen, die eben diese gewisse Erfahrung gehabt hätte. Bei den verbleibenden Optionen habe man mehr auf das Spielerprofil geschaut. „Wir haben die mangelnde Erfahrung riskiert und darauf gehofft, dass das Team auf dieses Niveau kommt“, so Milovic. „Und vielleicht haben wir zu lange abgewartet, etwa mit Nachverpflichtungen“.

Bonns Trainer Marko Stankovic.

Zudem habe in der letzten Saison „auch die ein oder andere Verletzung im Weg gestanden“. Nach dem Trainerwechsel im Januar 2025 von Roel Moors zu Stankovic habe Bonn trotzdem bis zwei Spieltage vor Saisonende noch die Chance gehabt, in die Play-Ins zu kommen. „Das war eine unglaublich enge Bundesliga-Saison. Wir waren 14., und mit zwei Siegen mehr wären wir schon Zehnter oder Neunter gewesen“, sagte Milovic.

Kader auf links gedreht

In der Sommerpause haben die Baskets auf das schlechte Abschneiden reagiert und den Kader ordentlich umgekrempelt: Zehn Neuzugänge kamen, nur Jonathan Bähre ist noch aus dem Vorjahres-Team übrig geblieben. „Wir hatten bei der Zusammenstellung der Mannschaft im Sommer sehr oft im Kopf, dass wir nicht zu lange warten“, sagte Milovic. „Wir haben im Jahr davor vielleicht auch teilweise etwas zu lange gezögert. In diesem Sommer haben wir – wenn wir überzeugt waren, dass es der Richtige ist – nicht noch wochenlang auf dem Markt geschaut.“

Unter den Neuzugängen sind einige Spieler, die auch bei anderen Klubs auf dem Zettel standen, sich aber für Bonn entschieden haben. Etwa Center Michael Kessens, der aus Berlin nach Bonn zurückkehrte und bereits von 2021 bis 2023 in Bonn unter Vertrag stand. Oder Jenas Aufstiegsheld Zach Cooks, der laut Milovic der „Motor“ des neuen Teams sein soll, zurzeit aber noch noch verletzt ist. Auch der erfahrene Flügelspieler Tylan Birts, in Tschechien zuletzt als „Verteidiger des Jahres“ ausgezeichnet, entschied sich für Bonn.

„Sind bekannt dafür, das ganze Paket zu bieten“

„Cooks und Birts waren die ersten Spieler, die unterschrieben haben neben Joel Aminu“, berichtete Milovic. „Cooks schielte nach oben, auch wenn da fast schon klar war, dass er dass auch mit Jena nun höher spielen könnte. Aber er sah den Wechsel nach Bonn als nächsten Schritt für sich. Er bringt diese gewisse Aktivität und Aggressivität offensiv wie defensiv mit“.

Bei Kessens habe es etwas länger gedauert. „Er kennt nicht nur die Stadt, die Fangemeinde, die Halle, sondern wir konnten ihn von der Arbeit mit Marko überzeugen. Das Projekt gefiel ihm, und so geht auch mal ein Jahr ohne Europa.“ Ähnlich sei es bei Jeff Garret gewesen. „Nach seiner Zeit in Jena hatte er einige Angebote vorliegen. Da haben wir auch ein bisschen die Familien-Karte gespielt. Wir sind dafür bekannt, dass wir das ganze Paket bieten. Und nicht nur schnell einen Spieler holen, ihn in eine Wohnung reinwerfen und dann sagen: ‚Sieh zu, dass du klar kommst.‘ Man kümmert sich um den Kindergarten etc., also um das Drumherum. Das war für ihn auch sehr wichtig.“

Wichtig sei auch: „Wenn andere Jungs sehen, dieser Spieler geht dorthin, sagt das auch was über den Verein aus. Dann sind die Gespräche natürlich etwas geschmeidiger.“

College-Spieler sorgen für schwierige Marktlage

Allerdings ist die Lage mit Talenten aus Deutschland nach dem Urteil des Supreme Courts in den USA schwieriger geworden. Das Gericht hatte 2021 entschieden, dass College-Spieler, die zuvor an einen strikten Amateurstatus gebunden waren, ihre Persönlichkeitsrechte selbst vermarkten dürfen – was sehr lukrativ sein kann und viel Geld ins US-System hat fließen lassen. Für die deutschen Teams ist es da schwierig, finanziell mitzuhalten und junge Talente an sich zu binden.

„Wegen der US-Colleges war der Markt in diesem Jahr extrem anders. Wir haben zwar keinen Spieler ans College verloren, aber die Preise sind unter die Decke gestiegen“, so Milovic.

Guter Alters-Mix, starke Charaktere

Bei den Neuverpflichtungen haben die Bonner auf eine gute Mischung aus erfahrenen und jüngeren Profis gesetzt. „Wir haben einige Spieler, die auf ihrem Höhepunkt sind beziehungsweise noch vier, fünf Jahre spielen. Wir haben aber auch Jungs, die das erste Mal auf diesem Niveau spielen“, sagte Milovic.

Man habe aber auch auf einen gewissen Spielertyp geschaut. „Die haben alle schon mal um was gespielt – etwa wie Cooks in Jena oder Alijah Comithier, der schon in Europa gespielt hat. Die kommen mit Heimweh zurecht, kennen auch andere Kulturen und Herangehensweisen – das darf man nicht unterschätzen“, so Milovic. „Diese Jungs haben diesen Charakter, um etwas zu spielen, und nicht ab März schon sagen: ‚Ich möchte nach Hause‘. Viele Jüngere sind nicht gewöhnt, so viel zu spielen, weil etwa die College-Saison schon im März vorbei ist.“

Fokus auf die Defensive

Und wie soll das Spiel der runderneuerten Baskets in der kommenden Saison aussehen? „Unser Trainer war fünf Jahre Co-Trainer von Tuomas Iisalo, da hat er sich einiges abgeschaut. Es soll einen Uptempo-, einen schnellen Basketball geben, schnelles Umschalten zwischen Defense und Offense“, so Milovic. „Wir legen aber einen Fokus auf die Defense. In der Offense läuft es nicht immer rund, aber dafür sind wir für die Defensive sehr gut aufgestellt. Das soll uns dieses Jahr begleiten, denn das ist etwas, dass die Tagesform am wenigsten beeinflussen kann. Defensiv gibt es keine Ausrede.“

Der Charakter des Teams soll ein anderer sein als in der Vorsaison. „Wir haben eine Mannschaft mit Talent, aber der Charakter überwiegt. Das sind alles keine Jungs, die Superstars in ihren jungen Jahren waren, sondern sie mussten sich alles hart erarbeiten“, sagte Milovic. „Das sieht man auch im Training, die Jungs sind alle mit 110 Prozent dabei. Das Publikum in Bonn will eine Mannschaft, die sich mit dem Ganzen hier identifiziert, die sich für jeden Ball auf den Boden wirft. Wenn das am Ende zum Sieg reicht, sind wir natürlich überglücklich. Wenn nicht, kann uns keiner was vorwerfen.“

Erstes Pflichtspiel gewonnen

Vor dem Liga-Start gegen Würzburg hat Bonn das erste Pflichtspiel der Saison schon gewonnen. In der ersten Runde des BBL-Pokals setzten sich die Bonner trotz anfänglicher Probleme am Montag gegen den Bundesliga-Absteiger BG Göttingen mit 91:84 durch und zogen in die zweite Runde ein.

„Wir haben den Ausfall unserer drei verletzten Spieler (Bähre/Knieprellung), Cooks (Bänderverletzung) und Jordan Harris (Rückenprobleme)/Anm.d.Red.) gut kompensiert. Das waren zwei unterschiedliche Halbzeiten von uns“, sagte Milovic. „Was uns sehr freut – und was sich schon in der Vorbereitung gezeigt hat – ist, dass die Mannschaft defensiv nie aufgibt. Sie glaubt weiter daran, zieht sich nicht zurück, sondern macht weiter.“

Milovic sieht angesichts des Umbruchs aber auch noch viel Luft nach oben. „Wir müssen uns gegenseitig noch besser kennenlernen, wir sind immer noch ein bisschen schüchtern. Die Führungspositionen wie Kessens oder Bähre und nun auch Birts helfen den anderen, aber die anderen müssen jetzt noch in dieses Kollektiv reinkommen.“

Unsere Quellen:

  • WDR-Gespräch mit Baskets-Sportdirektor Savo Milovic

Westdeutscher Rundfunk